Bottrop. Ein Bottroper AfD-Ratsmitglied besucht keine Sitzungen, so lange die 3G-Regel gilt. Ein RVR-Leiter wurde vom Naturschutzbeirat ausgeschlossen.

Der Bottroper AfD-Ratsherr Udo Pauen ist ordentliches Mitglied des Haupt- und Finanzausschusses sowie des Rechnungsprüfungsausschusses. Doch nach der Sommerpause wart er nicht mehr gesehen in den Sitzungen, auch nicht, als er seinen Parteikollegen Guido Schulz im Seniorenbeirat und im Sozialausschuss hätte vertreten sollen. „So lange die 3G-Regel gilt, nehme ich an keiner Sitzung mehr teil“, sagt Pauen im Gespräch. Denn für ihn sei der Ausschluss von Ratsmitgliedern, die nicht geimpft, genesen oder getestet sind, verfassungswidrig.

3G-Regel in Ratssitzungen: Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden

In Teilen gibt die jüngste Entscheidung des Mindener Verwaltungsgerichts ihm Recht: Einem Ratsmitglied dürfe „nicht unter Bezugnahme auf die Coronaschutz­verordnung“ der Zugang zur Sitzung verwehrt werden. Aber: „Um einen störungsfreien Ablauf der Sitzungen sicherzustellen“ darf der Oberbürgermeister sich vorbehalten, auf die 3G-Regeln zurückzugreifen. Das tut Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler.

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Eine Anfrage von Udo Plauen vom 10. September lehnte er ab und Stadtsprecher Andreas Pläsken bekräftigt auf Nachfrage: „Es bleibt dabei. Wir halten uns an die Regelung des Landes.“ Niemand müsse sich impfen lassen, wohl aber mit den Konsequenzen leben, wenn er es nicht tut.

Bottroper AfD-Ratsherr hält nichts von Testungen gesunder Personen

„Ich bin nicht bereit, diese verfassungswidrige Auflage zu erfüllen“, sagt hingegen Udo Pauen. Dass er nicht geimpft ist, sei seine persönliche Entscheidung. Testungen von Menschen ohne Symptomen hält der AfD-Mann und Jurist für falsch. „Ein Gesunder ohne Erkrankungssymptome kann begriffsnotwendig niemanden infizieren“, begründet er seine Meinung in seiner E-Mail an den Oberbürgermeister und den Rechtsdezernenten Paul Ketzer.

Er sei zudem dagegen, mit den kostenlosen Tests „Geld der Steuerzahler zu verschwenden“, wolle sich aber auch nicht, so bekräftigt er es auf Nachfrage, testen lassen, wenn die Schnelltests ab dem 11. Oktober kostenpflichtig werden. Die AfD-Wähler müssten sich nicht sorgen, „dass ich ihre Interessen nicht vertrete, dazu habe ich auch außerhalb der Sitzungen meine Möglichkeiten“.

Bottroper Naturschutzbeirat: RVR-Revierleiter erfüllt 3G-Regeln nicht

Auch in der Sitzung des Naturschutzbeirates ist es zu einem Zwischenfall aufgrund der 3G-Regeln gekommen. RVR-Revierleiter Werner Meemken war in die Sitzung eingeladen, um Auskunft in der Auseinandersetzung um einen Wildschutzzaun am Alten Postweg zu geben. Vorsitzender Hans-Jürgen Fey verbot ihm jedoch, die Aula Welheim zu betreten.

„Er war weder geimpft noch genesen, außerdem hatte er nur einen Corona-Test, der älter als 48 Stunden war. Das hat er selber gesagt“, erklärte der Vorsitzende. Beschäftigte des Sicherheitsdienstes hatten den Förster daher am Eingang zur Aula Welheim aufgehalten und den Vorsitzenden informiert.

Bottroper Stadtsprecher: „Regeln gelten für alle“

Fey handelte auch völlig korrekt. „Die Regeln gelten selbstverständlich für alle“, betont Stadtsprecher Andreas Pläsken. Behördenmitarbeiter oder Vertreter anderer Institutionen seien davon keineswegs ausgenommen. Soweit ihm bekannt sei, war das Betretungsverbot für den RVR-Mitarbeiter das erste dieser Art. „Es wurden aber schon Besucher abgewiesen“, erklärt Pläsken.

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Der Stadtsprecher verweist dazu auf die Vorschriften der landesweite Coronaschutzverordnung. Danach gelten die 3G-Regeln für Veranstaltungen im öffentlichen Raum unter Nutzung von Innenräumen. „Das Land hat bislang ausdrücklich erklärt, dass zu den Veranstaltungen auch die städtischen Gremiensitzungen gehören. Die Kommunen einschließlich ihrer Gremien sollen mit gutem Beispiel vorangehen“, macht Pläsken klar.

Regionalverband Ruhr stellt Mitarbeitern Selbsttests zur Verfügung

Der Regionalverband Ruhr stellt deshalb auch klar, dass seine Beschäftigten regelmäßig über die aktuellen Vorschriften im Umgang mit Corona informiert werden. „Das gilt auch für Verhaltensregeln beim Besuch öffentlicher Veranstaltungen Dritter“, teilt RVR-Sprecherin Barbara Klask mit. Ahnungslos kann der Revierleiter somit nicht gewesen sein. „Er hat ja eine Einladung bekommen“, sagt auch der Vorsitzende des Naturschutzbeirates, und wurde damit über die Anwendung der 3G-Regeln informiert.

3G in politischen Gremien

Seit der Neufassung der Coronaschutzverordnung im August gilt auch Ratssitzungen und anderen politischen Gremien die 3G-Regel, so dass die Teilnahme nur mit einem Impf-, Genesenen-, oder Testnachweis möglich ist.

Nachdem ein Ratsmitglied in Salzkotten geklagt hatte, hat das Verwaltungsgericht in Minden die Regelung aufgeweicht: Sie sei rechtswidrig. Allerdings darf das Stadtoberhaupt, in dem Fall der Bürgermeister von Salzkotten, einen Nachweis anfordern.

Im Nachgang dazu heißt es im Urteil: „Mit Blick auf die zukünftig nicht mehr generell bestehende Möglichkeit, einen entsprechenden Test kostenlos durchführen zu lassen, sei jedoch für die Zukunft anzumerken, dass es mit dem Grundsatz des freien Mandats ebenfalls nicht vereinbar sein dürfte, dem zu einem Test verpflichteten Ratsmitglied die Kosten dieses Tests aufzuerlegen.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Ohnehin gilt die 3G-Regel wie in Bottrop in Innenräumen auch bei Veranstaltungen des RVR selbst. „Der RVR stellt jedem Beschäftigten Selbsttests zur Verfügung“, macht Barbara Klask außerdem klar. Allerdings reichen die nicht als 3G-Nachweis. Der Regionalverband empfiehlt seinen Beschäftigten, sich impfen zu lassen und hat auch bereits eine Impfaktion durchgeführt. Die RVR-Sprecherin erklärt aber auch ausdrücklich: „Die Angabe, ob jemand geimpft ist, ist freiwillig“.

Der RVR-Mitarbeiter bedauert seinen Fehler auch und hat sich dafür beim Vorsitzenden des Bottroper Naturschutzbeirates entschuldigt. „Ich habe noch versucht, ihm eine Brücke zu bauen“, sagt Hans-Jürgen Fey. Von seinem Vorschlag, die Sitzung ins Freie auf den Schulhof der Aula Welheim zu verlegen, rieten Verwaltungsmitarbeiter allerdings ab. Also musste der Revierleiter wieder gehen und will zur nächsten Sitzung des Naturschutzbeirates wiederkommen – mit aktuellem Coronatest.