Bottrop. Fast 33 Jahre war Bottrops Volkshochschule sein Arbeitsplatz - zuletzt als Direktor. Jetzt verabschiedet sich Uwe Dorow in den Ruhestand.
Uwe Dorow verlässt die Volkshochschule (VHS). Damit geht nach fast 33 Jahren ein VHS-Urgestein in den Ruhestand. Mitte November heißt es für ihn: Letzte Schicht - kurz nach dem 64. Geburtstag. Dass aus den geplanten sechs Jahren der Spitze des VS-Teams am Ende nur drei Jahre wurden, hat gesundheitliche Gründe. Denn eine Einrichtung, deren über 100-jährige Geschichte er aus dem sprichwörtlichen Effeff parat hat, deren sämtliche Fachbereiche er aus eigener Erfahrung kennt und deren Entwicklung er über Jahrzehnte mit geprägt hat, verlässt ein Mann wie Uwe Dorow nicht leichten Herzens.
Corona setzt dem Gestaltungswillen auch eines VHS-Direktors Grenzen
Dass zwei seiner drei Leitungsjahre von Corona geprägt sein sollten, kann er 2019 nicht ahnen. Die Ausweitung in die Stadtteile oder einen echten Bürgerdialog - alles Anliegen des scheidenden Direktors - verhindert die Pandemie, die immer noch nicht ganz ausgestanden ist. Dafür erlebt die Digitalisierung einen großen Sprung nach vorne. Für den Technikaffinen, der sich 1990 nach dem Wechsel aus dem Hochschuldienst von der Uni Essen (Dorow studierte Sozialwissenschaften und Geschichte in Bochum und Essen) ins Kommunale bei Bottrops VHS sofort auf den Ausbau der damals so genannten EDV stürzt und diese Lehrbereiche, die damals unter „Neue Technologien“ firmieren, verstärkt ins Programm nimmt, ist sofort klar: „Dort liegt die Zukunft - auch und gerade für einen Tanker wie die VHS.“ Den Anfang macht er mit der Online-Anmeldung. Und: „Damals hat die VHS eine der ersten Homepages der Stadt überhaupt.“
Auch interessant
Schon damals interessiert ihn die Lehrtätigkeit für Erwachsene eher als das Unterrichten an einer Schule, obwohl er das Staatsexamen für die Sekundarstufe 2 ablegt. Als Uwe Dorow in Bottrop einsteigt, ist die alte Vila an der Böckenhoffstraße noch VHS-Hauptquartier und Dieter Nellen hält das Ruder in der Hand (bis 1996). An die Begrüßung durch Nellen erinnert sich Uwe Dorow bis heute: „Herzlich willkommen in der gelebten DDR!“ Kurz darauf wird ihm klar, was der alten VHS-Chef damit meinte. „Ich hatte in meinem Büro einen Holztisch und einen Holzstuhl ohne Armlehne“, erinnert sich Dorow. Armlehnen stehen damals nur Abteilungsleitern zu. Kurz darauf hat er als Fachbereichsleiter eine solche. „Heute sagt mir die Arbeitsmedizinerin, Armlehnen seien schlecht für die Haltung am Schreibtisch.“ Dorow lacht und zeigt auf die inzwischen abmontierten Teile. „Aber das Mobiliar ist in 30 Jahren schon besser geworden.“
Geblieben ist aber das notorische Raumproblem der VHS. Daran habe sich auch nach dem Umzug aus der Villa zurück ins alte Jungengymnasium - seit Anfang der 90er Jahre Kulturzentrum - nichts geändert. Es gebe rund 50 Teilstandorte über die Stadt verteilt. Die meisten seien Schulen, Orte, an denen die VHS keine Schlüsselgewalt habe, was zuweilen organisatorische Probleme nach sich ziehe. „Vor allem für die Integrationskurse brauchen wir einen Teilstandort, die Schulräume an der Blankenstraße haben eine Teilentlastung gebracht.“ Ein bisschen augenzwinkerndes Schulterklopfen darf auch sein: „Durch den Digitalisierungsdruck während der Pandemie haben wir neben eigener Aufrüstung immerhin auch dafür gesorgt, dass das Berufskolleg als VHS-Standort endlich auch WLAN hat.“
Lesen Sie mehr aus Bottrop:
- Einkaufen: Immer mehr Läden schließen tageweise
- „Heimat shoppen“ abgesagt:IG Marktviertel ist wütend
- Kalte Kirchen: Heizen erst ab fünf Grad
- Festivals: Straßenmusiker wollen Innenstadt beleben
Abgesehen von den Raumnöten bricht Uwe Dorow aber eine Lanze für die VHS-Zentrale im Kulturzentrum. Es sei ein Haus mit großen Synergieeffekten: Die direkte Nachbarschaft unter einem Dach von VHS, Bibliothek, Kulturwerkstatt, der Galerie im neuen B12, dem Filmforum und nicht zuletzt dem Stadtarchiv habe sich immer mehr zu einem Miteinander entwickelt und hätte sicherlich noch mehr gemeinsames Potenzial. Gerde auch mit Blick auf die Erforschung der Stadtgeschichte kann Dorow sich vorstellen, an historischen Projekten mitzuarbeiten, vielleicht auch etwas neu auf die Beine zu stellen.
Gespür für Themen und passende Referenten
Dass er über ein Gespür für Themen - und auch für die passenden Referenten - verfügt, hat er in 30 Jahren als Kopf hinter dem „VHS-Forum im Museum Quadrat“ gezeigt. Namen wie Egon Bahr, Hans-Jochen Vogel, Klaus von Bismarck, Alice Schwarzer, Hellmuth Karasek, Ralph Giordano, aber auch Ignatz Bubis oder Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley und Günter Gaus oder Gregor Gysi sprechen für sich. Auch Alexander Gauland spricht über „Helmuth Kohl - ein Prinzip“ - lange bevor an die AfD überhaupt zu denken war.
Wie Uwe Dorow sein zweites Steckenpferd, die Ornithologie, als künftiger Pensionär vorantreiben kann, steht noch nicht fest. Aber auch da wird der Reiselustige, sobald er wieder richtig fit ist, sicher Ideen haben.