Bottrop-Kirchhellen. Der Kirchhellener Landwirt Jörg Umberg reagiert mit Entsetzen auf den Krieg in der Ukraine. Denn seine Erntehelfer müssen um ihr Leben fürchten.

Der Kirchhellener Landwirt Jörg Umberg macht sich wegen des russischen Militärüberfalls große Sorgen um die jungen Helferinnen und Helfer aus der Ukraine, die sonst immer wieder bei der Beerenernte auf seinem Bauernhof mitarbeiten. „Sie müssen jetzt um Leib und Leben fürchten und haben natürlich auch Angst um ihre Familien“, sagte der Landwirt. Die Sicherheit der Studentinnen und Studenten und ihrer Angehörigen und Freunde sei jetzt das wichtigste, an Ferienjobs in den kommenden Semesterferien sei da kaum zu denken.

„Entsetzt blicken wir auf die Ereignisse, welche sich so radikal in der Ukraine zuspitzen“, hatte sich Jörg Umberg auch auf der Facebook-Seite seines Bauernhofes am Overhagener Feld zu Wort gemeldet. Denn der Landwirt beschäftigt schon seit Jahren in den Sommermonaten auch ukrainische Studentinnen und Studenten bei der Ernte der Beerenfrüchte. Eine Agentur vermittele ihm dazu bis hin zu Medizinstudenten aus allen Fachrichtungen junge Leute, die sich in den Semesterferien etwas hinzuverdienen wollen.

Landwirt holt sich Eindrücke aus Heimatländern seiner Beschäftigten

Unter ihnen seien sowohl ukrainischstämmige als auch russischstämmige Studentinnen und Studenten. Sie kämen aus allen Teilen der Ukraine, auch Donbass, und hätten ihre Arbeit gut gemacht. „Sie haben hier friedlich und engagiert zusammengearbeitet“, betont der Kirchhellener. Von Feindseligkeiten sei nichts zu spüren gewesen. „Wir durften lebenslustige und positiv in die Zukunft blickende junge Menschen kennen lernen“, bekräftigt der Landwirt.

Junge Leute aus der Ukraine helfen auf dem Bauernhof am Overhagener Feld fast jeden Sommer in ihren Semesterferien bei der Beerenernte. Hier pflückte die Ukrainerin Anna Kulheike Himbeeren.
Junge Leute aus der Ukraine helfen auf dem Bauernhof am Overhagener Feld fast jeden Sommer in ihren Semesterferien bei der Beerenernte. Hier pflückte die Ukrainerin Anna Kulheike Himbeeren. © Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Dazu hatte Jörg Umberg nicht nur in seinem Betrieb Gelegenheit, sondern auch bei Besuchen in der Ukraine. Der Kirchhellener reist ganz gern und sammelt dabei dann auch Eindrücke aus den Heimatländern seiner Erntehelfer und Beschäftigten. Er habe so etwa auch die Gegend um Tschernobyl gesehen. Vor zwei Jahren war er zuletzt in der Ukraine. „Ich bin von Rumänien aus nach Kiew geflogen“, berichtet der Kirchhellener, der während einer seiner Reisen gleich auch militärische Spannungen miterlebte.

Militärische Spannungen bei Kiew-Aufenthalt miterlebt

Denn Jörg Umberg hielt sich beim ersten Tripp ausgerechnet zu jener Zeit in Kiew auf, als Russland unter der Krimbrücke mit einem Tanker die Meerenge von Kertsch blockiert hatte, so dass ukrainische Schiffe nicht mehr passieren konnten. Das Militär in der Ukraine sei in höchster Alarmbereitschaft gewesen. Er sei davon völlig überrascht gewesen. „Natürlich wäre ich sonst auf keinen Fall dorthin geflogen“, sagte Umberg. So aber sah er von seinem Hotelfenster aus die Luftabwehrwaffen auf dem Maidan.

An der Seite der Ukraine

SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Gerdes aus Bottrop verurteilt den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Schärfste. „Der Krieg ist völkerrechtswidrig, er ist menschenverachtend und er verursacht unsägliches Leid aufseiten der ukrainischen Bevölkerung“, beklagte der Abgeordnete. „Es geht Putin nur um eines: Er erträgt es nicht, dass es in unmittelbarer Nachbarschaft Russlands ein freies, demokratisches Land gibt, das sein eigenes Unterdrückungsregime bloßstellt“, sagte er.

Der russische Angriffskrieg erfordere entsprechende Antworten. Gerdes befürwortet daher die Sanktionen gegen Russland, das „Sondervermögen Bundeswehr“ über einmalig 100 Milliarden Euro und Waffenlieferungen an die Ukraine. Auch bei der Energieversorgung gelte es, unabhängiger von Russland zu werden. Gerdes: „Im ganzen Land gehen die Menschen gegen Putins Krieg auf die Straße und zeigen ihre Solidarität mit der Ukraine. Wir stehen an der Seite der Menschen in der Ukraine“.

Jetzt versucht der Kirchhellener, Kontakt zu einigen seiner Ferienarbeiter aufzunehmen. Manchmal gelingt das auch. Die Sorge um die eigene Zukunft und die der Familien sei dabei zu spüren. Vereinzelt treiben nicht nur die Frauen, sondern auch Männer Fluchtgedanken um, schildert der Landwirt. Die Erntejobs in Kirchhellen stehen da ganz weit hinten an. „Wer wollte jetzt auch überhaupt kommen, wer könnte oder dürfte das?“, meint der Landwirt, der für den kommenden Sommer eigentlich mit rund 40 Erntekräften aus der Ukraine gerechnet hatte.

Kirchhellener Landwirt hält Helfern aus Ukraine Plätze frei

Natürlich müsse auch er irgendwann sehen, dass er seine Ernte hereinbekomme. Erst einmal halte er den Studentinnen und Studenten aus der Ukraine ihre Plätze so lange wie möglich frei, versichert der Kirchhellener und teilt auf seiner Facebookseite mit: „Wir hoffen auf die Unversehrtheit für unsere ukrainischen Mitarbeiter*innen, deren Familien und des ganzen Landes. Und auf eine am Ende selbstbestimmte, positive Zukunft nach ihren (!) Wünschen“.