Bottrop. Wegen des Ukraine-Kriegs rechnet die Stadt mit vielen Flüchtlingen. Einige sind schon da, doch viele Unterkünfte noch belegt. So ist die Lage.

Die Bottroper Flüchtlingsunterkünfte – sie werden nicht ausreichen, um die erwarteten Menschen aus der Ukraine unterzubringen. Das machte Björn Abraham am Dienstags in der Bezirksvertretung Kirchhellen deutlich. Tatsächlich gibt es bei der Stadt schon seit einiger Zeit einen Arbeitskreis, der sich Gedanken macht, wo es möglicherweise noch Kapazitäten gibt, um Flüchtlinge unterzubringen.

Die Schwierigkeit: Die bestehenden sechs großen Unterkünfte sind ja längst nicht alle frei. Dort leben nach wie vor Menschen, die aus anderen Ländern geflohen sind. Und immer noch bekomme Bottrop Flüchtlinge zugewiesen, die nicht aus der Ukraine stammen, stellt Karen Alexius-Eifert, Leiterin des Sozialamtes, im Gespräch mit der Redaktion klar.

Afghanische Ortskräfte werden in Bottrop untergebracht

Aktuell seien es vor allem die afghanischen Ortskräfte – also Afghanen, die während des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan für die deutschen Truppen gearbeitet haben. Mit der Rückeroberung der Macht durch die Taliban sind sie in ihrer Heimat nicht mehr sicher. Deutschland nimmt sie nun auf. Und auch wenn sie – anders als andere Geflüchtete – sofort einen Aufenthaltstitel haben, so kommen sie doch zunächst in den Unterkünften unter.

Karen Alexius-Eifert, Leiterin des Bottroper Sozialamtes.
Karen Alexius-Eifert, Leiterin des Bottroper Sozialamtes. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Bottrop habe lange von der Landesunterkunft in den Huberhallen an der Knippenburg profitiert – auch wenn dort nie ein Flüchtling untergebracht wurde. Trotzdem seien zehn Prozent der dort verfügbaren Plätze auf die Quote Bottrops angerechnet worden, sagt Karen Alexius-Eifert. Auf dem Papier waren es bei 1000 Plätzen also immer 100 Flüchtlinge, die Bottrop quasi schon aufgenommen hatte – auch wenn sie real nie da waren.

Seit Oktober sind 132 Flüchtlinge neu in Bottrop angekommen

Tatsächlich sei Bottrop somit lange aus der Zuweisung rausgewesen, doch das hat sich nun geändert. 132 Menschen sind seit Oktober neu in Bottrop angekommen. Das habe dazu geführt, dass man sich schon seit Oktober die Kapazitäten in Bottrop angeschaute habe – unabhängig vom jetzt akuten Konflikt.

Die Flüchtlingsunterkunft in Bottrop-Feldhausen. Auch hier könnten künftig Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor dem Krieg fliehen, untergebracht werden.
Die Flüchtlingsunterkunft in Bottrop-Feldhausen. Auch hier könnten künftig Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor dem Krieg fliehen, untergebracht werden. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Sechs größere Flüchtlingsunterkünfte gibt es in Bottrop. Die größte ist die Körnerschule in der Boy, Sie bietet Platz für 90 Menschen. Dazu kommen das ehemalige katholische Stadthaus, die Overbergschule, die Unterkunft am Liboriweg in Feldhausen, die Holzhäuser in Kirchhellen sowie einen Standort an der Knippenburg. „Im Moment rechnen wir mit 367 Plätzen in den Unterkünften“, sagt Sascha Borowiak, der zuständige Abteilungsleiter im Sozialamt. Davon sind gerade einmal 52 noch verfügbar.

Stadt Bottrop verwaltet dreistellige Zahl an Wohnungen für Flüchtlinge

Dazu komme eine dreistellige Zahl von Wohnungen, die die Stadt verwalte, sagt Karen Alexius-Eifert. Doch aus Sicht des Sozialamtes sei es sinnvoll, Neuankömmlinge zunächst in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. „Hier können sie ankommen, werden unterstützt und können vielleicht auch schon etwas die Sprache lernen, bevor sie dann den nächsten Schritt in die eigene Wohnung machen.“

Ein Schritt, der nicht immer leicht ist. Denn die passende Wohnung muss ja zunächst gefunden werden. Bis das gelingt, blieben Familien dann auch schon mal länger in den Unterkünften. Es sei eben schwierig für eine elfköpfige Familie das Passende zu finden, zeigt Sascha Borowiak eine der Hürden aus der Praxis auf, die überwunden werden müssen. Hinzu kommt: Wenn nun tatsächlich vor allem Frauen und Kinder kommen, müsse man schauen, wie man die Zimmer belegen könne.

Noch keine Ukrainer auf offiziellen Fluchtwegen in Bottrop

Bisher sind es vor allem Menschen aus Syrien und Afghanistan, die in den Bottroper Unterkünften leben. Dazu kämen aber auch Menschen aus Nordmazedonien, Bangladesch oder der Mongolei, bei denen das Anrecht auf Asyl individuell geprüft werden muss.

Ukrainerinnen und Ukrainer sind über die Zuweisung noch nicht nach Bottrop gekommen, wohnen also noch nicht in den Unterkünften. Wohl wisse man aber von Ukrainern im Stadtgebiet, die bei verwandten privat untergekommen seien. Sascha Borowiak spricht von einer „kleinen zweistelligen Zahl“.

Bottrops Oberbürgermeister hat einen Ereignisstab einberufen

Angesichts der Entwicklung sei nun das oberste Ziel, geeignete Unterkünfte zu finden, sagt Karen Alexius-Eifert. Der Oberbürgermeister hat einen Ereignisstab einberufen, der das weitere Vorgehen mit der Situation in Bottrop bearbeitet. Neben Vertretern der Stadtverwaltung sind auch Institutionen wie Polizei, Flüchtlingshilfe oder Rotes Kreuz Teil des Stabs. Zudem werde man den Ältestenrat einberufen, um die Ratsparteien auf dem Laufenden zu halten, so Björn Abrahams Ankündigung.

Eile ist geboten, so dass es möglicherweise schon in der Sitzung des Sozialausschusses kurzfristig eine Vorlage geben wird, in dem erste Unterkünfte benannt werden, so Karen Alexius-Eifert. Anders als 2015/16 aber stünden nicht mehr so einfach aufgegeben Schulen zur Verfügung. Und durch Corona könne man nicht mehr so viele Menschen zusammen unterbringen. Zum Vergleich: Vor Corona konnten in der Körnerschule knapp 120 Menschen wohnen.

Gleichmäßige Unterbringung in allen Teilen des Bottroper Stadtgebiets

Ziel sei es auch, die Menschen gleichmäßig verteilt im Stadtgebiet unterzubringen, sagt Karen Alexius-Eifert. In der Vergangenheit hatte es Kritik gegeben, dass vor allem der Süden der Stadt betroffen war. Aus dem Grund seien auch die Unterkünfte in Kirchhellen und Feldhausen so wichtig, sagt die Sozialamtsleiterin, schränkt aber auch ein, dass man zunächst nach geeigneten Gebäuden suche, die Lage da nur zweitrangig sei.

Beim Sozialamt gibt es Überlegungen, Ukrainerinnen und Ukrainer zunächst gemeinsam unterzubringen, um so Synergien etwa bei der Sprachvermittlung nutzen zu können. Das habe nichts damit zu tun, das Nationen vermeintlich nicht miteinander auskämen, sagt die Sozialamtsleiterin. Im Gegenteil, die Erfahrung der letzten Jahre habe gezeigt, dass sich unterschiedliche Nationalitäten besser zusammen fänden, als man meint. „Die Fluchterfahrung, die sie gemacht haben, eint die Menschen.“

Die Stadt Bottrop hat eine Internetseite eingerichtet, wo Informationen über Hilfsaktionen gesammelt werden. Auch wer Wohnraum anbieten kann, der findet dort die richtigen Ansprechpartner: www.bottrop.de/ukraine-hilfe