Bottrop. Mit einem spektakulären Projekt haben Lina Tebourski und Leon Hausmann bei „Jugend forscht“ gewonnen. Wo diese Technik im Alltag anwendbar ist.
Ein weißer Kunststoff-Torso steht auf dem Tisch vor Lina Tebourski (16) und Leon Hausmann (17). Daran baumelt ein Arm mit einer Hand – und dahinter steckt jede Menge High-Tech. Allein mittels ihrer Gedanken können die beiden Schüler des Heinrich-Heine-Gymnasiums Bottrop diese Hand und den Arm steuern. Mit diesem außergewöhnlichen Projekt der Bionischen Hand haben sie den Landeswettbewerb „Jugend forscht“ gewonnen als bestes interdisziplinäre Projekt. Ende Mai treten sie beim Bundeswettbewerb an.
Eine Vielzahl von Servo-Motoren und Fäden sorgt dafür, dass sich Finger, Hand und Arm tatsächlich bewegen. Doch das allein reicht nicht. Mittels eines EEG haben die beiden jungen Bottroper Hirnströme ausgemessen und anschließend eine Software programmiert, die diese Ströme in Bewegungen der Hand umsetzt.
Elftklässler aus Bottrop verblüffen Experten aus der Jury
Damit haben die beiden Elftklässler auch die Jury beim Wettbewerb verblüfft. Schon im vergangenen Jahr haben die beiden den Regionalwettbewerb gewonnen – damals allein mit der von ihnen entwickelten Hand. „Als der Juror das EEG aufgesetzt hat und sich dann tatsächlich die Hand bewegt hat, hat er große Augen gemacht. So etwas ist natürlich toll und spornt einen an, weiter zu machen.“ Und tatsächlich haben die beiden weiter gemacht. Weil es wegen Corona im vergangenen Jahr keinen Landeswettbewerb gab, haben die beiden jungen Forscher ihr Projekt weiter entwickelt und den entsprechenden Torso gebaut.
Die einzelnen Bauteile entstanden im 3D-Drucker, wurden anschließend zusammengefügt. Hier hat sich vor allem Leon Hausmann eingebracht, während Lina Tebourski in erster Linie für den Bio-Part zuständig war. Rund zwei Jahre hat es gedauert von der ersten Idee bis hin zum jetzigen Ausbaustand. Er habe schon früh einen Faible für Robotik gehabt, sagt Leon, bei ihr sei das Interesse an Naturwissenschaften schon immer sehr ausgeprägt gewesen, ergänzt Lina. Auch in ihrer Freizeit beschäftige sie sich viel mit dem Thema und so stoße man dann auch auf verhältnismäßig neue Entwicklungen in der Bionik. Und so sei man letztlich auf das Projekt gekommen.
Bottroper Schüler wollen Universitäten für ihr Projekt begeistern
Inzwischen denken die beiden schon weiter, haben Ideen, wie sie ihren bionischen Arm weiter ausbauen können. Leon denkt an einen Handschuh, den könne der Nutzer dann über seine eigene Hand stülpen und die künstliche Hand imitiert dann deren Bewegungen. Deshalb hoffen die beiden HHG-Jungforscher, dass sich durch die Wettbewerbserfolge nun auch Universitäten für ihre Entwicklung interessieren und sie beim weiteren Ausbau unterstützen.
Denn das sei am Ende auch eine finanzielle Frage, weiß Cornelia Hußmann. Die stellvertretende HHG-Leiterin unterrichtet unter anderem Physik und hat die beiden im Rahmen von „Jugend forscht“ betreut. Schon das einfache EEG, was sich Lina und Leon angeschafft haben, hätte rund 400 Euro gekostet. Nun würden weitere Geräte benötigt, die wesentlich teurer seien. Deshalb will die Lehrerin zunächst auch einen Kontakt zur hiesigen Hochschule herstellen – zumal das HHG mit der Hochschule Ruhr West kooperiert. Selbstverständlich sei man stolz auf die Leistung der beiden. „Das ist auch ein Ansporn für die jüngeren Schüler“, hat sie beobachtet.
Praktische Anwendungsbereiche bei Prothesen oder Arbeit mit Gefahrstoffen
Es gebe für ihr Projekt auch ganz praktische Anwendungsbereiche, sagen die beiden. So ließen sich auf der Basis solcher Programm beispielsweise Prothesen entwickeln, die der Träger dann durch seine Gedanken steuert. „Man könnte vielleicht auch eine Sensorik entwickeln, so dass die künstliche Hand auch weiß, wie fest sie zupackt“, denkt Leon schon weiter. Auch bei der Arbeit mit gefährlichen Stoffen könnte so eine künstliche Hand am Ende zum Einsatz kommen, sagt Lina. Mit anderen Worten, wer mit gefährlichen Stoffen arbeitet, der steuert künftig – auf welchem Wege auch immer – eine künstliche Hand und kommt so selbst gar nicht in den Gefahrenbereich.
Weitere Auszeichnungen fürs HHG
Beim Landeswettbewerb Jugend forscht hat das HHG noch weitere Preise gewinnen können. So haben Nils Ramspeck und Benedikt Raßmann im Feld Geo- und Raumwissenschaften den zweiten Platz belegt. Das HHG wurde außerdem als beste Jugend forscht-Schule in NRW ausgezeichnet.
Auch Lehrerin Cornelia Hußmann durfte sich über eine Auszeichnung freuen. Sie erhielt einen Sonderpreis für Projektbetreuende.
Ende Mai steht nun erst einmal der Bundeswettbewerb auf dem Programm – coronabedingt wie auch schon der Landeswettbewerb nur online. Das bedauern die beiden Elftklässler, denn zu so einem Wettbewerb gehöre ja auch der Austausch – mit anderen Teilnehmern und den Fachjuroren. Dazu kämen eben auch Vertreter von Universitäten – für die Zukunft der beiden sicher nicht unwichtig. Demnächst steht erst einmal das Abi an, doch was danach kommen soll wissen die beiden auch schon. Leon kann sich gut vorstellen in dem Bereich auch zu studieren, etwa Elektrotechnik, am liebsten an der RWTH in Aachen. Lina präferiert Medizin, „gern im chirurgischen oder neurochirurgischen Bereich“. Ihr Uni-Favorit? „Bochum.“