Bottrop. In der Notfallambulanz der Bottroper Kinderklinik werden die Patienten nach Dringlichkeit behandelt. Weshalb es zu Wartezeiten kommen kann.

Stundenlang mit dem kranken, vielleicht verletzten Kind in der Notfallambulanz auf eine Behandlung warten müssen? Für viele Eltern ist unverständlich, wie es zu solchen Situationen kommen kann. Zuletzt hatte eine Mutter ihr Entsetzen über ihren Fall in der WAZ öffentlich gemacht. Dr. Mirco Kuhnigk, Chefarzt der Kinderklinik am Marienhospital, möchte aufklären. Hier schildert er die Abläufe in der Kindernotfallambulanz in Bottrop.

Vorweg sei gesagt: Zeiten wie diese sind besondere – eine Infektionswelle sorgt seit Wochen dafür, dass die Kinderkliniken landauf, landab voll sind. Vor allem der RS-Virus, der für Atemwegsinfektionen verantwortlich ist, macht schon seit geraumer Zeit die Runde. Unabhängig davon gilt aber in der Notfallambulanz das grundsätzliche Prinzip, dass den Kindern zuerst geholfen werden soll, die das am dringendsten benötigen.

Wer ist in der Kindernotfallambulanz am Marienhospital richtig?

Dr. Mirco Kuhnigk erläutert: „Die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe befindet sich in Buer.“ Dort organisieren die Kinderärzte im Anschluss an ihre reguläre Praxiszeiten einen Vertretungsdienst für die Region, inklusive Bottrop (Adresse und Öffnungszeiten in der Infobox).

Für den Chefarzt ist aber auch klar: „Selbstverständlich fährt ein Bottroper nicht an uns vorbei und 15 Kilometer weiter in ein anderes Haus. Wir würden auch niemals sagen, wir sind nicht zuständig.“ Nicht jede umliegende Stadt habe eine Kinderklinik, „wir sind froh, dass wir die in Bottrop haben“. Auf der Internetseite des MHB steht dies: „Die Notfallambulanz des Marienhospitals Bottrop ist die Anlaufstelle für alle Eltern mit einem kranken Kind immer dann, wenn der betreuende Kinderarzt in der Praxis nicht erreichbar ist.“

Wann sollte per 112 ein Notarzt bzw. ein Rettungswagen gerufen werden?

Die allgemeine Auskunft dazu lautet: In Fall akuter Lebensgefahr sollte der Notarzt gerufen werden. Dr. Mirco Kuhnigk ergänzt mit Blick darauf, dass Eltern medizinische Laien sind: „Wenn Eltern unsicher sind und Angst haben, dass es schnell gehen muss, sollten sie einen Rettungswagen rufen.“

Allerdings ist die Tatsache, dass ein Kind per Rettungswagen in die Ambulanz kommt, keine Garantie, dass es auch als erstes von allen Wartenden von einem Arzt behandelt wird. „Es ist dann an uns, das medizinisch einzuschätzen“, betont der Chefarzt.

Was passiert bei der Ankunft in der Ambulanz?

Die Eintrittspforte zur Kinderklinik ist für Erkrankte, Besucher und Notfallambulanz-Aufsuchende die gleiche. Zunächst gilt – gerade unter Corona-Bedingungen und 3G-Regel – zu schauen: Wer darf rein und wo dürfen bzw. müssen die Patienten hin? Um den Aufwand und auch den Umgang mit teils nicht so verständigen Eltern stemmen zu können, ist seit neuestem an der Kinderklinik-Pforte der Wachdienst im Einsatz, der bereits am Haupthaus tätig war.

Die coronabedingte Patienten- und Besucherkontrolle am Eingang der Kinderklinik übernimmt jetzt ein Wachdienst.
Die coronabedingte Patienten- und Besucherkontrolle am Eingang der Kinderklinik übernimmt jetzt ein Wachdienst. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Bei den Notfallambulanz-Patienten wird dann eingeteilt in Infekt- oder Nicht-Infekt-Patienten. „Diese müssen wir voneinander trennen“, erklärt der Chefarzt. Sie werden entsprechend auf die Wartebereiche verteilt. Zudem greift ein Einschätzungssystem. Kuhnigk: „Binnen kürzester Zeit müssen die Patienten medizinisch nach dem internationalen sogenannten Triage-System eingeschätzt werden.“ Das ist ein standardisiertes Verfahren zur Ersteinschätzung der Behandlungsdringlichkeit mit Hilfe eines Ampelsystems, welches wiederum maximale Wartezeiten auslöst. Wichtig: Behandelt wird am Ende jeder Patient.

Die Einschätzung nimmt das Pflegepersonal vor. Zum Anamnese-Gespräch gehört die Überprüfung der Vitalparameter.

Welche Triage-Stufen/-Wartezeiten gibt es?

Hier die Triage-Stufen mit den dazu gehörigen maximalen Wartezeiten bis zum Erstkontakt zu einem Arzt: Rot – sofort. Orange – maximal zehn Minuten. Gelb – maximal 30 Minuten. Grün – maximal 90 Minuten. Blau – maximal 120 Minuten. Kuhnigk erklärt: „Ist die Triagezeit abgelaufen, so muss eine Nachtriage erfolgen. Es ist zu betonen, dass kein Patient länger als nötig warten soll. Es gilt: je früher desto besser.“

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Per Computersystem kann der Dienst habende Arzt auch von der Station aus sehen, welcher triagierte Patient mit welcher Dringlichkeit in welchem Raum zu finden ist. Notfallpatienten mit der Einstufung gelb oder höher bleiben möglichst im Untersuchungszimmer, für die anderen ist der Wartebereich vorgesehen. Gebraucht werden nämlich immer auch Akuträume, falls ein Rettungswagen reinkommt, erläutert der Kinderklinik-Chef. Für diese akuten Notfälle wurde jetzt auch ein neuer Erstversorgungsraum eingerichtet.

Ist abzusehen, dass ein Patient länger warten muss, „dann sind Pflegekräfte und Ärzte angehalten, das zu kommunizieren. Und die Eltern werden gebeten, Rückmeldung zu geben, wenn sich am Zustand ihres Kindes etwas verändert.“ Oder wenn „im Eifer des Gefechts“ übersehen werde, dass ein Zweijähriger möglicherweise über längere Zeit nichts gegessen und getrunken habe. „Es geht immer nur gemeinsam“, appelliert Kuhnigk.

Was passiert, wenn eine stationäre Aufnahme notwendig wird?

Ob eine stationäre Aufnahme notwendig ist, darüber entscheidet dann der Arzt nach der Untersuchung des Kindes. Das Marienhospital hat sich zum Prinzip gemacht, auch bei eigentlich ausgelasteten Kapazitäten keine Patienten abzuweisen. „Wir haben die Möglichkeit, bei Aufnahme schnell zu testen“, so Dr. Mirco Kuhnigk – auf Corona, RS-Virus, Influenza. Das Testergebnis solle schon vorliegen, bevor das Kind (mit Begleitperson) auf die Station geht.

Wann ist es besonders voll in der Kindernotfallambulanz? Wie ist die personelle Besetzung?

„Es gibt bestimmte Stoßzeiten: ab Mittwoch- und Freitagmittag sowie nach Dienstschluss der Arztpraxen und am Wochenende“, so Kuhnig. Der Dienst-Arzt, der die stationären Patienten versorgt, ist zum Beispiel abends und nachts auch für die Notfallambulanz zuständig. Zusätzlich gebe es immer einen Oberarzt im Hintergrunddienst, der stets beratend zur Verfügung steht oder im Falle von Notständen auch ins Haus kommt. Für die Oberärzte gilt aber kein 24-Stunden-Anwesenheitsdienst.

„Die goldene Regel ist: Wenn das Pflegepersonal sagt, der Oberarzt soll unterstützen, dann erfolgt das so“, berichtet der Klinik-Chef. Darüber hinaus gebe es ein „Überlaufszenario“, wann der Hintergrunddienst koordinierend bzw. persönlich vor Ort einsteigt.

Zu Hauptzeiten sind zwei Pflegekräfte im Ambulanzbereich im Einsatz (nachts eine). Und ein modifiziertes Drei-Schicht-System sorge dafür, dass am Nachmittag im Übergang von Früh- zu Spätdienst für zwei Stunden jeweils zwei Assistenzärzte für die Allgemeinpädiatrie - und damit auch die Notfallambulanz - arbeiten.

Adressen und Kontakt

Der Kinder- und jugendmedizinische Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte für die Region ist in den Räumlichkeiten der Kinder- und Jugendklinik in Gelsenkirchen-Buer, Adenauerallee 30, angesiedelt. Kontakt: 0209 369-1. Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag 19 bis 22 Uhr, Mittwoch und Freitag 16 bis 22 Uhr; Samstag, Sonntag, Feiertag 9 bis 22 Uhr.

Die Kindernotfallambulanz am Marienhospital Bottrop, Josef-Albers-Straße 70, ist rund um die Uhr erreichbar. Kontakt: 02041 106-1550.

Die Notfallambulanz in Bottrop suchen übrigens auch Familien aus anderen Städten auf, berichtet Chefarzt Dr. Mirco Kuhnigk.