Bottrop-Kirchhellen. Nachts ist an der Hegestraße nicht an Schlaf zu denken. Lkw rasen durch die Nacht, Motorrad- und Autofahrer geben Vollgas. Was Anwohner fordern.
Zahlreiche Anwohner der Hegestraße in Grafenwald sind sauer und frustriert. Der laute Lkw-Verkehr bringt sie täglich um den nächtlichen Schlaf. Wegen des erhöhten Lautstärkepegels fordern sie einen Lärmschutz. Deshalb haben sie nun eine Unterschriftenaktion umgesetzt.
Mehr als 100 Anwohner hätten das Schreiben unterzeichnet. Schnellstmöglich wollen sie die Unterlagen an Oberbürgermeister Bernd Tischler übergeben. „Wir bitten Sie, etwas gegen den Lärm zu unternehmen“, schreiben sie. Höchstens 50 Kilometer pro Stunde sind auf der Hegestraße erlaubt. Doch aus Sicht der Anwohner würden sich nur die wenigsten Verkehrsteilnehmer daran halten.
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RAG und Tiefbauamt: Hegestraße in Grafenwald hat keine Schäden
Vor allem nachts würden die Lkw rasen. An Nachtruhe sei nicht zu denken. Einen Grund für den lauten Lärm haben die Anwohner für sich längst ausgemacht. Wenn die tonnenschweren Lkw über die Bruchkanten, verursacht durch Bergschäden, fahren, erzeugen sie ein „lautes Krachen“. Schon vor mehr als einem Jahr konfrontierten sie die Ruhrkohle AG mit ihrer Situation. Die RAG teilte jedoch mit, dass auf der Hegestraße „keine Schäden ersichtlich sind“. „Da wir schadensverursachende bergbauliche Bodenbewegungen ausschließen, müssen bei den von Ihnen gemeldeten Schäden bergbaufremde Ursachen vorliegen“, hieß es weiter.
Anschließend befasste sich das Bottroper Tiefbauamt mit dem Anliegen. „Eine aktuelle Prüfung vor Ort durch die städtische Straßenunterhaltung hat ergeben, dass die vorgefundenen Fahrbahnunebenheiten weiterhin im Toleranzbereich liegen und somit auch von städtischer Seite kein weiterer Handlungsbedarf gesehen wird“, lautete im Januar 2021 die Antwort aus dem Fachbereich.
Doch damit wollen sich die Anwohner nicht zufrieden geben. Die Nerven liegen blank. Als „unerträglich“ bezeichnet Norbert Roring die Situation vor seiner Haustür. „Bei dem Lärm fällt man morgens aus dem Bett.“ Anja Putzlocher meint: „Es wird immer schlimmer.“ Richtig laut wird es, wenn die Lkw mit leeren Anhängern über die Straßenwellen donnern. Das geschieht meistens abends und nachts. Dann wackeln bei Anwohnern die Wände. Terrassentüren oder Fenster zur Straße werden bei dem Lärm ohnehin schon nicht mehr aufgemacht.
Konkret im Visier haben die Anwohner die Fahrzeuge von Pilkington und der Reiling Unternehmensgruppe, beide mit ihren Standorten auf Gladbecker Stadtgebiet. Anja Putzlocher erzählt, dass einmal vor ihr auf der Hegestraße ein Lkw von Reiling fuhr und Glassplitter von der Ladefläche verlor, die wiederum auf ihr Auto fielen. Andere Anwohner berichten von ähnlichen Vorfällen. Im schlimmsten Fall, so ihre Befürchtung, landen die Splitter nicht nur auf der Straße, sondern auch auf den Fußwegen. Anwohner Rudolf Keisel sieht darin eine erhöhte Verletzungsgefahr für Hunde, Kinder und Radfahrer.
Anwohner wünschen sich Tempo 30 an der Hegestraße
Darum sind er und seine Mitstreiter dafür, dass die Geschwindigkeit auf der Hegestraße begrenzt wird auf höchstens 30 Kilometer pro Stunde – am besten für Lkw, Autos und Motorradfahrer, aber auf jeden Fall für Lkw. „Für alle Firmen, die hier ansässig sind, dürfte Tempo 30 nicht hinderlich sein. Niemand wird hier ausgebremst. Dann wäre die Geräuschkulisse erheblich geringer.“
Im Brief an den Oberbürgermeister schreiben sie dazu: „Dass eine Geschwindigkeitsreduzierung maßgeblich zur Besserung der Lärmbelästigung hilft, zeigt das geänderte Tempolimit auf der Kirchhellener Straße.“ Dort gilt nicht mehr 70 Stundenkilometer, sondern mittlerweile 50.
Anwohnerin: Motorradfahrer zeigen gefährliche Fahrkünste
Von einer Sache sind die Anwohner zu 100 Prozent überzeugt: So kann es nicht weitergehen. Josef Paß erzählt, dass sich jüngst zwei Motorradfahrer auf der Hegestraße ein Rennen lieferten. „120 Stundenkilometer hatten beide bestimmt drauf“, schätzt er.
Die breit ausgebaute Straße lädt Raser offenbar geradezu ein, aufs Gas zu drücken oder anderen Schabernack am Lenker zu treiben. Ulla Paß hat schon mehrfach werktags und an den Wochenenden beobachtet, wie Motorradfahrer gefährliche „Kunststücke“ vollführen, indem sie das Vorderrad ihrer Maschine hochziehen und nur auf dem Hinterreifen die Straße entlang düsen.