Bottrop. Es wird keinen millionenteuren Rathaus-Anbau geben. Der Vorstand der Stadtverwaltung empfiehlt Prioritäten für andere Großprojekte in Bottrop.
Der Traum eines neuen Rathaus-Anbaus bleibt ein Traum. Der Verwaltungsvorstand der Stadt hat die Pläne auf Eis gelegt. Das erklärte er in einer Pressekonferenz am Montagmittag. Der Haupt-, Finanz- und Beschwerdeausschuss des Rates hatte die Verwaltung beauftragt, nach der Sommerpause 2023 eine Handlungsempfehlung zur weiteren Vorgehensweise vorzulegen.
Wenn der Rat also in seiner nächsten Sitzung am Dienstag, 19. September, den Daumen hebt und der Empfehlung folgt, wird auf der Fläche des Saalbaus kein millionenteures Verwaltungsgebäude entstehen.
Die von der Stadt beauftragten Kommunalberater hatten in der Sondersitzung des Finanzausschusses am 15. Juni bereits ein düsteres Bild skizziert. Wie die WAZ damals berichtete, sehen die Kommunalberater vielmehr die Gefahr, dass die Investitionskosten auf circa 157 Millionen Euro steigen könnten – zuzüglich 88 Millionen an Instandhaltungskosten bei einer 30-jährigen Nutzung.
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„Die Verwaltung hat sich mit dem Gutachten beschäftigt“, sagt Stadtkämmerer Jochen Brunnhofer. Infolge der Auswirkungen insbesondere des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben sich aus Sicht der Stadt „erhebliche Veränderungen ergeben“, die für das Bauvorhaben von Bedeutung und zu bewerten sind. Genannt werden: Verschlechterung der Haushaltslage, Baukostensteigerungen, Zinsanstieg.
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In der Vorlage zum nächsten Finanzausschuss am 12. September schreibt die Verwaltung, dass die Stadt „nach den aktuellen rechtlichen Bestimmungen im nächsten Haushaltsjahr 2024 sowie über die mittelfristige Finanzplanung bis zum Jahr 2027 keinen Haushaltsausgleich darstellen“ kann. „Es zeichnet sich ein deutliches Defizit ab.“ Der Kämmerer zum Haushalt: „Die Aussichten sind trübe.“
Vorausgesetzt, dass der Rat der Empfehlung der Verwaltungsspitze folgt, wird Oberbürgermeister Bernd Tischler konkret: „Dann wird die Erweiterung des Rathauses auf dem Gelände des Saalbaus nicht realisiert.“ Eine Erweiterung sei in den nächsten Jahren unter dieser Haushaltslage nicht zu finanzieren. „Wir können nicht mehr Geld ausgeben, als wir haben“, meint Tischler. Laut Vorlage würden sich zusätzlich für die Folgejahre nicht sicher prognostizierbare Baukosten und Zinsänderungsrisiken ergeben.
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Anstatt einer Erweiterung wird ein anderer Plan verfolgt. „Es gilt, Prioritäten zu setzen. Und die sehen wir bei den beiden Feuerwehrwachen sowie bei Schulbau- und Infrastrukturprojekten“, erklärt Tischler.
Andererseits sieht die Verwaltungsspitze weiterhin dringend räumlichen Handlungsbedarf bei drei Verwaltungsstandorten, die außerhalb des unmittelbaren Stadtkerns liegen: Am Eickholtshof 24 (Vermessungs- und Katasteramt), Prosperstraße 71/1 (Jugendamt) und Brakerstraße 74 (Fachbereich Umwelt und Grün). „Für diese etwa 200 Arbeitsplätze müssen wir möglichst schnell Alternativlösungen finden“, meint der Oberbürgermeister. Deshalb werden vier Varianten vorgeschlagen.
Bottrops Stadtspitze empfiehlt vier Varianten für die 200 Arbeitsplätze
Die erste Option wäre die Sanierung der Gebäude an der Prosperstraße und Am Eickholtshof. Alternativ dazu werden Räume für den Fachbereich angemietet. Zweite Option: Neubauten werden neben den Altgebäuden errichtet. In einem der beiden Gebäude könnte der Fachbereich integriert werden. Die dritte Variante sieht einen zentralen Neubau auf einem „möglichst zentral gelegenen stadteigenen Grundstück“ vor. Tischler fügt hinzu: „Möglichst in der Innenstadt.“ Dann wären alle drei Fachbereiche an einem Ort in einem Gebäude. Die vierte Variante für die 200 Arbeitsplätze wäre die Nutzung eines Bestandsgebäudes in der Innenstadt – entweder als Anmietung oder als Eigentümer.
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In einem nächsten Schritt soll laut Tischler ein „Wirtschaftlichkeitsvergleich“ über die vier Varianten vorbereitet werden. „Wir wollen keine Vorabfestlegung der Varianten geben“, betont er. Bei der vierten Variante merkt er an, dass eine Zusammenarbeit nur mit einem Eigentümer einer geeigneten Immobilie erfolgen soll, wenn ein langfristiges Ziel und Konzept verfolgt wird.
Ein kurze Historie zur geplanten Rathaus-Erweiterung in Bottrop
Die aktuelle Empfehlung der Verwaltungsspitze ist nun das nächste Kapitel zum umstrittenen Rathaus-Anbau: Im Januar des vergangenen Jahres wird bekannt, dass das Neubauvorhaben rund 140 Millionen Euro kosten würde. Alleine die hohe Summe löste erste Kritik aus. Als im März dieses Jahres der favorisierte Entwurf der Öffentlichkeit präsentiert wird, gibt es nicht nur Lob. In der Folge wird von Bottroper Bürgerinnen und Bürger das Bürgerbegehren „Neustart Bottrop“ auf den Weg gebracht. Die Erweiterung soll verhindert und nach Alternativen in der Innenstadt gesucht werden.
Die Verwaltung prüft, ob das frühere Hansa-Center oder das Karstadt-Haus als Alternative in Frage kommen. Für den Karstadtkomplex fielen Baukosten von knapp 110 Millionen Euro an. Außerdem würden nur knapp 330 von 500 Arbeitsplätze dort unter kommen. Beim Hansa-Center wären es schätzungsweise Kosten von rund 120 Millionen Euro. Zudem wäre laut Verwaltung ein Großteil der Fläche für städtische Büros nicht brauchbar.
Immer mehr Parteien rückten außerdem in den vergangenen Wochen von einer Rathaus-Erweiterung ab. Die CDU-Fraktionsspitze sprach sich im Juli dagegen aus, zuletzt forderte die SPD als stärkste politische Kraft im Stadtrat eine Neubewertung des kompletten Vorhabens.