Bottrop-Kirchhellen. Für Bärbel und Dieter Werner war das Klosterstübchen eine Herzensangelegenheit. Am 17. Dezember ist Schluss – nach 13 Jahren. Wie es weitergeht.

Kirchhellen – Kneipenland: Das ist fast solange her wie die Zeiten, als der Ort noch ein schnuckeliges Fachwerkdorf war und die Zahl der Wirtshäuser ungleich größer war als die der Kirchen und Kapellen. Heute beträgt das Verhältnis 4 : 1. Auf die Pfarrkirche St. Johannes, die Krankenhauskapelle, die Kapelle des Jugendklosters und die Pauluskirche der Protestanten im ur-katholischen südlichen Münsterland kommt genau noch eine klassische Kneipe - das Klosterstübchen. Für die Namensgebung braucht es keinen detektivischen Spürsinn - das Kloster der Redemptoristen liegt direkt gegenüber. Und allen Unkenrufen zum Trotz scheint die Kirche in Kirchhellen doch noch den längeren Atem zu haben.

Auch interessant

Aber das Klosterstübchen trotzt dem Trend – und bleibt. Auch über den 17. Dezember hinaus. Der Samstag dürfte vielleicht nicht als der feuchteste, dafür aber als einer der tränenreichsten in die Geschichte der Hauptstraße 85 eingehen. Für Bärbel und Dieter Werner ist dann nämlich Schluss. Nach 13 Jahren verabschieden sich die Kirchhellener in den Ruhestand.

So richtig glauben möchte man das nicht, zumal die beiden direkt gegenüber wohnen bleiben. „Doch, das haben wir wirklich vor und gut überlegt“, sagt Bärbel Werner. Und sie werden nicht täglich auf der Matte stehen und schauen, ob Nachfolgerin Zlatka Furman alles richtig macht. Allerdings: „Wenn mal Not am Mann sein sollte, also bei Zlatka und ihrem Mann Holger Pastrik, dann würden wir schon mit anpacken...“, sagt Dieter Werner. Anpacken kann der gelernte Betriebsschlosser, der irgendwann einmal ganz ins Klosterstübchen wechselte, das seine Frau vor 13 Jahren übernommen hat.

An der Hauptstraße gab es früher unzählige Kneipen. Heute ist Kirchhellens Klosterstübchen die letzte echte Pinte im Dorf. Am 17. Dezember hören die Wirtsleute Bärbel und Dieter Werner auf - das Klosterstübchen aber bleibt.
An der Hauptstraße gab es früher unzählige Kneipen. Heute ist Kirchhellens Klosterstübchen die letzte echte Pinte im Dorf. Am 17. Dezember hören die Wirtsleute Bärbel und Dieter Werner auf - das Klosterstübchen aber bleibt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Hinterm Tresen, aber auch in der Küche. „Dieters Schnitzel und die Frikadellen sind ja hier bekannt“, sagt seine Frau. Den Stammgästen müsste man das nicht erklären, die wissen ja, warum sie immer wieder kommen. Das sind die Knobel-Gäste: „Gucken Sie mal hier“, sagt Dieter Werner und zeigt auf eine ganzes Arsenal von Knobelbechern hinterm Tresen. Wo gibt es das noch?

Stammgäste sind aber auch die Jungs vom VfB Kirchhellen. „Mein Verein“, sagt der Wirt, der bald keiner mehr ist, stolz. „Wenn sie mich demnächst suchen finden sie mich auf dem Platz an der Loewenfeldstraße.“ Die Werners erzählen, nicht nur von Vereinstreffen, Schützen- und Brezelfesten. Auch von früheren Fußball-Weltmeisterschaften, während denen das Klosterstübchen aus allen Nähten platzte. Nein, dieses Mal in Katar, das sei das nicht so der Knaller. Jetzt, wo Deutschland raus ist, schon gar nicht.

Kirchhellener Wirtin: „Man muss seine Gäste gern haben“

Aber um im Dorf die Kneipe am Laufen zu halten, braucht man keine internationalen Turniere, die teuren TV-Bezahlsender schon gar nicht, weiß Bärbel Werner. „Man muss da sein, die Gäste gern haben, ein reelles Angebot machen, einfach Gastgeber sein: Das haben wir immer versucht rüberzubringen“, so die Wirtin. Dabei haben Werners immer auf ihr Team gesetzt, also die Dreieinigkeit des Klosterstübchens: das Wirtsehepaar und Zlatka Furman. Die Nachfolgerin sei regelmäßig dort eingekehrt, habe später ausgeholfen und dann fest eingestiegen. So ähnlich ist auch Bärbel Werner ans Klosterstübchen gekommen. Davor hat sie lange bei einer anderen Institution in Alt-Bottrop gearbeitet. Bei Ulla Triantafillou im Berliner-Platz-Grill. „Das war wie eine Familie, eine ganz tolle Zeit“, erinnert sich Bärbel Werner. Bis heute habe sie guten Kontakt zu Ulla, deren Tochter inzwischen den Betrieb gegenüber des ZOB übernommen hat.

Bisherige Folgen der gemeinsamen Serie von WAZ und Bottcast:

Dann hat es die heute 64-Jährige aber wieder ins Heimatdorf gezogen, wo sie und ihr Mann aufgewachsen sind, wo sie gerne leben und vernetzt sind. Bei Dieter Werner klingt das so, als gerade die Tochter mit Enkelin und Hund hereinspaziert: „Hier ist mein Dorf, meine Familie, mein Verein: Ich verpasse kein Heimspiel des VfB“, so der künftige Neu-Rentner. Er zeigt auf die Foto und Wimpelgalerie im hinteren Teil der Gaststube.

Die Idee von „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“

Die Idee von „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“: die Wirtsleute vorzustellen (WAZ), aber auch Stammgäste, alte und jüngere Botttroperinnen und Bottroper zu Wort kommen zu lassen (Bottcast).

Dabei soll es nicht nur um „Dönekes“, sondern vielleicht auch um Bottroper (Kneipen-)Geschichte, Atmosphäre und einfach das Leben in der Stadt gehen, die für viele schon lange, für andere möglicherweise auch erst seit kurzem Heimat ist.

Aber jetzt stehen erst noch einige Weihnachtsfeiern mit zahlreichen Stammgästen an. Und am 17. Dezember? „Dann müssen alle kommen, wir machen die Fässer leer, trinken, was weg muss und wollen uns verabschieden - bis zum 13. Januar, dann machen Zlatka und Holger das Klosterstübchen ja wieder auf.“ Natürlich sind die Werners dann mit von der Partie - aber vorm Tresen, nicht mehr hinterm Tresen.

Was die Stammgäste im Klosterstübchen zu erzählen haben, gibt es bei der aktuellen Folge von „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“ mit Piet und Alex vom Bottcast auf den üblichen Kanälen: der-bottcast.de. Zu hören ab Sonntag.