Bottrop. Bottrop streitet über die Ansiedlung des Discounters Netto im ehemaligen Karstadtgebäude. Nun sprechen sich zwei Experten für den Discounter aus.

An der Ansiedlung Nettos in der Bottroper Innenstadt scheiden sich die Geister: Während CDU und SPD samt Oberbürgermeister Bernd Tischler vor allem weiteren Leerstand in dem ehemaligen Karstadt-Gebäude verhindern wollen und in Netto einen starken Mieter sehen, sorgen sich umliegende Händler um die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt. Nun sprechen sich der Bottroper Architekt Norbert Verfürth und der Essener Immobilien-Makler Eckhard Brockhoff für den Discounter in der City aus.

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„Für Bottrop ist Netto eine tolle Sache“, sagt Brockhoff. Supermärkte brächten Frequenz, „das ist das Beste, was man mit so einer Immobilie machen kann; es ist das richtige Konzept“. Er verweist auf das Rü-Karree, das ehemalige Karstadt-Haus am Rüttenscheider Stern in Essen. Dort liegt Aldi neben Edeka und dem Drogeriemarkt dm.

Bottroper Architekt: „Wohnattraktivität in der Innenstadt muss gestärkt werden“

Auch Norbert Verfürth sieht in Netto eine gute Chance für die Bottroper Innenstadt. Grundsätzlich müsse die Wohnattraktivität in der Innenstadt gestärkt werden – dazu gehöre auch ein Lebensmittelhändler, der fußläufig erreichbar ist.

„Wohnen in der Innenstadt, unter anderem über Geschäften, war früher üblich und gefragt und ist zukünftig wieder wünschenswert für eine Mischnutzung der Innenstädte“, sagt Verfürth, der selbst Bottroper ist und zu den renommiertesten Architekten der Stadt zählt. So hat er sich einen Namen gemacht mit der Sanierung historischer Altbauten etwa an der Humboldtstraße oder auch der Villa Dickmann, in der inzwischen unter anderem sein Büro untergebracht ist.

Zusammen mit seinen Partnern der VSI-Architekten arbeitet er zudem regelmäßig für Investoren, die Immobilien in 1A-Lagen im Ruhrgebiet umbauen und reaktivieren. „Die Filialisten ziehen sich aus den mittelmäßigen Städten zurück“, sagt Verfürth. Der Online-Handel sorgt dafür, dass die mittelgroßen Zentren nicht mehr rentabel sind. Diese großen Ketten sind es aber auch, die höhere Mieten zahlen können.

Künftig Taxis und E-Autos in der Bottroper Innenstadt?

Was bleibt, sind die kleinen Einzelhändler – und die profitieren von der gesteigerten Besucherfrequenz unter anderem durch Wohnen und Lebensmittelgeschäfte, so Norbert Verfürth. „Dadurch entsteht vielfältiges urbanes Leben und die Innenstadt bleibt nicht nur Geschäftsort, sondern wird auch Lebensort.“ Heute spreche man davon, dass die Innenstadt nach 19 Uhr tot sei, bald könne sie komplett tot sein, wenn es nicht gelingt, mehr Frequenz in die City zu holen.

Wirtschaftsförderung zu Netto

Im Wirtschaftsförderungsausschuss am Mittwoch sollen die Fakt AG, Inhaber des Hansa-Centers, und die Devello AG als Eigentümerin von „Bottrop 7“, den ehemaligen Althoff-Arkaden, über den Stand der Arbeiten und Planungen in den beiden Immobilien berichten.

Die städtische Wirtschaftsförderung sieht in ihrer Einschätzung im Vorfeld des Ausschusses die „aktuellen Entwicklungen in den beiden Immobilien als durchaus positiv für die Entwicklung der Innenstadt. Die Ansiedlung eines modernen Netto-Discounters kann wichtige Impulse für die Besucherzahlen in der Innenstadt geben, die weitere Ansiedlungen erleichtern.“

In der Logistik, also der Anlieferung durch die Fußgängerzone, sieht der Architekt kein Problem. Das ist eine Herausforderung, die gelöst werden müsse und könne. „In die mittelfristige Zukunft gedacht, würde ich sogar einen Schritt weitergehen und E-Fahrzeuge und Taxen mit Schrittgeschwindigkeit bis zu einer gewissen Größe in der Fußgängerzone zulassen.“ Für eine alternde Gesellschaft, eben auch jene, die in der Innenstadt leben, sei es wichtig, dass sie nur kurze Fußwege zum Arzt, Händler, Anwalt haben, dass sie zum Beispiel mit dem Taxi nah vorfahren können.

Umbauarbeiten bei Netto haben noch nicht begonnen

Und die Trinkerszene, die sich potenziell vor Netto ansiedeln könnte? „Einige nicht Sesshafte gehören immer dazu“, sagt Eckhard Brockhoff. Um dem etwas entgegenzusetzen, den Platz am früheren Mensingbrunnen, der eigentlich mit seinen Bäumen und Bänken Aufenthaltsqualität verspricht, zu beleben, müsste dort etwas „richtig Attraktives“ angesiedelt werden, sagt dazu Norbert Verfürth. „Das geht nur mit Gastronomie.“

Derweil haben die Umbauarbeiten in den ehemaligen Althoff-Arkaden noch nicht begonnen, obwohl sie schon seit Wochen hätten starten sollen. Die nötige Baugenehmigung ist auch noch nicht erteilt, weil der Antrag nach Angaben des zuständigen Bauaufsichtsamtes bislang unvollständig ist. Kleinere Arbeiten könnten allerdings auch bereits vorher durchgeführt werden, genehmigt werden müssen aber unter anderem die Brandschutzvorkehrungen und geplanten Rettungswege.