Bottrop. Die Bottroper AfD ist mit Anträgen zur Abschaffung von Corona-Regeln krachend gescheitert. Die Fraktionen stellten sich geschlossen dagegen.

Es sind drei Worte, die in dieser 70-minütigen Sondersitzung des Bottroper Rates am Freitagnachmittag regelmäßig fallen: Ausnutzung, Missbrauch und Instrumentalisierung. Geschlossen hat das Gremium den zehnseitigen Antrag (plus Anlagen) der AfD-Fraktion, diverse Corona-Schutzvorkehrungen abzuschaffen, abgelehnt – wie erwartet und mit Deutlichkeit.

Oberbürgermeister Bernd Tischler hatte der Forderung der AfD nach einer Sondersitzung folgen müssen, die, so AfD-Ratsherr Udo Pauen „keinen Aufschub duldet, um die täglich schwerwiegendere Schädigung von Bewohnern unserer Gemeinde aufzuhalten“.

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AfD-Antrag zur Abschaffung von Corona-Regeln: Stadt Bottrop nicht zuständig

Pauen war es auch, der die Forderungen seiner Fraktion mündlich begründete: die der alternativen Inzidenzwert-Ermittlung, der Einschränkung von Schnelltest-Angeboten, der Umstellung von Maskenpflicht auf Maskenrecht, der Öffnung aller Gewerbe- und Freiberuflerbetriebe mit Kundenverkehr und die Abschaffung des Schnelltest- beziehungsweise Impfnachweis-Gebots.

Dass die Kommune zu derlei Entscheidungen nicht berechtigt ist, weil die Regeln der Corona-Schutzverordnung auf Landes- und die des Infektionsschutzgesetzes auf Bundesebene entschieden werden, hatte die Stadt bereits im Vorfeld betont. Das hielt Udo Pauen nicht davon ab, an die „Verantwortung“ der Ratsmitglieder zu appellieren, seien sie doch „den Grundrechten der Bürger von Bottrop verpflichtet“.

Eingestiegen war Pauen, der mehrfach ermahnt werden musste, seine OP-Maske nicht über dem Kinn, sondern über Mund und Nase zu tragen, mit einer Abhandlung für das Grundgesetz, das geprägt war vom „nie wieder“. „Es sollte nie wieder eine Zentralfigur geben, die über Deutschland bestimmen kann“, sagte der AfD-Ratsherr.

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Heftiger Widerstand der anderen Bottroper Ratsfraktionen

Seitens aller übrigen Fraktionen wehte ihm heftiger Widerstand entgegen. Auf eine vormals angedachte gemeinsame Erklärung konnten sich die Parteien nicht einigen, doch die Wortbeiträge beschränkten sich auf vorbereitete Reden der jeweiligen Fraktionsvorsitzenden.

Er habe eine solche Sondersitzung in 16 Jahren Ratszeit nicht erlebt, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Göddertz. „Sie missbrauchen hier das Antragsrecht“, richtete er scharfe Worte gegen Pauen und seine Fraktion. „Die AfD stellt heute erneut unter Beweis, dass sie nicht Teil des demokratischen Konsenses ist.“ CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder konstatierte in seinem Beitrag passend dazu, dass die AfD bewiesen habe, „keine Alternative für Deutschland zu sein, auch nicht für Bottrop“.

Deutliche Worte fand auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda, die von einer „demokratischen Nullnummer der Populisten“ sprach. Sie erinnerte an die Menschen, die mit einer Covid-19-Erkrankung verstorben sind, an die Kinder, die in ihrer Bildung zurückgeworfen wurden, an all die Opfer der Pandemie. „Wir Demokratinnen haben den Zusammenschluss gewagt, wir sind der Demokratie verpflichtet.“

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Alle übrigen Ratsmitglieder stimmten gegen den Antrag der AfD

Und so reihten sich auch die anderen Parteien ein in die Gegenstimmen zur AfD. Die Anträge dienten dazu, „Unruhe und Zwietracht zu sähen“, sagte ÖDP-Ratsfrau Marianna Dominas. Sie verdienten nicht die Aufmerksamkeit, die mit einer solchen Sondersitzung verbunden sind, erklärte DKP-Ratsherr Michael Gerber. Und Niels-Holger Schmidt von den Linken attestierte den Anträgen ein „rein propagandistisches Ziel“ – nachdem er Udo Pauens regelmäßiges Abziehen der Maske als „Akt der Rücksichtslosigkeit“ bezeichnete. „Beschämend“ wiederum war die Wortwahl des FDP-Ratsherren Andreas Mersch: „Wir werden diese Provokation nicht mittragen.“

Mehrere Redner wiesen zudem auf Pauens Teilnahmen an den montäglichen Demos gegen Corona-Maßnahmen hin, bei denen auch bekannte Rechtsextreme mitlaufen.

Letztlich stimmten alle Ratsmitglieder – ausgenommen die vier AfD-Männer – gegen die fünf Anträge. Den letzten – die „Missbilligung der zu späten und völlig unzureichenden Beantwortung der Anfrage“ gegenüber der Verwaltung – zog die AfD zurück. Eine Beschwerde Udo Pauens bei der Bezirksregierung in dieser Sache war zurückgewiesen worden.