Bottrop. Forscher der Hochschule Ruhr West eröffnen unter der Wechselbude auf der Bottroper Gastromeile ein Vereinslokal. Was sie dabei im Sinn haben.

Die neue Adresse des Prosperkolleg-Vereins ist gut gewählt. Unter der Wechselbude im Schiffscontainer zwischen der Gaststätte Hürter und dem Three Bulls-Restaurant liegt der neue Treffpunkt der Wissenschaftler der Hochschule Ruhr West. Publikumsverkehr scheint auf der Gastromeile jedenfalls garantiert, und das ist schließlich das A und O bei dem Vorhaben des Vereins aus Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern. Ihnen geht es um Wissenstransfer. Dazu werden sie in dem kleinen Ladenlokal an der Gladbecker Straße 19 b sozusagen ein Schaufenster der Wissenschaft einrichten, wie es Prosperkolleg-Vorsitzender Prof. Uwe Handmann auf den Punkt bringt.

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„Wir möchten hier einen Raum schaffen, der Bürgerinnen und Bürgern nicht nur ermöglicht, einen Blick in die Zukunft zu werfen, sondern die Zukunft auch mitzugestalten“, sagt der Hochschullehrer. Das wiederum wollen die Wissenschaftler vor allem auf digitalen Wegen möglich machen. Soziale Robotik und auch Mensch-Maschine-Kollaborationen seien solche Zukunftsfelder, nennt Professorin Sabrina Eimler Beispiele, also: Maschinen, die vom Therapie- oder Pflegeroboter bis hin zum Industrieroboter auch ohne störende Sicherheitsschranken mit Menschen zusammenarbeiten können.

Eine Wirtschaft ohne Abfallprodukte wäre ideal

Ihr Ziel sei es einerseits, möglichst anwendungsorientiert und praxisnah zu forschen, und andererseits, ihre dabei gewonnenen Erkenntnisse weiterzugeben: in die Wirtschaft und eben auch an die Bürgerinnen und Bürger. Im Prosperkolleg arbeiten daran Hochschullehrer aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen zusammen: Maschinenbau, Verfahrenstechnik, Psychologie, Betriebswirtschaft, Informatik oder auch Rechtswissenschaft spielen wichtige Rollen.

Ganz schön vielschichtig - in Bottrop befassen sich Wissenschaftler an der Hochschule Ruhr West mit zirkulärer Wertschöpfung und der sozial-ökologische Transformation im Ruhrgebiet .
Ganz schön vielschichtig - in Bottrop befassen sich Wissenschaftler an der Hochschule Ruhr West mit zirkulärer Wertschöpfung und der sozial-ökologische Transformation im Ruhrgebiet . © o.H. | o.h.

Die Vereinsmitglieder sehen es als Aufgaben an, in einer immer weiter digitalisierten Gesellschaft solche neuen Produkte, Verfahren und Geschäftsmodelle zu produzieren und zu entwickeln, bei denen die dafür eingesetzten Materialien so lange wie möglich genutzt werden können. Recycling sei dabei ein wichtiger Baustein, diese Wiederverwertung von Abfallprodukten allein reiche dazu allerdings nicht aus. Ideal der vom Prosperkolleg vorangetriebenen zirkulären Wertschöpfung oder Kreislaufwirtschaft sei vielmehr, dass am Ende gar kein Abfallprodukt übrig bleibe.

Verbraucher forschen für neue Produkte quasi mit

„Das umfasst Fragen wie: Welche Produkte brauche ich überhaupt? Welche Rohstoffe wähle ich aus, und wie gestalte ich das Produkt am besten?“, erklärt Professor Wolfgang Irrek. Sein Kollege Uwe Handmann nennt als Beispiel ein Parkhaus, das zu einem Appartementhaus werden kann, wenn die Stellplätze nicht mehr gebraucht werden sollten. Bei der Beantwortung solcher Fragen sind auch schon vor der Produktion immer mehr auch die Verbraucherinnen und Verbraucher gefragt. Sie forschen quasi mit, indem sie ihre eigenen Vorstellungen und Wünsche einbringen, erläutert Professor Saulo Seabra.

Belebung der Innenstadt

Der Prosperkolleg-Verein sollte ursprünglich schon zum Auftakt des Innenstadt-Sofortprogramms einen Platz finden. Über dieses Programm stellt das Land der Stadt Gelder zur Belebung der City bereit. Die Stadt kann damit leerstehende Ladenlokale mieten, wenn die Vermieter auf 30 Prozent ihrer alten Miete verzichten.

Dann kann die Stadt die Lokale zu besonders günstigen Mieten an interessante Bewerber weitervermieten. Mehr über den Prosperkolleg-Verein ist im Internet hier zu erfahren: https://prosperkolleg.ruhr

Auch bei Unternehmen stoße das auf großes Interesse. Ohnehin seien solche offenen Innovationsprozesse, bei denen die Produkte eben nicht mehr möglichst geheim hinter verschlossenen Firmentüren entwickelt werden, sondern im Austausch mit Forschern, Lieferanten und vor allem auch Kundinnen und Kunden gewinnbringend. „Denn dabei kommen ja in der Regel gute Ideen heraus, die die Produkte dann auch um so erfolgreicher machen“, sagte der Wissenschaftler.

Wenn die Corona-Krise wieder mehr Freiheit lässt

Diese alternative Form des Wirtschaftens wollen die Forscher auch außerhalb der Hochschule Ruhr West in ihrem Vereinslokal auf der Gastromeile präsentieren: auf einem Bildschirm in Dauerbetrieb, während Tagen der offenen Tür, in Sprechstunden, bei speziellen Themenabenden und anderen Veranstaltungen. Bis zum Start brauchen sie noch etwas Zeit und warten ab, bis die Beschränkungen zum Schutz vor der Corona-Pandemie so weit reduziert worden sind, dass sich wieder freier agieren lässt.