Bottrop. Experten sehen bei der Ampelschaltung auf Bottrops Nord-Süd-Achse Verbesserungspotenzial für Autofahrer und Fußgänger. Doch es bleiben Probleme.
Tempo 50 auf der Kirchhellener Straße – seitdem das Tempolimit gilt, reißen die Klagen über die Ampelschaltung auf Bottrops Nord-Süd-Achse nicht ab. Autofahrer beschweren sich, dass mit dem Tempolimit die grüne Welle nicht mehr funktioniert, Fußgänger und Radfahrer klagen über lange Rotphasen an Straßenübergängen.
Spezialisierte Verkehrsingenieure von Yunnex-Traffic – der Noch-Siemens-Tochter die unter anderem auf Ampelsteuerungen spezialisiert ist – haben sich nun die Ampelschaltung auf Bottrops Hauptverkehrsachse auf dem Teilstück zwischen Gladbecker Straße und Rolandstraße angeschaut und sehen Verbesserungspotenzial. Der Bau- und Verkehrsausschuss hat sich das angehört und entschieden.
Demnach haben die Verkehrspolitiker des Rates der Verwaltung den Auftrag erteilt, die Ampelschaltung entsprechend den Ergebnissen der Untersuchung zu verbessern. Zuvor hatte Verkehrsingenieur Reimund Gergen das Ergebnis vorgestellt und in einer Simulation den Ist-Zustand und die Verbesserungsmöglichkeiten zu Hauptverkehrszeiten aufgezeigt.
Simulation nimmt Geschwindigkeit von 45 bis 50 Stundenkilometern zu Stoßzeiten an
Deutlich zu sehen war da, dass der Pulk, der stadtauswärts unterwegs war, spätestens an der Kreuzung Am Limberg ausgebremst wurde. Dort fahre man bisher aus der Grünzeit raus, so der Ingenieur. Allerdings lasse sich die Schaltung auf dem rund 3,5 Kilometer langen Teilstück so umprogrammieren, dass es künftig auch anders geht, dass die Autofahrer an dieser Kreuzung nicht länger auf die Rot- sondern stattdessen auf die Grünphase zufahren.
Die Experten gehen dafür in ihrer Simulation von einer Geschwindigkeit zwischen 45 und 50 Stundenkilometern bei hohem Verkehrsaufkommen in der Stoßzeit aus. In diesem Zeitraum liegt die Umlaufzeit der Ampelanlagen bei rund 90 Sekunden. Heißt: Innerhalb dieser anderthalb Minuten hatten alle Fahrtrichtungen einmal grün. Dabei soll es in den Hauptverkehrszeiten auch bleiben. In Zeiten mit weniger Verkehr dauert der Umlauf dagegen nur 60 Sekunden, auch das wird sich nicht ändern.
Fußgängerampel ist ein Knackpunkt bei der Ampelschaltung
Doch mit der neuen Programmierung, das war in der Simulation zu erkennen, fließt der Verkehr tatsächlich flüssiger. Und auch für die Fußgänger ergeben sich Vorteile. Auch das war den Verkehrspolitikern ein Anliegen. So könne mit den Anpassungen verhindert werden, dass Fußgänger lange auf der Mittelinsel warten müssen, so Gergen.
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Doch trotz der Verbesserungsmöglichkeiten bleiben Probleme, die auch die Experten nicht so einfach lösen können. Ein Knackpunkt etwa ist die Fußgängerampel zwischen Feuerwehr und Overbeckstraße. Hier gibt es besonders viele Klagen über zu lange Rotphasen für Fußgänger und Radfahrer. Tatsächlich könne es sein, dass man hier bis zu anderthalb Minuten auf Grün wartet, bestätigt Christoph Overlack, der bei der Stadt Bottrop für die Ampelschaltungen verantwortlich ist.
Nicht alle Ampelanlagen entlang der Hauptverkehrsachse gehören der Stadt Bottrop
Das Problem hier ist aber die Technik. Nur einmal innerhalb von 90 Sekunden kann die Anlage auf Grün schalten. Hat man dieses Zeitfenster zur Anforderung verpasst, muss man entsprechend lange warten. Jetzt könnte man auf die Idee kommen, hier modernere Technik einzubauen. Tatsächlich hat die Stadt in den vergangenen Jahren einige Ampelanlagen entsprechend aufgerüstet.
Nur: In dem Fall liegt die Baulast bei Straßen NRW. Anders ausgedrückt, die Ampel gehört dem Landesbetrieb und der müsste die Technik tauschen. Das tut er aber allenfalls, wenn die Anlage kaputt ist. Und auch dann kann es dauern. Viele Bottroperinnen und Bottroper erinnern sich sicherlich noch an das anderthalb Jahre währende Ampelprovisorium an der Kreuzung Kirchhellener Straße / Am Limberg. So lange hat Straßen NRW gebraucht, um die defekte Ampelanlage zu reparieren.
Feuerwehr kann bei Einsatzfahrten die Ampelschaltung beeinflussen
Zurück zur Overbeckstraße, auch hier gebe es mit der neuen Schaltung Verbesserungen für die Fußgänger, sagt Gerger. Tatsächlich aber wünscht sich der Ausschuss, an der Stelle noch einmal genauer zu prüfen, ob nicht in verkehrsschwächren Zeiten hier noch mehr für Radfahrer und Fußgänger herauszuholen sei. In dem Fall sei man auch bereit, die Unterbrechung der grünen Welle zu riskieren, so der Tenor aus der Sitzung.
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Ein weiterer Knackpunkt ist die Feuerwehr: Bei Einsätzen schaltet die Leitstelle die Ampeln auf Rot, damit die Fahrzeuge ausrücken können. Die Folge können dann lange Wartezeiten sein – für Autofahrer wie für Fußgänger. Denn die Feuerwehr muss die Schaltung manuell zurücknehmen und schaltet immer auch beide Fahrtrichtungen, egal ob sie gen Norden oder gen Süden fährt, erläutert Overlack.
Auch da gebe es moderne Ansatzpunkte, machen die Experten deutlich. Die dringende Bitte des Ausschusses an Baudezernent Klaus Müller, das beim Neubau der Wache zu beachten. Außerdem, so der Wunsch des Gremiums, sollte versucht werden, nach so einer Feuerwehrschaltung zunächst den Fußgängern den Weg freizugeben.
Grundsätzlich würde über diese Achse viel Verkehr abgewickelt, sagt Gergen. Das mache die Ampelschaltung schwierig. Jeder Bottroper kennt die Situation: Staut sich der Verkehr auf einer Autobahn, wälzt sich die Blechlawine quer durch die Stadt von der A 2 zur A 42 oder umgekehrt. Dagegen komme man mit keiner Schaltung an, so der Experte. Doch mit den Modifizierungen seien zu Hauptverkehrszeiten unter normalen Bedingungen Verbesserungen für alle machbar und gerade stadtauswärts verkürze sich die Fahrtzeit deutlich. Wann genau das umgesetzt sein wird, vermochte Christoph Overlack mit Blick auf den Aufwand – zwölf Anlagen müssen umprogrammiert werden – und die Urlaubszeit nicht vorhersagen.
Gesamtstrecke betrachten
Andreas Morisse, SPD Ratsherr für Ebel und Welheimer Mark ging die Untersuchung der Experten nicht weit genug. Er forderte, die gesamte Strecke der L 631 in Bottrop in den Blick zu nehmen, angefangen in Ebel. Die Verkehrsbelastung im Bottroper Süden sei noch wesentlich höher als auf dem anderen Teilstück der Strecke. Daher sollte auch im Süden die Ampelschaltung auf Optimierungsmöglichkeiten überprüft werden, so seine Aussage in der Sitzung.
Vorsitzender Rüdiger Lehr versprach, das im Blick zu halten. Allerdings ist so ein Gutachten mit entsprechenden Empfehlungen ein Kostenfaktor. Auf 20.000 bis 25.000 Euro wurden die Kosten jetzt beziffert. Die Idee, sich das genau anzusehen, kam aus der Verwaltung, genauer vom Fachbereich Tiefbau, der die Verantwortung für die Ampeln trägt.