Bottrop. Das Fuhlenbrocker Traditionsgasthaus befindet sich komplett in Frauenhand. Seit 2011 ist Irena Kus nicht nur Küchenchefin sondern auch Inhaberin.

„Manchmal brauchst du einfach einen Anstoß, um den Sprung ins kalte Wasser zu wagen“, sagt Irena Kus und stößt mit Gertrudis Eisenbrandt und einem frisch gezapften Köpi an. Und dann fangen beide Frauen an und erzählen. Sie kennen sich gefühlt „ewig“. Natürlich aus der Gastronomie. Der Fuhlenbrock war und ist bis heute ihr Revier. Gosmann, Birkeneck waren ihre Stationen und nun seit vielen Jahren schon „Zum Keglereck“ an der Wilhelm-Busch-Straße.

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„Hätte Gertrudis mir 2010, als das Lokal den Besitzer wechselte, nicht gut zugeredet, hätte ich den Schritt vielleicht nicht gewagt“, erzählt Irena Kus. Damals steht im Keglereck ein Neustart an. „Mach es, ich helfe dir, das hab ich Irena damals gesagt“, erinnert sich Gertrudis Eisenbrandt an die Entscheidungsphase. Damals ist sie selbst schon Mitte 70, aber immer noch mit Leib und Seele im Service tätig. „Vielleicht bin ich heute mit 85 die älteste noch aktive Kellnerin in Bottrop“, sagt die resolute Dame, die wie eine fitte Siebzigerin - Anfang 70, versteht sich! - mit dem Tablett jongliert.

Eher unscheinbar im Bottroper Wohngebiet gelegen

Mit 15 hat sie in einem Café gelernt und ist seither mit wechselnden Stationen der Gastronomie treu geblieben. Gut erinnert sie sich an Feiern oder Empfänge bei früheren Althoff-, später Karstadt-Bossen, für die sie als Servicekraft engagiert wird. Aber die eingesessenen Gasthäuser vor allem im Fuhlenbrock sind ihr eigentliches Terrain, sowie eben das Keglereck.

Ausnahmsweise mal nicht in der Küche sondern hinterm Tresen: Irena Kus, Inhaberin und Küchenchefin im Fuhlenbrocker Keglereck.
Ausnahmsweise mal nicht in der Küche sondern hinterm Tresen: Irena Kus, Inhaberin und Küchenchefin im Fuhlenbrocker Keglereck. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Von außen eher unscheinbar, mitten im Wohngebiet. Die Gäste, wenn sie nicht in der weiteren Nachbarschaft zu Hause sind, kommen gezielt. Und heute nicht mehr unbedingt wegen der Kegelbahn im Keller (obwohl die gerade bei Jüngeren so etwas wie eine kleine Renaissance erlebt), sondern wegen des Essens. Seither hat das Keglereck auch seine Kneipenatmosphäre abgelegt. Die dunklen Holzwände- und Decken gibt es bei Irena Kus nicht mehr.

Die Serie „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“ bisher:

Die Dom-Schänke

Die Alten Stuben

Das König-Eck

Alles wirkt hell, freundlich. Im hinteren Gastraum dominieren Stofftischdecken, vorne immerhin noch helle Stoffläufer, Servietten sind aufgestellt, frische Blumen auf den Tischen. „Doch, das muss sein“, sagt die Wirtin, die bis heute selbst in der Küche steht. Hinter den Kulissen wird sie aber noch von einer Nichte unterstützt. Sieben Aushilfen gibt es. Und seit vor kurzem Aushilfskellner Jürgen, auch so ein Fuhlenbrocker Urgestein, gestorben ist, ist das Keglereck komplett in Frauenhand.

Vorm Tresen im Keglereck: Stammgästin Gabi Kompf mit Piet Metzen (Mitte) und Fabian Skowronek vom Bottcast nach der Aufnahme für die Gemeinschaftsserie „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“.
Vorm Tresen im Keglereck: Stammgästin Gabi Kompf mit Piet Metzen (Mitte) und Fabian Skowronek vom Bottcast nach der Aufnahme für die Gemeinschaftsserie „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“. © Unbekannt | DA

Selbst am frühen Dienstagabend füllt sich das Lokal langsam. einige Stammgäste sitzen auch am Tresen. Denn: „Komplet umkrempeln wollte ich das Keglereck ja nicht, Tresen, Hocker, Vitrine gehören einfach dazu“, sagt Irena Kus. Kurz nachdem sie in der Küche verschwunden ist, erklingt das charakteristische Klopfen. „Schnitzel“, lacht Gertrudis Eisenbrandt. „Alles immer frisch, vom Gemüse, den Soßen bis zu den selbst gemachten Kroketten, wo gibt es die heute noch?“ Später der Blick auf den Beilagensalat: Überraschung! Von Mais, Kidney-Bohnen oder Kraut keine Spur. Dafür verschiedene Blattsalate, etwas Möhre, klein geschnittene Tomate, leichtes, etwas zitroniges Dressing. „Ich sag ja, hier gibts nix aus Dose, Glas oder Tüte“, lacht Irena Kus, als sie wieder aus der Küche hervorspaziert. Und dabei ist sie von der Ausbildung her Chemietechnikerin. „Aber das ist ewig her“, lacht die gebürtige Beuthenerin.

Und Kegeln im Keglereck? Doch, klar, die Bahn unten ist immer noch gut gebucht. „Inzwischen sogar bei wieder bei Jüngeren“, sagt Irena Kus. An glorreiche Kegler-Zeiten kann sich Stammgästin Gabi Kompf erinnern. Zum Gespräch mit Piet und Fabian vom Bottcast hat sie sogar einen Zeitungsausschnitt von 1996 mitgebracht. Damals feierte ihr Club, die „Powenz-Bande“ im Keglereck bereits Silberjubiläum. Und natürlich hält sie bis heute „ihrem“ Keglereck die Treue.

Und hier gehts zur aktuellen Folge von „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“ von WAZ und Bottcast: der-bottcast.de. Zu hören ab Sonntag.