Bottrop. Wer muss künftig für Coronatests drei Euro zahlen, wer hat Anrecht auf kostenlose Tests und wie weist man den nach? Ratlosigkeit vor Ort.
Wer sich ab Juli in einem der Testzentren auf Corona testen lasse möchte, muss einen Eigenanteil von drei Euro zahlen. Gleichzeitig soll es aber für bestimmte Gruppen weiterhin kostenlose Tests geben. Das gilt etwa für Kinder bis fünf Jahren, Frauen zu Beginn einer Schwangerschaft, aber auch für Besucherinnen und Besucher von Kliniken oder Pflegeheimen. Doch wie weisen die nach, dass sie nicht zahlen müssen?
Diese Frage treibt aktuell alle um – Heimbetreiber genauso wie Testzentren. Medco-Geschäftsführer Selim Ates betreibt in Bottrop drei Testzentren. Er geht davon aus, dass diejenigen, die Anspruch auf einen kostenlosen Test haben, sich irgendwie müssen ausweisen können. Wer diesen Nachweis ausstellt? Ates weiß es auch nicht. In wenigen Tagen läuft die derzeit noch gültige Testverordnung, nach der alle Tests kostenlos sind, aus. Eine neue Verordnung gibt es noch nicht.
Bottroper Testzentrumsbetreiber setzt auf bargeldlose Zahlungen
Dabei müssten sich alle Beteiligten eigentlich vorbereiten, warnt Ates. Ihm wäre ein digitaler Nachweis, der schon bei der Anmeldung für den Test gecheckt werden kann, wichtig. Gleichzeitig will er in seinen Testzentren bargeldlose Zahlmöglichkeiten etablieren, mit Bargeld will er gar nicht arbeiten, zu groß sei der Aufwand abends alle Kassen zu schließen, das Bargeld einzusammeln und abzurechnen. „Es gab ja schon eine kurze Periode, da mussten die Menschen für die Tests bezahlen, da haben wir das auch bargeldlos gehandhabt“, verweist er auf Erfahrungen. Doch für konkrete Planungen oder gar Umsetzungen fehlen Informationen.
Eines jedenfalls stellt Ates klar: Er will seine Testzentren auch über den 1. Juli hinaus betreiben. Man wolle sehen, wie sich die Nachfrage entwickelt, wenn die Menschen nun einen Eigenanteil für die Coronatests zahlen müssen. 41 Testzentren gibt es aktuell, verteilt über das gesamte Bottroper Stadtgebiet. Aus Gesprächen mit den Betreibern wisse man auch, dass diese weitestgehend erhalten bleiben, sagt Sozialdezernent und Krisenstabsleiter Jochen Brunnhofer. „Wir wissen bisher nur von einem Zentrum, das schließt.“ Dabei handele es sich um das am Knappschaftskrankenhaus.
Zahl der Tests in den beiden vergangenen Monaten in Bottrop fast konstant
Die Zahl der Tests sei in den letzten beiden Monaten fast konstant geblieben. Im Mai zählte die Stadt 48.866 Test und damit täglich im Schnitt 1576. Für den Juni habe man an 26 Tagen bisher 36.744 Test gezählt, im Tagesschnitt komme man da auch 1413 – also knapp 200 weniger als im Vormonat. Brunnhofer spricht von einer „immer noch relativ hohen Nachfrage“. Bezogen auf das, was bisher von der neuen Testverordnung bekannt ist, da versuche man wohl, sich stärker auf vulnerable Gruppen und deren Schutz zu konzentrieren, vermutet Brunnhofer mit Blick auf die Gruppen, die sich weiter kostenlos testen lassen dürfen.
Doch auch bei der Stadt wartet man noch auf die Verordnung. Zunächst ist der Bund gefordert, danach werden die Bundesvorgaben in Landesverordnungen gegossen. Für Brunnhofer ist auch die Frage, wie man den Anspruch auf einen kostenlosen Test nachweisen kann, einer der Knackpunkte – und nicht nur für ihn. Auch Bürgerinnen und Bürger sorgen sich.
Bottroper fragt sich, wie er nachweist, dass er seine Mutter im Altenheim besucht
Peter Dokut etwa besucht täglich seine Mutter im Pflegeheim am Ostring. Vorher lasse er sich meist in der Stadt testen. Doch auch das Heim bietet an den Werktagen Testmöglichkeiten an zwei Tagen vormittags, an drei Tage nachmittags. Dazu sei man laut aktueller Testverordnung verpflichtet, sagt Heimleiterin Katinka Broumas. Dokut jedoch fragt sich, wie es im kommenden Monat weiter gehen soll. „Muss ich dann zumindest an den Wochenenden immer drei Euro für den verpflichtenden Test zahlen?“
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Eine berechtigte Frage, auch aus Sicht von Katinka Broumas. Aus dem Grund warten auch die Altenheime händeringend auf die neue Verordnung. Zumal die Frage nach der Finanzierung des Testangebots vor Ort offen ist. „Bisher können wir das über den Pflegerettungsschirm abrechnen und einen Dienstleister beauftragen. Doch der Rettungsschirm läuft jetzt auch aus.“ Ob man für die Tests dann Personal aus der Pflege abziehen solle, so ihre nicht ernst gemeinte Frage. Die zeigt jedoch das Dilemma, vor dem auch die Heime stehen.
Soziale Kontakte und Teilhabe ermöglichen und Bewohnern gleichzeitig Schutz bieten
Die Caritas etwa bietet in ihren Heimen in der Stadt bisher gar an allen sieben Tage der Woche Tests an. Das werde man auch über den ersten Juli zunächst beibehalten, sollte die Verordnung weiter auf sich warten lassen, sagt Caritas-Sprecherin Sigrid Hovestadt. Doch auch der Verband warte händeringend auf die neue Verordnung, um sich vorzubereiten. Denn selbstverständlich gehe es auch da um die Frage der Refinanzierung der Testangebote in den drei großen Einrichtungen in Bottrop und Kirchhellen.
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Bei der Frage nach den Tests stünde die Teilhabe der Bewohnerinnen und Bewohner an sozialen Kontakten im Vordergrund, betont Sigrid Hovestadt die Bedeutung dieser Frage. Gleichzeitig gelte es aber auch, die Bewohnerinnen und Bewohner vor Infektionen zu schützen. Vor dem Hintergrund warten eben alle Beteiligten – von Stadt, über Testzentrum und Heimbetreiber bis hin zu den Bürgerinnen und Bürgern – auf die neue Verordnung.