Bottrop. Nach eineinhalb Jahren mit Provisorium ist die Ampel auf dem Kalten Eigen jetzt erneuert worden. Dabei wurde Wichtiges vergessen, sagen Kritiker

Eineinhalb Jahre lang regelte eine Behelfsampel den Verkehr an der Kreuzung Kirchhellener Straße/Am Limberg. Manch Autofahrer und die Bewohner auf dem Eigen mögen schon nicht mehr dran geglaubt haben, aber Donnerstag wurde das Provisorium tatsächlich außer Betrieb genommen und die erneuerte Ampelanlage durch den zuständigen Landesbetrieb Straßen NRW frei gegeben. Doch auch daran gibt es schon Kritik.

Der Ampel-Übergang ist nicht barrierefrei

Die Bottroperin Irmgard Werntges kritisiert: Der Druckschalter für Fußgänger ist auch nach der Erneuerung der Ampel nicht für Sehbehinderte ausgelegt.
Die Bottroperin Irmgard Werntges kritisiert: Der Druckschalter für Fußgänger ist auch nach der Erneuerung der Ampel nicht für Sehbehinderte ausgelegt. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Denn der Übergang ist nicht barrierefrei. Irmgard Werntges ist blind. Sie wohnt am Limberg, für Besorgungen und Arztbesuche muss sie regelmäßig die Kirchhellener Straße überqueren, um in den kleinen Ortskern auf dem Kalten Eigen zu gelangen. „Aber allein kann ich die Ampel nicht nutzen, ich kann die Farben nicht sehen.“ Und anders als etwa an den städtischen Ampeln an der Osterfelder Straße gibt es kein akustisches und kein Vibrationssignal für sehbehinderte Menschen – auch nicht nach der Erneuerung der Anlage.

Dabei sei vor allem Letzteres wichtig, sagt Irmgard Werntges. „Ein akustisches Signal geht hier im Verkehrslärm unter.“ Im Fall des Vibrationssignals ist unterhalb des normalen Drückers ein weiterer Knopf in Form eines Pfeils. Sehbehinderte Menschen können ihn ertasten. Wenn die Ampel auf grün schaltet, vibriert der Pfeil.

Bottroperin sammelt Unterschriften für eine Umrüstung der Ampel

Warum bei einer Erneuerung der Ampelanlage darauf verzichtet wird, kann die 78-Jährige nicht verstehen. „Wenn mein Mann nicht kann, muss ich mir entweder für die kurze Strecke ein Taxi bestellen oder ich muss an der Ampel warten und hoffen, dass jemand kommt und mir hilft.“

Die resolute Bottroperin kämpft deshalb schon seit einiger Zeit für eine entsprechende Umrüstung der Ampel. Nun sammelt sie Unterschriften, um den Landesbetrieb doch noch zum Umdenken zu bewegen. Außerdem hat sie sich an den Oberbürgermeister gewandt mit der Bitte, sie zu unterstützen. Eine Rückmeldung hat sie jedoch noch nicht bekommen.

Nur die Steuerung ausgetauscht und auf LED-Technik umgerüstet

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Auch die DKP unterstützt Irmgard Werntges’ Anliegen. Ihr Vertreter Manfred Plümpe will die Unterschriftenliste am Ende an den Vorsitzenden des Bau- und Verkehrsausschusses überreichen. Außerdem hat die Ratsgruppe einen Brief an Straßen NRW geschrieben. „Es wäre gut, wenn die Stadt Bottrop das Anliegen unterstützt“, sagt er. Möglicherweise könne die Stadt über ihre Verbindungen helfen, um doch einen barrierefreien Umbau zu erreichen.

Doch einfach dürfte das nicht werden. Denn laut Straßen NRW wäre ein barrierefreier Ausbau wesentlich aufwendiger und etwa nicht ohne Tiefbauarbeiten möglich, weil zusätzliche Kabel verlegt werden müssten, sagt Frank Hoffmann, Sachgebietsleiter Betrieb und Verkehr. In dem Fall aber habe man lediglich die Steuerung ausgetauscht und die Anlage auf LED-Technik umgerüstet. Und ursprünglich hätte es ja auch schnell gehen sollen. Die Verzögerung habe sich nur ergeben, weil eine erste Ausschreibung kein Ergebnis gebracht habe. So sei die Bottroper Ampel Teil einer Sammelausschreibung geworden.

Veränderte Grünphasen bei einem barrierefreien Umbau

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Im Prinzip hätte man zu dem Zeitpunkt über eine Umrüstung nachdenken können, sagt Hoffmann. „Aber bei uns gab es diese Anforderung gar nicht, das ist nicht an uns herangetragen worden.“ Zusätzlich hätte die Stadt dann auch ihren Signalplan verändern müssen, denn bei einem barrierefreien Umbau ändern sich auch die Signalzeiten. Sprich: Die einzelnen Grünphasen werden kürzer oder länger.

Eine Hoffnung können zumindest die Autofahrer auf der Kirchhellener Straße nach der Ampelerneuerung haben: dass nämlich die grüne Welle auf der viel befahrenen Nord-Süd-Achse wieder besser läuft. Denn das Ampel-Provisorum war – wie auch die Landessignalanlage an der Kreuzung Nordring – nicht an den zentralen Verkehrsrechner der Stadt angeschlossen, sondern per Funkuhr in die Grüne-Welle-Taktung aufgenommen. Eine Technik, an der es haken kann, wie der städtische Verkehrsingenieur Christoph Overlack bereits Anfang des Jahres gegenüber der WAZ verdeutlicht hatte: „Funkuhren können schon mal ein bisschen aus der Welle rauslaufen.“

Damit umgehen mussten die Verkehrsteilnehmer bereits seit Juli 2018, als die alte Ampelanlage an der großen Kreuzung auf dem kalten Eigen irreparabel ausfiel.

Unterschriftenlisten liegen aus

Irmgard Werntges und ihr Mann Herbert wollen sich weiter auf den Weg machen und Unterschriften für die Umrüstung der Ampel sammeln. Dabei hoffen sie auch auf Eltern, denn die Ampel liegt auf dem Schulweg vieler Kinder, die zur Richard-Wagner-Schule müssen. Unterschriftenlisten lägen auch bei Ärzten und in der Apotheke auf dem Kalten Eigen aus, so Irmgard Werntges.

Die Überquerung der Kirchhellener Straße ist nicht ohne: Auf der Nord-Süd-Achse L631, die in ihrem Verlauf unter anderem Kirchhellener, Friedrich-Ebert- oder Essener Straße heißt, fahren immerhin mehr als 40.000 Autos täglich.