Bottrop. Dieter Kruse macht sich ernsthaft Sorgen um die Zukunft. Nachfolger werden dringend gesucht. Bedürftige aus Gladbeck werden jetzt mitversorgt.
Die Bottroper Tafel trauert um Robert Wernicke. Der Schriftführer ist im Alter von 53 Jahren gestorben. Er hinterlässt eine schmerzliche Lücke. Nicht nur menschlich wird er fehlen. Sein Tod und ein Vorfall in Gladbeck haben nachdenklich gemacht. Der Vorsitzende, Dieter Kruse, befürchtet mehr denn je ein baldiges Aus der Tafel. Und die Sorgen sind nicht unbegründet.
„Wenn ich auch nicht mehr bin, was dann?“, fragt Kruse. Er ist 80. 2001, als die Tafel noch Bottroper Tisch hieß, fing er an. Seit 2012 ist er der Vorsitzende. Robert Wernicke war mit 53 Jahren das jüngste Vorstandsmitglied. Die übrigen Mitglieder sind zwischen 75 und 80.
Lesen Sie auch weitere Berichte aus Bottrop:
- Stadt Bottrop fragt: Wie können Fußwege besser werden?
- Halloween: In diesem Haus wohnt der Horror
- Luftfilter für Schulen und Kitas: Das kann dauern
- Bücherei: Neun Monate Schließung für Sanierung
Auch interessant
„Wir sind alles Leute, die nicht nur im Ruhestand sind, sondern sich den Ruhestand auch irgendwann verdient haben“, meint Kruse. Wenn er oder eine andere Person aus dem Vorstand aus gesundheitlichen Gründen für immer ausfallen oder im schlimmsten Fall sterben würde, prophezeit Kruse das Aus der Bottroper Tafel in nicht einmal einer Woche.
Bottroper Tafel-Chef sucht ehrenamtliche Hilfe
Durch den Tod des Schriftführers ist eine Vakanz entstanden. Er war derjenige, der die Tafel an der Gladbecker Straße morgens um 6 Uhr aufgeschlossen hat. Oder wie Kruse es ausdrückt: „Er hat den Betrieb hochgefahren.“ Wernicke hat sich um die Technik gekümmert, die Waren aus den Tiefkühlräumen im Keller nach oben geholt oder für die Mitarbeiter gekocht. Am Zugang zur Tafel hat er die Ausweise der Kunden mit Foto und Scancode kontrolliert.
Diese helfenden Hände fehlen seit knapp einem Monat. Kruse sucht deshalb vor allem für das morgendliche Aufschließen jemanden, der sich ein paar Tage in der Woche für ein paar Stunden ehrenamtlich bei der Tafel engagieren möchte. „Die Person muss verlässlich sein“, diese Charaktereigenschaft ist ihm besonders wichtig.
Gladbecker Tafel ist vorübergehend geschlossen
Er sucht aber nicht nur einen Nachfolger für Robert Wernicke, sondern auch für sich selbst. Kruse möchte nicht, dass der Bottroper Tafel das gleiche Schicksal ereilt wie in Gladbeck. Dort verstarb im Juli dieses Jahres der langjährige Vorsitzende plötzlich und unerwartet im Alter von 56 Jahren. Zwei Wochen nach seinem Tod starb auch die zweite Vorsitzende.
Aufgrund dieser Schicksalsschläge ist die Tafel in Gladbeck vorübergehend geschlossen. Der Landesverband der Tafeln trat an ihn mit der Bitte heran, ob die Bottroper nicht die Aufgaben am Standort in Gladbeck mit übernehmen könnten. Kruse musste schweren Herzens absagen. Das lässt sich seiner Meinung nach personell nicht stemmen.
Stattdessen wurde ein Kompromiss gefunden. Solange die Tafel in Gladbeck geschlossen ist, können die Bedürftigen nach Bottrop kommen. „Wir haben genug Ware, um die Gladbecker mitzuversorgen“, sagt Kruse. Ein Supermarkt und ein Discounter an der Stadtgrenze zu Bottrop, die bisher die Tafel in Gladbeck unterstützt haben, werden nun von Kruses Mitarbeitern angefahren.
1200 Menschen im Monat kommen zur Bottroper Tafel
Im Schnitt kümmert sich die Bottroper Tafel im Monat um zirka 1200 Menschen. Wegen der Schließung in Gladbeck rechnet der Vorsitzende mit bis zu 50 weiteren Tafelkunden, die regelmäßig nach Bottrop kommen werden. Die Aufgaben werden also nicht weniger und Kruse wird nicht jünger. „Ich möchte nicht heute oder morgen aufhören“, betont er, „aber ich suche händeringend jemanden, der die Arbeit fortsetzt.“
Sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin kann nicht von jetzt auf gleich übernehmen. Aus seiner Sicht benötige es eine Einarbeitungszeit. Er will die Geschäfte geordnet hinterlassen und er möchte, dass die Tafel weiter geführt wird. Es hat schon Bewerber gegeben, die aber bei der Vorstellung nach der Bezahlung gefragt hätten. „Tja, was soll man darauf antworten? Ich kann denjenigen höchstens Hoffnung auf einen Platz im Himmel machen“, sagt er. „Geld kann man hier nicht verdienen. Der Vorstand arbeitet ehrenamtlich.“ Darum sucht er weiter nach geeigneten Nachfolgern. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Interessenten dürfen sich gerne bei ihm melden.
Spender dringend gesucht
Die Bottroper Tafel ist immer auf Spenden angewiesen. Mit Geld kann besonders schnell geholfen werden. Die aktuell hohen Spritpreise an den Tankstellen fressen ein großes Loch in das ohnehin schon schmale Budget. Laut Dieter Kruse sind die Tankkosten für die sechs Fahrzeuge, die täglich im Einsatz sind, um 200 Euro pro Monat gestiegen.
Kontakt zur Bottroper Tafel: 02041/ 3767112. Erreichbar zu den Öffnungszeiten: Montag, Mittwoch, Freitag von 10 bis 15 Uhr sowie Dienstag und Donnerstag von 10 bis 14 Uhr.