Bottrop. Seit sieben Jahren sitzt Peter Stadtmann im Gefängnis, zwölf Jahre dauert seine Haftstrafe. Nun hat er einen Antrag auf Entlassung gestellt.
Gerade erst ist Peter Stadtmann mit einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof gescheitert, nun hat der verurteilte Bottroper Skandal-Apotheker einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung gestellt. Das bestätigt die Essener Staatsanwaltschaft auf Anfrage.
Die XXI. Wirtschaftskammer des Essener Landgerichtes hatte Peter Stadtmann im Juli 2018 zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. In mindestens 14.537 Fällen hatte der frühere Besitzer der Alten Apotheke in der Bottroper Innenstadt Krebsmedikamente gestreckt und damit gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen. Ihm wurde zudem Betrug in 59 Fällen nachgewiesen.
- Lesen Sie hier:Das sagen Betroffene zu dem Antrag des Apothekers
Verurteilter Bottroper Apotheker: Peter Stadtmann seit knapp sieben Jahren in Haft
Haftbefehl gegen Peter Stadtmann war allerdings schon im November erlassen worden, nach einer Durchsuchung seiner Apotheke, angestoßen durch seinen Mitarbeiter Martin Porwoll. Peter Stadtmann sitzt also bereits seit fast sieben Jahren im Gefängnis, die Zeit in Untersuchungshaft wird auf seine Gesamtstrafe angerechnet.
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Schon nach der Hälfte der Verbüßung einer Freiheitsstrafe kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen. Das ist allerdings äußerst selten und unterliegt strengen Kriterien. Aber: Der Insasse kann einen Antrag stellen und Peter Stadtmann hat dies nun getan. „Der Antrag ist der zuständigen Strafvollstreckungskammer vorgelegt worden“, sagt Florian Pawig, stellvertretender Pressesprecher der Essener Staatsanwaltschaft. Eine Entscheidung habe das Gericht aber noch nicht getroffen.
Strenge Voraussetzungen für vorzeitige Haftentlassung
Nach zwei Dritteln der Haftstrafe – im Fall Stadtmann also nach acht Jahren, im November 2024 – würde eine vorzeitige Entlassung von Amtswegen ohnehin geprüft. Kriterien sind, dass eine Freilassung „unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann“.
Dabei berücksichtigt das Gericht laut Paragraf 57 des Strafgesetzbuches folgende Aspekte: „die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind“.
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Bei einer Entlassung schon nach der Hälfte der Freiheitsstrafe muss zudem die Voraussetzung zutreffen, dass „die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass besondere Umstände vorliegen“.
Peter Stadtmann im offenen Vollzug mit regelmäßigem Freigang
„Üblicherweise gibt es eine persönliche Anhörung des Inhaftierten“, sagt Florian Pawig. Das Gericht entscheide individuell, über die Dauer der Prüfung kann der Staatsanwalt seriös keine Auskunft geben. Sollte Peter Stadtmanns Antrag abgelehnt werden, könnte er Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen. Auch die Staatsanwaltschaft könnte eine sofortige Beschwerde gegen eine Bewilligung des Antrags einreichen. In jedem Fall habe Peter Stadtmann bei Ablehnung seines Antrags unbegrenzt die Möglichkeit, einen weiteren zu stellen.
Der Essener Rechtsanwalt Peter Strüwe, der Peter Stadtmann schon im Prozess vor fünf Jahren vertreten hat, will sich zum Antrag seines Mandanten auf Nachfrage nicht äußern.
Im Sommer vergangenen Jahres soll der Skandal-Apotheker in Bottrop gesehen worden sein. Wenngleich die Justizvollzugsanstalt in Bielefeld, wo Stadtmann seine Strafe absitzt, keine Informationen zu individuellen Haftbedingungen veröffentlicht, ist davon auszugehen, dass Stadtmann sich im offenen Vollzug befindet und regelmäßig Freigang hat.
Wenn Peter Stadtmann freikommt, darf er als Apotheker nicht mehr arbeiten: Er hat ein lebenslanges Berufsverbot erhalten und ihm wurde seine Approbation entzogen. Auch gegen diese Entscheidung war Peter Stadtmann vorgegangen, doch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte seinen Antrag auf Rückgabe seiner Approbation abgelehnt. Dieses Urteil ist seit Oktober 2022 rechtskräftig. Damit darf sich der Bottroper nicht mehr Apotheker nennen und nie mehr diesen Beruf ausüben.