Kirchhellen. Die Polizei schafft 170 Radlern Vorrang für eine Demofahrt durchs Dorf. Dahinter staut sich der Verkehr. So fordern Radler „Platz da!“

Fahrrad fahren ist kinderleicht – aber auch sicher? Für sichere Radwege für Kinder demonstrierten Fahrradfreunde jeden Alters am Samstag. 170 Teilnehmer drehten zwei Runden rund um den Johann-Breuker-Platz und durch Kirchhellen bei der ersten Bottroper Radlerdemo „Kidical Mass“.

.

Auch interessant

„Mit so vielen Menschen haben wir nicht gerechnet. Es liegt an euch, dass wir heute diese Demo machen können.“ beginnt die Begrüßung von Lutz Laarmann. Mit Hilfe der Initiative „Aufbruch Fahrrad“, der Verkehrswacht Bottrop und des ADFC wird aus einer Idee eine Großdemonstration mit mehr als hundert Teilnehmern – für mehr kinderfreundliche Straßen, auf denen sich besonders die jüngsten Verkehrsteilnehmer sicher fühlen. Die Polizei und das Deutsche Rote Kreuz begleiten die Fahrradprozession und sorgen für Sicherheit und Abstand.

Lesen Sie weitere Berichte zum Thema Radfahren in Bottrop:

„Überraschend, was Kirchhellen auf die Beine stellen kann“

Auch Heinz Brockmann, Vorstand des ADFC, ist über die Vielzahl der Teilnehmer überrascht: „Es ist wirklich überraschend, was Kirchhellen auf die Beine stellen kann.“ Dies ist die erste große Aktion hier im Dorf – und garantiert nicht die letzte in Bottrop, verrät Brockmann: „Wir möchten auch durch Bottrop fahren. Besonders Stadtteile wie Bottrop-Boy oder Welheim sind ganz anders für Fahrradfahrer als hier in Kirchhellen.“

Start der Fahrraddemo vom Johann-Breuker-Platz Richtung Schulstraße.
Start der Fahrraddemo vom Johann-Breuker-Platz Richtung Schulstraße. © Kai Süselbeck

Die Aktion hat noch viel mehr zu bieten: Im Dorfkern auf dem Johann-Breuker-Platz sind zahlreiche Infoständeaufgestellt, mit kleinen Präsenten und Nervennahrung für die Kids. Auch die Verkehrswacht Bottrop zeigt alltägliche und riskante Situationen für Fahrräder, wie unübersichtliche Rechts-vor-Links Kreuzungen.

„Fahrradfahren soll schließlich Spaß machen“

https://www.waz.de/staedte/bottrop/radweg-gahlener-strasse-wird-ende-des-monats-freigegeben-id233249537.htmlWarum sich die Situation fzu Gunsten der Kinder ändern muss, beschreibt Michael Verleger, frisch pensionierter Verkehrssicherheitsberater der Polizei und jetzt Radfahrausbilder der Verkehrswacht Bottrop: „Kinder sind besonders schützenswert und müssen mehr auf die Straße gebracht werden, damit sie nicht abhängig von den Eltern sind, die sie zur Schule fahren. Das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer ist hier das Problem. Fahrradfahren soll schließlich Spaß machen.“

Wie kann man die Situation verbessern? Auch auf die Frage weiß Verleger eine Antwort: „Es wird versucht neun-, und zehnjährigen Kindern Erwachsenenregeln beizubringen – dabei sollen sie soviel wie möglich der komplizierten Regeln behalten. Paragraf eins ist dabei doch das Wichtigste: Gegenseitige Rücksicht.“

Im Mittelpunkt: Forderung nach sicheren Schulwegen

Klar müssen Kinder fit für den Schulweg gemacht werden, aber andersrum auch der Schulweg fit für die Kinder. Die Forderung nach sicheren Radwegen aus dem Neubaugebiet Schultenkamp zur Johannes- und zur Gregorschule sind seit fast zwei Jahren Dauer-Debattenthema in der Bezirksvertretung. CDU wie SPD haben klar gemacht, dass die vorhandenen Fahrradstraße an der Gregorschule sichere Verlängerungen bis in das Neubaugebiet bekommen müssen.

Fortsetzung dringend gewünscht

Nachdem die zwei Runden erfolgreich absolviert werden, strahlen nicht nur die Kinder. Auch die Eltern sind begeistert. Markus Schomberg fährt mit seiner kleinen Tochter mit: „Wir sind ganz zufrieden, an ein paar Stellen mussten wir aber aufpassen, da Autos auf den Radwegen geparkt wurden. Sinn der Sache ist ja, dass man genau auf dieses Verbesserungspotenzial aufmerksam macht. Wir konnten auch zwei Trinkpausen einlegen und man konnte gut mithalten.“„

Machen wir die Aktion nächstes Jahr wieder?“ fragt Lutz Laarmann in die Runde. Unter Applaus verkündet er: „Ja natürlich machen wir das nochmal! Und hoffentlich mindestens einmal im Jahr.“ Nach der positiven Bilanz steht fest – die Aktion soll ausgeweitet werden, um an die Sicherheit der Kinder zu erinnern. Denn genau darum geht es – Platz schaffen für die nächste Generation.

Die Bottroper Initiative „Aufbruch Fahrrad“

Die Initiative Aufbruch Fahrrad Bottrop hat sich nach dem Vorbild der „Volksinitiative Aufbruch Fahrrad“ aus Bottroper Bürgerinnen und Bürgern gebildet, die für eine fahrradfreundlichere Verkehrspolitik in der Stadt Bottrop arbeiten. Zuletzt haben die Mitglieder „Wunschradwege“ ausgearbeitet und einen neuen Vorstoß gemacht, die alte Bahntrasse Oberhausen - Bottrop - Kirchhellen - Dorsten zum „Alleenradweg“ auszubauen.

Bei „Aufbruch Fahrrad Bottrop“ engagieren sich parteilose Fahrradfreunde ebenso wie Partei- und Vereinsmitglieder. Die Mitwirkenden nutzen nicht nur das Fahrrad, sondern auch alle anderen Fortbewegungsmöglichkeiten und bringen somit die gesamte Bandbreite der Mobilität ein.

Die Initiative richtet sich an Radfahrende jeden Alters, die im Alltag oder in der Freizeit das Fahrrad als Fortbewegungsmittel wählen oder vorhaben, auf das Fahrrad umzusteigen. Die Mitglieder treffen sich an jedem letzten Mittwoch eines Monats um 19 Uhr zum Stammtisch im Haus der Vielfalt an der Gerichtsstraße 3.