Bottrop-Kirchhellen. Die Initiative „Aufbruch Fahrrad“ hat Bewegung gebracht in die Radwege-Debatte. Bei einer Rundtour will sie eine Zwischenbilanz ziehen.
Die Initiative „Aufbruch Fahrrad“ lädt alle Radler ein zu einer Kirchhellener Rundtour der etwas anderen Art. Am Samstag, 8. Oktober, treffen sich alle Interessierten um 11 Uhr am Brauhaus, um bei einer rund zweistündigen Tour abzufahren, was schon in Bewegung gekommen ist in der Radwegedebatte - und wo noch schmerzlich empfundene Lücken klaffen.
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Das ist die gute Nachricht: Spätestens seitdem die Initiative im Juni 2021 ihr Netz von „Wunschradwegen“ in Bottrop vorgestellt hat, haben fast alle Bottroper Parteien das Thema Radfahren auf der Agenda. Auch wenn die Grünen wie ihr Ratsherr Roger Köllner beklagen, viele Vorschläge seien „Symbolpolitik“ und das Radstraßennetz sei in den Bezirksvertretungen zu „Stückwerk“ zerpflückt worden. „Vieles ist in Bewegung geraten in den vergangenen zwei Jahren“, bilanziert Dirk Schaefer von der Initiative. „Hinter den Kulissen ist schon eine Menge passiert.“
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Zu dieser guten Nachricht gehört auch: Die Verwaltung hat im Frühjahr ein rund 22 Millionen Euro schweres Maßnahmenpaket geschnürt, mit dem die Rad-Infrastruktur in Bottrop nach vorn gebracht werden soll. Dazu gehören neue Radwege, Fahrradstraßen und Abstellanlagen unter anderem am Bahnhof Feldhausen, St. Antonius-Hospital, Schulze-Delitzsch-Straße und an der Haltestelle Brabecker Weg. Und: Für 2023 im Handlungsprogramm des Fachbereichs Tiefbau sind die Verlängerung der Fahrradstraße Burgstraße und eine neue Fahrradstraße Am Schleitkamp/Heimersfeld.
Für viele Rad-Routen fehlen Geld und Planer
Die schlechte Nachricht: Die Umsetzung dieses Paketes wird dauern. Für viele der geplanten Maßnahmen fehlt noch die Finanzierung. Weitere Bremse ist der Personalmangel im Fachbereich Tiefbau. Zur Umsetzung der sieben von der Politik gewünschten neue Radwege formuliert die Verwaltung eine Warnung: „Die Durchführung dieser Maßnahmen in dem genannten Zeitrahmen mit vorhandenem Personal würde dazu führen, dass andere geplante Straßenbaumaßnahmen in entsprechendem Umfang verschoben werden müssten. Dabei ist zu beachten, dass die eingeplanten Straßenbaumaßnahmen auch zur Wiederherstellung der Verkehrsflächen bei Kanalbaumaßnahmen erforderlich sind.“ Klartext: Außer für Kanalbau hat der Fachbereich in absehbarer Zeit wenig Kapazitäten frei.
In einem Fall hat der Fachbereich Tiefbau allerdings einen Vorschlag der ÖDP als Steilpass aufgenommen: die Neuordnung des Radverkehrs am Kirchhellener Ring. Schon nächstes Jahr sollen die beiden Radfahrstreifen auf dem Stück zwischen Allee- und Hauptstraße gebaut werden. Bei der Gelegenheit will der Fachbereich auch die Fahrbahn erneuern und kleinere Umbauten an den Mittelinseln vornehmen. Das mache auch wirtschaftlich Sinn, weil die Fahrbahn am Ring jetzt in ein kritisches Alter gekommen sei, sagt Fachbereichsleiter Heribert Wilken: „Mit einer neuen Fahrbahndecke schützen wir die Unterschicht vor Schäden.“ Diese Maßnahme sei deshalb für 2023 fest eingeplant.
Nächster Halt: Alleenradweg auf der alten Bahntrasse
Dieses Straßenstück am Schulzentrum und am Hallenbad ist eine Station der Rundfahrt am 8. Oktober. Ein zweiter Halt wird am geplanten Alleenradweg Bottrop - Kirchhellen - Dorsten gemacht. Das absolute Wunschprojekt der Initiative, für den sich inzwischen auch die CDU sehr stark gemacht hat. Doch der Fachbereich Tiefbau warnt auch hier vor zu großen Hoffnungen: Noch sei die Trassenführung nicht durchgehend gesichert. Außerdem muss die A 31 überquert werden. „Ein Baubeginn ist frühestens im zweiten Quartal 2025 möglich.“
Weitere Etappe der Tour: die Feldhausener Straße. Seit Jahren beklagen Politiker aller Parteien dort den Zustand des Radweges, „der das Radfahren dort schmerzhaft machen kann“, sagt Thomas Stewering von „Aufbruch Fahrrad“. Zwar soll die für Radler gefährliche Kreuzung Haupt-/Pels-/Feldhausener Straße durch einen Kreisverkehr entschärft werden. Kritisch bleibt aber das schmale Stück bis zum Dahlberg, das sich Radler aus beiden Richtungen mit Fußgängern in beide Richtungen teilen müssen.
Und dann ist da noch Kirchhellens Marterpiste Hackfurthstraße zwischen Dorfheide und Rentforter Straße. Lange ist über die Kosten gestritten worden, jetzt steht der Plan: Nach dem anstehenden Kanalbau soll die Fahrbahn neu sortiert werden. Auf dem westlichen Stück haben mehrere Zusammenschlüsse von Fahrradfahrern im Frühjahr zur Selbsthilfe gegriffen und den Radweg freigeschnitten und -geräumt. Dafür gab es sogar ein Dankschreiben von Oberbürgermeister Bernd Tischler.
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Auf der Agenda für 2023 hat die Initiative die Wiederholung der in Kirchhellen überaus erfolgreichen Radsicherheits-Demo „Kidical Mass“, die Ausweisung weiterer Fahrradstraßen und Flächen für Fahrradständer etwa in der Dorfmitte. Und natürlich werden sie weiter Lücken in Radwegeverbindungen zu schließen versuchen. Zu dieser Liste kann jeder Interessierte am 8. Oktober einen Beitrag hinzufügen.
Fahrradsternfahrt Ruhr
Seit zehn Jahren gibt es die „Fahrradsternfahrt Ruhr“ mit der Radfahrer für klimafreundliche und sichere Fortbewegung werben. Am Sonntag, 18. September, findet sie in Gladbeck statt. Start der Hauptroute ist der Marktplatz Gladbeck-Mitte um 12.30 Uhr, Ziel der Rundtour ist das Fahrradfest auf dem Willy-Brandt-Platz.
Aus Bottrop gibt es drei Zubringer: Um 10.45 Uhr starten Radler am Berliner Platz, um 11 Uhr auf den Johann-Breuker-Platz, um 11.15 Uhr auf dem Hans-Söller-Platz in Grafenwald zur Tour nach Gladbeck.