Bottrop. Bottrop ist fast pleite. Über Pflichtaufgaben hinaus geht nichts. Worauf die SPD als stärkste Kraft im Rat wert legt und wo die Bürger mitreden.

Mit einem so großen Minus im Etat hatte die aktuelle Fraktionsspitze der SPD es während ihrer gesamten Mitarbeit im Stadtrat noch nie zu tun, und Fraktionsvize Thomas Göddertz gehört dem Rat immerhin bald zwei Jahrzehnte lang an. Rund 60 Millionen Euro fehlen der Stadt, wenn sie im kommenden Jahr alle geplanten Ausgaben tätigen würde. Das aber muss die Stadt tun, weil sie das allermeiste Geld zur Erledigung ihrer Pflichtaufgaben braucht; Geld, das ihr von der schwarz-grünen Landesregierung aber nicht ausreichend zugeteilt werde, stellen die SPD-Vertreterinnen und Vertreter fest.

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Retten, was zu retten ist, lautet daher im Grunde die Devise der SPD als stärkster Kraft bei den bevor stehenden Beratungen des Rates über den nächsten Bottroper Haushalt. Bei zu erwartenden Einnahmen von nicht ganz 490 Millionen Euro macht das Minus mehr als zwölf Prozent aus. Ein Privatunternehmen käme in solcher Finanzlage wohl in schwere Turbulenzen. „Bottrop steht nicht allein so da“, hält SPD-Fraktionschef Matthias Buschfeld fest, „jede zweite Stadt in NRW betrifft das auch.“

Sorge um Kitas, Schulen und wichtige Bürgertreffs

Thomas Göddertz hatte das Finanzdesaster kommen sehen. Der Landtagsabgeordnete hatte schon Ende 2022 gemahnt, dass der Stadt die Überschuldung drohe, weil das Land die Kommunen nicht ausreichend finanziere. Den Städten werden auch in den Krisenjahren Aufgaben aufgebürdet, ohne dafür ordentlich bezahlt zu werden, stimmt er das altbekannte Klagelied an. Wäre das aber etwa falsch? Für die Sozialarbeit an den Schulen bezahlt die Stadt kräftig mit. Das soll sie unbedingt auch im kommenden Jahr tun, fordert die SPD.

Auch für Quartierbüros, deren Finanzierung über Fördergelder bald ausläuft, soll die Stadt eigenes Geld ausgeben, damit diese erhalten bleiben, verlangt die SPD. Konkret geht es um das Quartierbüro in der Prosper III-Siedlung und das der Arbeitsgemeinschaft soziale Brennpunkte an der Horster Straße. Große Sorgen macht sich die SPD-Spitze um die Zukunft der nicht-städtischen Kindergärten in Bottrop. Kirchen und Sozialverbände als deren Träger klagen schon länger über eine Unterfinanzierung. „Uns haben sie gesagt, dass das höchstens noch ein Jahr durchzuhalten sei“, sagt Matthias Buschfeld, dann drohen Kita-Schließungen.

Nachdenklich: SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Buschfeld will trotz der Finanzierungskrise, in der die Stadt steckt, wichtige Einrichtungen für junge und ältere Bürgerinnen und Bürger in Bottrop erhalten.
Nachdenklich: SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Buschfeld will trotz der Finanzierungskrise, in der die Stadt steckt, wichtige Einrichtungen für junge und ältere Bürgerinnen und Bürger in Bottrop erhalten. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Kauf der Großimmobilien kommt für SPD nicht in Frage

Trotz der absehbaren Finanzmisere der Stadt müsse die Neuordnung der Innenstadt ein Schwerpunkt der städtischen Anstrengungen bleiben. Eines ist für die SPD dabei aber klar. „Wir können und werden keine der beiden Großimmobilien kaufen“, betont Fraktionsvorsitzender Matthias Buschfeld. Das gebiete schon die pure Vernunft, und es scheint als gehe es der SPD da auch um Moral und Anstand.

Einem Milliarden schweren Finanzfonds, der bei der vermeintlichen Finanzierung des nie erfolgten Hansacenter-Umbaus Höchstzinsen verlangte, nach der Fakt-Pleite nun auch noch Verluste abzukaufen, komme nicht in Frage.

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„Mit Steuergeldern?“, mahnt Thomas Göddertz, und spricht von Schrott, den die Stadt dann doch gekauft hätte oder kaufen würde. So hatten ja auch städtische Fachleute erkannt, dass die Bausubstanz des lange leerstehenden Ex-Einkaufscenters schlecht sei. Auch beim Karstadtbau komme es jetzt wegen der Insolvenz der Inhaberfirma zu weiteren Verzögerungen. „Es zeichnet sich da aber ja eine Lösung in Bottroper Hände ab“, hofft Matthias Buschfeld. Darauf setze auch die SPD. So führt der Bottroper Immobilienunternehmer Oliver Helmke Gespräche mit der Gläubiger-Bank in Österreich.

Ratsleute wollen beim City-Umbau mit Bürgern sprechen

Bei der Modernisierung des Stadtkerns habe die Stadt aber nicht nur wegen der vieles hemmenden großen Ex-Kaufhäusern keine freie Hand. „Es können nur die Ideen, für die es auch Fördergelder gibt, umgesetzt werden“, sagt Matthias Buschfeld. Dabei befürwortet die SPD etwa die Pläne für das Bauknecht-Hochhaus an der Schützenstraße, die angestrebte Heraushaltung des Durchgangsverkehrs auf der Achse durch die Innenstadt vom ZOB bis zum Gleiwitzer Platz, oder auch ein Parkraumsystem, das den Parksuchverkehr in der City verringere, wie Fraktionsvize Daniel van Geister anmerkt.

Bürgerbeteiligung sei der SPD bei der Umwandlung der City wichtig, macht Fraktionschef Buschfeld klar. Über alles, das sie in der Innenstadt anstrebe oder angehe, werde die SPD auch mit den Bürgerinnen und Bürgern in der Stadtmitte diskutieren. „Uns geht es da um Menschen, die eine hohe Motivation haben, daran mitzuwirken. Das können Privatleute oder Händler sein, Experten für Fachfragen oder auch Vertreter von Interessengruppen. Es geht uns um alle, die zu den Innenstadt-Gebieten im Wandel einen Bezug haben“, sagt der SPD-Ratsherr.