Bottrop. WAZ und Bottcast ziehen durch Bottroper Kneipen. Die Tageszeitung stellt Wirtinnen und Wirte vor. Im Bottcast kommt die Stammkundschaft zu Wort.
Wo man die Kirche im Dorf lässt, ist meist auch die Kneipe nicht weit. Nur dass sich die Gotteshäuser oft als langlebiger erwiesen haben. In Bottrop gibt es noch die Symbiose aus Heiligem und Profanem, auch wenn von den einst zahlreichen Wirtshäusern und Kneipen rund um den Kirchplatz nur noch eine geblieben ist. Direkt hinter der Cyriakuskirche, in der alten Dorf- und heutigen Stadtmitte, gibt es sie: die Dom-Schänke.
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Und hinterm Tresen steht – inzwischen seit 18 Jahren – Irini Hubert. Vor 50 Jahren in Bottrop geboren, hier aufgewachsen, in St. Cyriakus getauft, dort zur Erstkommunion gegangen, gefirmt, kurz: der klassische Werdegang in der damals noch zu weit über 70 Prozent katholischen Stadt.
Vorm Tresen – Hinterm Tresen: Gemeinsame Serie von WAZ und Bottcast
Auch den Frühschoppen gibt es dort noch. Bierchen, nicht nur sonntags ab 10 Uhr. Einst kaum wegzudenken von der Sonntagsroutine, zählt die Dom-Schänke mit ihrer „Frühöffnung“ heute zu den Dinosauriern, die diese Tradition noch pflegen. „Bei geöffneten Türen weht manchmal sogar Orgelklang und Gemeindegesang herüber“, sagt Irini Hubert.
Und diese Kombination aus historischer Lage plus Wirtin mit Herz – von denen gibt es zum Glück in Bottrop noch einige! – war für die WAZ-Lokalredaktion und die Jungs vom Bottcast auch der Grund, die gemeinsame Serie „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“ in der Dom-Schänke beginnen zu lassen.
Die Dom-Schänke – für Irini Hubert eine Herzensangelegenheit
Denn die Dom-Schänke ist für Irini Hubert nicht nur im übertragenen Sinne eine Herzensangelegenheit. Kurz nachdem sie 2003 die Gaststätte übernommen hatte, lernt sie dort auch ihren Mann Berni kennen.
„Der gehörte eigentlich zu den unbeliebten Besuchern, nämlich zu denen, die beim Stadtfest hier nur die Toilette benutzen wollen“, erzählt die Wirtin, während sie ihren Mann verschmitzt anschaut. „Ich kam dann gleich nochmal mit einigen Kumpeln hier vorbei“, bestätigt Berni Hubert. „Und nach 14 Tagen auf einmal alleine – und es hat gefunkt, seitdem sind wir verheiratet“, beendet die eigentlich resolut auftretenden Inhaberin die zarte Geschichte.
Wirtin als Traumjob? „Früher konnte ich mir das gar nicht vorstellen, das war absolut nicht mein Fall.“ Bis ein Bekannter sie fragt, ob sie Lust hätte, im Kleingarten in der Vereinsgaststätte mal auszuhelfen. Das liegt 25 Jahre zurück.
Drei Jahre Vereinsheim Overbeckshof, denn noch einmal so lange in der Beckheide. „Das ist schon eine größere Nummer, mit Zapfen am Tresen, vielen Gästen von außen, als ich richtig drin war, hat mir das so viel Spaß gemacht und dann lässt es einen nicht mehr los“, erzählt Irini Hubert. Und dann kam die Anfrage vom Verpächter der Dom-Schänke ...
Auch die Stammgäste haben über die Corona-Zeit hinweg geholfen
Ganz früher war das mal ein Hotel garni, dann lange Kneipe mit Restaurant. Als Irini Hubert den Laden übernimmt, muss sie „erstmal richtig durchlüften“, wie sie sagt. Denn sie weiß von Anfang an, was sie dort haben will: eine gemütliche Kneipe, in die Fremde wie Stammgäste gerne kommen, mit netter Atmosphäre. „Und dafür musste damals erstmal der Grasgeruch raus“, beschreibt sie die Dom-Schänken-Atmosphäre zur Übernahmezeit. Damals ist wahrscheinlich der Name das Einzige, was irgendwie solide rüberkommt.
Heute tummeln sich dort viele Stammgäste, dazu Mitglieder von zwei Dart-Vereinen oder Freunde des Pool-Billards. „An manchen Tagen habe ich das Gefühl, es ist wie eine Familie“, sagt die Wirtin. Besonders während des Lockdowns habe sie das gespürt, als ihr Mann schwer krank wurde und die Gäste trotz Zwangsschließung sich immer wieder erkundigt haben. „Das war für uns das einzig Positive an dieser Coronazeit“, sind sich die Eheleute einig. Aber das mit dem offenen Ohr beruhe auf Gegenseitigkeit. „Manche schütten auch bei uns ihr Herz, ihre Sorgen aus und das ist so sicher wie drüben“, sagt Irini Hubert und deutet auf St. Cyriakus. „Wer dort nicht beichtet, kommt eben zu uns.“
Warme Küche gibt es nicht, nur Kneipen-Snacks und frische Metzgerfrikadellen. Wenn die Huberts auswärts essen, dann am liebsten im Steak-Haus Drago oder griechisch, im Pikilia, beide auf der Gladbecker Straße. Ab 27. September ist die erste Folge der neuen Gemeinschaftsserie online. Und hier geht’s zum Bottcast: www.der-bottcast.de
Die Idee von „Vorm Tresen – Hinterm Tresen“
Die Idee von „Vorm Tresen - Hinterm Tresen“: die Wirtsleute vorzustellen (WAZ), aber auch Stammgäste, alte und jüngere Botttroperinnen und Bottroper zu Wort kommen zu lassen (Bottcast).
Dabei soll es nicht nur um „Dönekes“, sondern vielleicht auch um Bottroper (Kneipen-)Geschichte, Atmosphäre und einfach das Leben in der Stadt gehen, die für viele schon lange, für andere möglicherweise auch erst seit kurzem Heimat ist.