Gelsenkirchen. Das Zentralbad in Gelsenkirchen ist abgerissen, wann und wo ein Neubau kommt, ist ungewiss. Doch nicht allein deshalb lief dieses Jahr nicht gut.

Generationen von Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern haben im Zentralbad in der Stadtmitte das Schwimmen gelernt, Tag für Tag zogen frühmorgens vor allem ältere Besucherinnen und Besucher ihre Runden, während später am Tag Jüngere von den Türmen sprangen. Das Zentralbad ist bekanntermaßen Geschichte, wurde in diesem Jahr abgerissen. Konkrete Pläne, wo und wann ein neues Bad im Stadtsüden gebaut werden soll, gibt es immer noch nicht. Schließlich hofft die Stadtverwaltung weiterhin – zumindest öffentlich –, dass der neue Campus der Polizeihochschule am Ort des alten Zentralbades und nicht in Herne gebaut wird.

Was wird aus der Fläche, auf der bis zum Sommer 2022 das Zentralbad stand und sehr viel früher auch die Polizeiwache?
Was wird aus der Fläche, auf der bis zum Sommer 2022 das Zentralbad stand und sehr viel früher auch die Polizeiwache? © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Während es in der Causa Zentralbad also weiterhin keine handfesten Neuigkeiten gibt und diejenigen, die sich zumindest einen teilweisen Umzug der Westfälischen Hochschule dorthin wünschen, nicht so recht aus der Deckung kommen, ist eines gewiss: Der Betrieb der Bäder in Gelsenkirchen ist für die Stadtwerke ein dickes Verlustgeschäft. Das ist für sich genommen freilich nichts Neues. Bäder kosten viel Geld, viel mehr, als sie einbringen. Bei der Frage um Erhalt und Betrieb derlei Institutionen geht es deshalb immer vor allem auch um die Frage der Lebenswertigkeit einer Stadt.

Wie steht es um die Bäder in Gelsenkirchen?

Doch wie steht es um die verbliebenen Bäder in Gelsenkirchen? Wie sehen die Besucherzahlen aus, wie hoch sind die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr (vor der Energiekrise)?

Stadtwerkesprecherin Janin Meyer-Simon listet eindeutige Zahlen auf: 2019 waren es noch 590.783 Besucher, 2020 nur noch 206.996 und 2021 sogar nur noch 120.466.

Der Vergleich der Kosten lasse sich pauschal aber nicht ziehen. Zum einen weil die Bäder im Jahr 2021 coronabedingt schließen mussten, zum anderen hätten die Stadtwerke für 2021 Coronahilfen für den Bereich Bäder erhalten.

„Die erhöhten Energiekosten durch die Energiepreiskrise werden erst in 2023 spürbar. Dank der Energiepreisbremse – sofern diese für die Stadtwerke gilt – gehen wir von einem Energiekostenanstieg in den Bädern von 2,6 Millionen Euro aus. Hinzu kommen absehbar erhebliche Tarifanpassungen. Sofern die Energiepreisbremse für die Stadtwerke nicht gelten würde, könnte sich dieser Wert auch auf mehr als fünf Millionen Euro erhöhen“, so Meyer-Simon. Im Geschäftsjahr 2022 geht die Stadtwerke Gelsenkirchen GmbH unterm Strich von einem Defizit zwischen sechs und sieben Millionen Euro aus. „Unter der Annahme der Energiepreisbremse rechnen wir 2023 mit einem Defizit von rund zehn Millionen Euro“, so Meyer-Simon.

Auch die Besucherzahlen ließen sich wegen der pandemischen Situation in den vergangenen Jahren nicht so gut wie mit der in diesem Jahr vergleichen. Fakt sei aber, dass die Stadtwerke bereits seit Jahren „einen rückläufigen Trend beim Schwimmen erkennen“, heißt es. Fakt sei, dass in diesem Jahr die ursprünglich geplante Besucherzahl in den Gelsenkirchener Bädern (ohne Sportparadies) um fast 30 Prozent unterlaufen wurde.

Was die Gründe für den Besucherrückgang sein könnten

Als mögliche Gründe zählt die Stadtwerkesprecherin ein „verändertes Freizeitverhalten, den demografischen Wandel, die Kosten bzw. Inflation, die aktuellen Wassertemperaturen, mangelnde Attraktivität und ein eingeschränktes Sicherheitsempfinden“ auf. Dass es vor allem im Sommer in den Freibädern – so auch im Sportparadies – immer mal wieder zu Schlägereien und Bedrohungen kommt, darüber berichtete auch die WAZ Gelsenkirchen mehrfach.

Unterm Strich keine guten Nachrichten für die Stadt und ihre Stadtwerke, die es obendrein auch weiterhin nicht von der Traglufthalle gibt, die für das Schulschwimmen in Gelsenkirchen so wichtig ist. Wie berichtet, hatten Unbekannte, kaum, dass das Konstrukt endlich stand, Löcher hineingeschnitten und die Traglufthalle über dem Außenbecken des Erler Beckens zum Erliegen gebracht. Die Löcher konnten geflickt werden, doch obwohl der sinnlose Vandalismusakt vom 25. Oktober datiert, ist das Becken weiterhin nicht freigegeben.

Einnahmen und Kosten

Während die Verluste bei den Bädern für die Stadtwerke durchaus ins Kontor schlagen, refinanziere sich der Zoom größtenteils selbst. Denn während die vergleichsweise günstigen Bäder-Eintrittskarten nur einen überschaubaren Effekt auf die Kosten-Einnahmen-Rechnung haben, ist das beim Zoo ganz anders.

Grund ist der deutlich teurere Eintritt in den Tierpark, entsprechend stärkere Auswirkungen haben geringere Besucherzahlen – etwa infolge der Pandemie – auf die Zoo-Bilanz.

„Bisher konnte keine endgültige Abnahme erfolgen, um die Inbetriebnahme der Traglufthalle zu gewährleisten. Im Moment besteht ein Problem mit dem Hallendruck. Dieser muss auch bei kräftigem Wind die Standsicherheit der Halle gewährleisten. Hierzu führt der Betrieb noch Messungen durch. In den nächsten Wochen stehen weitere Termine mit Sachverständigen zu diesem Thema an“, erklärt Janin Meyer-Simon auf WAZ-Nachfrage.

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Wann an Ort und Stelle dann tatsächlich Schülerinnen und Schüler Schwimmunterricht erhalten, ist also ungewiss. Das hatte man sich sicher ganz anders vorgestellt, als man das Zentralbad abriss. Wegen baulicher Probleme hatte sich der Aufbau der Traglufthalle an der Adenauerallee ohnehin schon verzögert.

Währenddessen riefen die Gelsenkirchener Stadtwerke vor einem Monat dazu auf, dem Badbetreiber mögliche Standorte für ein neues Zentralbad im Stadtsüden zu nennen. In einem sogenannten Markterkundungsverfahren baten und bitten die Stadtwerke Grundstückseigentümer und Investoren um entsprechende Flächenangebote, die in Summe (Bad, Parkplatzfläche usw.) mindestens 5700 Quadratmeter groß sind, von allen Schulen im Stadtsüden innerhalb von zehn Fahr-Minuten erreicht werden können, gut an den ÖPNV angeschlossen sind und ausreichend Platz zum Vorfahren von Schulbussen bieten.

Und welche Flächen wurden den Stadtwerken bisher nun angeboten?

Janin Meyer-Simon: „Zum jetzigen Zeitpunkt liegt noch kein konkretes Angebot vor. Das Markterkundungsverfahren läuft noch bis zum 10. Januar 2023. Bis dahin bleiben eingehende Angebote ungeöffnet.“