Bottrop. Die Renaturierung der Boye ist in Bottrop fast abgeschlossen. Dennoch wird in der Boy noch mal eine Großbaustelle entstehen. Das ist der Grund.

Mit der Renaturierung der Boye auf Bottroper Gebiet ist die Emschergenossenschaft eigentlich weitgehend durch. Mitte 2023 soll die Sanierungsmaßnahme abgeschlossen sein. Ungefähr zur gleichen Zeit wird der Abwasserverband aber in der Boy nochmals eine Großbaustelle aufmachen. Der Stauraumkanal wird zur Bio-Kläranlage.

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Der Oberlauf der Boye in der Kirchheller Heide ist von Schmutzwasser verschont geblieben. Deshalb hat dort die Emschergroppe überlebt und wurde in den renaturierten Gewässer des Emschersystems wieder heimisch gemacht. Der Rest des 7,6 Kilometer langen Flusses ist seit 2017 abwasserfrei und wurde Zug um Zug von den Betonsohlen der ehemaligen „Köttelbecke“ befreit und wie an der Straße „Im Gewerbepark“ durch ein neues, breites Bett geschickt.

Schon im Zuge der Renaturierung hat die Emschergenossenschaft dort einen großen Stauraumkanal zur Regenwasserbehandlung gebaut. Dort entsteht nun ein „Retentionsbodenfilter für die zusätzliche Behandlung des entlasteten nicht klärpflichtigen Wassers vor der Einleitung in die Boye“, sagt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. Für die Nicht-Wasserbauingenieure folgt hier eine vereinfachte Erklärung.

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Die Regenüberlaufbecken von früher, die allein dem Schutz vor Überflutung bei Starkregen dienten, nutzt die Emschergenossenschaft meist als Regenwasserbehandlungsanlage. Das verschmutzte Regenwasser wird im Stauraumkanal erst mal gestoppt und beruhigt. Dann macht die Schwerkraft ihre Arbeit und sorgt dafür, dass sich die Schmutzteilchen unten absetzen. Wenn sich oben im Kanal genügend gesäubertes Waser gesammelt hat, schwappt es über den Rand wieder zurück ins Gewässer. Des Schmutzwasser unten läuft gedrosselt in den Abwasserkanal und in die Kläranlage.

Etwas hat überlebt: Im Kirchhellener Oberlauf der Boye  wurde die Emschergroppe entdeckt. Inzwischen wurden auch renaturierte Bäche und Flüsse mit ihr besiedelt.
Etwas hat überlebt: Im Kirchhellener Oberlauf der Boye wurde die Emschergroppe entdeckt. Inzwischen wurden auch renaturierte Bäche und Flüsse mit ihr besiedelt. © EGLV | Gunnar Jacobs

Jeder Tropfen Regenwasser in der Kläranlage ist zu viel

Aber eigentlich, sagt die Emschergenossenschaft immer wieder, ist jeder Tropfen Regenwasser zu wertvoll (und zu teuer!) für die Kläranlage. Deshalb baut sie direkt an der Boye den Bodenfilter, der zweite im ganzen Emschesystem überhaupt, an dem überhaupt kein Regenwasser mehr zu Abwasser werden soll.

Und das geht so, sagt Abawi: „Das ankommende Wasser soll über eine breitflächig angelegte Passage eines Filterkörpers gereinigt werden. An der Sohle wird es durch Drainage-Rohre gesammelt und anschließend in das Gewässer eingeleitet. Damit wird die Einleitung durch diese „natürliche Kläranlage“ gewässerverträglicher. Das Prinzip wird so auch in der Kläranlage angewendet, kommt aber nicht ganz billig, sagt Abawi: „Die Investitionssumme wird bei zirka 9,5 Millionen Euro liegen, der Bau soll Mitte 2023 beginnen, die Bauarbeiten werden knapp eineinhalb Jahre andauern.“

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Fast eine Million Liter Wasser muss abgepumpt werden

Während dieser Bauzeit wird die Emschergenossenschaft allerdings noch einmal in den Bottroper Grundwasserhaushalt eingreifen müssen, und das massiv: Im schlechtesten Fall wird der Abwasserverband in den 18 Monaten fast eine Million Kubikmeter Wasser abpumpen müssen, damit die Baugrube nicht geflutet wird. Das ist so viel, dass der Gesetzgeber für solche Größenordnungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorschreibt. Und das nicht nur für den Bau: Alle zehn bis 15 Jahre muss noch einmal abgepumpt werden, um das verbrauchte Filtermaterial auszutauschen.

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Das Ergebnis der Prüfung: Ja, der neu gestaltete Liesenfeldbach nebenan wird wohl trockenfallen während der Baumaßnahme. Das passiert aber auch in so trockenen Sommern wie diesen, so dass der Nutzen des neuen Filters weitaus größer ist als der beim Bau angerichtete Schaden. Dieser Einschätzung hat sich der Naturschutzbeirat angeschlossen. Der Vorsitzende Hans-Jürgen Fey befindet: Der Bau bleibe trotz des Eingriffes in den Grundwasserhaushalt „eine sinnvolle Maßnahme“.