Bottrop. Der neue Anbau des Bottroper Rathauses ist das größte Projekt des Jahrzehnts. Es soll wiederverwertbar werden – und 140 Millionen Euro kosten.
Es wird in Bottrop das wohl größte städtische Neubauvorhaben des Jahrzehntes: das zweite Rathaus. Bis zu 140 Millionen Euro wird das Vorzeigeprojekt in Sachen ökologischem Bauen und moderner Verwaltung die Stadt voraussichtlich kosten. Um die 550 Beschäftigte werden in dem Bürokomplex am Droste-Hülshoff-Platz direkt neben dem historischen Rathaus in einigen Jahren arbeiten und täglich Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbringen.
„Wir schaffen einen Raum, der auf Jahrzehnte hinaus attraktiv ist“, sagte Oberbürgermeister Bernd Tischler in einer Videokonferenz. Wichtig sei ihm, dass den neuen Verwaltungssitz allen vorweg die Bürgerinnen und Bürger der Stadt gut nutzen können, machte er klar. Das setze selbstverständlich auch ein attraktives Arbeitsumfeld für die Beschäftigten der Stadt voraus. Die Verwaltung lege in dem Neubau eine Reihe von Dienststellen zusammen. „So schaffen wir kürzere Wege für die Bürgerinnen und Bürger“, sagte Tischler.
Neues Rathaus soll irgendwann wiederverwertbar werden
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Dazu blicken die Stadtspitze und ihre Ressorts weit über Bernd Tischlers jetzige Amtszeit hinaus. So haben sie auch schon mit im Blick, dass der neue Verwaltungssitz auf dem jetzigen Saalbau-Gelände so gebaut wird, dass er irgendwann auch wiederverwertbar abgerissen werden kann. Eine wichtige Entscheidung aber soll im Konzept der Planer zeitnah fallen: Noch in diesem Jahr soll der Bottroper Stadtrat danach den Ideenwettbewerb für den Rathausanbau ausloben.
„Wir machen da keine engen Vorgaben, sondern stecken nur den Rahmen ab“, hofft der Verwaltungschef auf gute Vorschläge der Fachfirmen. Klar ist, dass das zweite Rathaus beispielgebend für nachhaltiges Bauen sein soll. „Wir sind als Innovation City angetreten, um Gebäude im Bestand energie-effizient zu sanieren. Selbstverständlich werden wir da bei Neubauten die Kriterien für umweltfreundliches Bauen anwenden“, versicherte Baudezernent Klaus Müller. Schließlich gebe es im Stadtrat längst Forderungen, dass in Bottrop auch Privathäuser nur noch möglichst nachhaltig gebaut werden dürfen. „Dafür werden wir mit städtischen Gebäuden gern Vorbild sein“, sagte er.
Grüne Dächer und Fassaden sind so selbstverständlich wie Photovoltaik
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Deshalb soll auf dem insgesamt 8500 Quadratmeter großen Baugrundstück auch viel Platz für Grünanlagen bleiben, etwa 7200 Quadratmeter werden überbaut. Müller hebt die Begrünung von Dächern und Fassaden als Beispiel heraus und verweist auf eine optimale Wärmedämmung sowie auf Energie aus Wärmepumpen und in Spitzenverbrauchszeiten per Fernwärme. „Photovoltaik ist selbstverständlich“, betonte er. Eine automatische Fensterbelüftung soll für ein gutes Raumklima sorgen.
In der Tiefgarage über zwei Etagen werden möglichst viele Plätze für Besucher und Bewohner bereit stehen. Das werde auch dadurch sicher gestellt, dass Beschäftigte der Verwaltung weniger Privatfahrzeuge für Dienstfahrten nutzen, sondern vielmehr Dienstwagen, die nach dem Car-Sharing-Prinzip von mehreren Fahrern genutzt werden können. Damit trage die Stadt dem Service-Gedanken für ihre Kunden Rechnung, aber auch der Wirtschaftlichkeit. Stellplätze seien gerade in Tiefgaragen teuer, erklärt der Baudezernent.
Bottroper Eltern können Kinder mal mit ins Rathausbüro nehmen
Nachhaltig bauen
Um ökologisches und soziales Bauen in Wettbewerben der öffentlichen Hand umsetzen zu können, gibt das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Baufirmen und Architekten, aber auch den Städten, die einen solchen Wettbewerb ausloben, die sogenannte „Systematik für Nachhaltigkeitsanforderungen in Planungswettbewerben“ an die Hand.
Dabei geht es vor allem darum, von Beginn an die Anforderungen an den Umweltschutz, an die Wirtschaftlichkeit und an Gesundheit, Behaglichkeit und Komfortansprüche der zukünftigen Nutzer zu berücksichtigen.
Mehr Information gibt es dazu kostenlos hier: www.nachhaltigesbauen.de
Dass die Stadt durch den Neubau auch wirtschaftlich Vorteile erziele, ist für Müller klar. Sie können Kosten für die Sanierung der über die Innenstadt verteilten Verwaltungsgebäude sparen, durch die Konzentration der Dienststellen auch Mietkosten verringern; auch wenn zum Beispiel das Sozialamt und das Jobcenter im Bürokomplex an der Passstraße bleiben werden. Schließlich werden auch Objekte und Grundstücke frei, mit denen die Stadt per Vermarktung Einnahmen erzielen könne.
An der Planung des zweiten Rathauses waren auch die Beschäftigten der Stadt beteiligt. Sie konnten in einer Umfrage ihre eigenen Vorstellungen über die zukünftigen Arbeitsplätze einbringen, berichtete Immobilienchef Peter Sommer. Auch Personalvertreter kamen dabei zu Wort. So wird es zum Beispiel außer einer Fahrradstation auch Umkleiden und Duschen geben, die die Radler unter den Beschäftigten mitnutzen können, sondern auch sogenannte Eltern-Kind-Büros. Schließlich gehöre es zu einem familienfreundlichen Arbeitsplatz dazu, dass Eltern auch einmal ihr Kind zur Arbeit mitbringen können. 2029 soll das neue Rathaus fertig sein.