Bottrop. An vier Bottroper Grundschulen starten in einer Pilotphase vom Land geförderte Zentren. Vernetzte Angebote sollen Eltern und Kinder stärken.

An vier Bottroper Grundschulen werden Familiengrundschulzentren, kurz FGZ, eingerichtet. Das Ziel: Durch fest verankerte, niedrigschwellige Angebote an den Schulen auch für Eltern werden Familien in sozial benachteiligten Quartieren gestärkt. Bildungs- und Chancengerechtigkeit sollen auf diese Weise gefördert, Eltern verstärkt als Bildungspartner gewonnen werden. In der zum 1. August gestarteten Pilotphase sind die Albert-Schweitzer-Grundschule, die Cyriakus-, die Schiller- und die Rheinbabenschule dabei.

Bottroper Familien sollen die Grundschule als Ort des Vertrauen verstehen

„Wichtig ist, dass Familie die Grundschule als Ort des Vertrauens in besonderer Nähe versteht“, heißt es in der Verwaltungsvorlage zu den FGZ, die jetzt im Schulausschuss Thema war. Sie sollen damit besser erreicht werden und Informations-, Beratungs- sowie Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen können.

Nicole Gottemeier vom Regionalen Bildungsbüro, das die Einrichtung der FGZ verantwortet, berichtete im Schulausschuss, dass die Pilotphase in Bottrop in kürzester Zeit auf die Beine gestellt worden sei. Mit insgesamt elf Grundschulen, die vom sozialen Standort und von der Quote der Schüler mit Migrationshintergrund in den Klassen grundsätzlich für das Projekt in Frage kämen, seien Gespräche geführt worden. „Sie waren davon sofort begeistert, weil alle die Notwendigkeit sehen, auch die Familien in den Vordergrund zu stellen, gerade im Rahmen der Bildungsunterstützung.“ Und womöglich gerade auch, um die Folgen der Pandemie für die Kinder aufzufangen.

Familiengrundschulzentrum in Bottrop: OGS-Träger sind mit im Boot

Die Träger des offenen Ganztags (OGS) seien ebenfalls mit Engagement im Boot, die FGZ-Stellen an den vier Pilotschulen bereits vergeben. Diese jeweilige Leitung der Familiengrundschulzentren vor Ort „ist da, um Angebote zu initiieren mit dem Fokus auf der Familie“, so Gottemeier. Zusätzliche Lehrerstellen oder anderes Schulpersonal gebe es nicht. Eine übergeordnete Koordinierungsstelle, die im Bildungsbüro angesiedelt ist, ist derzeit noch ausgeschrieben.

Das gemeinsame Ziel von Schulen, OGS und FGZ sei es, die Angebote jeweils an die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Schulstandorte anzupassen. Gottemeier: „Wir wissen, so etwas muss wachsen. Aber wir machen uns definitiv auf den Weg.“

Detlef Baier, Leiter der Schillerschule in Bottrop, hofft auf neue Impulse durch die Einrichtung des Familiengrundschulzentrums.
Detlef Baier, Leiter der Schillerschule in Bottrop, hofft auf neue Impulse durch die Einrichtung des Familiengrundschulzentrums. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-Büning

Detlef Baier, Leiter der Schillerschule, berichtet im WAZ-Gespräch, was er sich erhofft: „Schon vor Corona haben wir niedrigschwellige Angebote an Eltern gemacht, zum Beispiel haben wir regelmäßig ein Elternfrühstück gehabt, für die OGS-Kinder AGs zusammen mit den Eltern angeboten oder einige Familien über die Schulsozialarbeit begleitet. Es ist ein großes Feld, wo Eltern und Schule außerhalb vom Unterricht in Kontakt kommen. Was uns aber immer fehlte war eine Koordinierungsstelle zwischen all den verschiedenen Gruppen.“ Durch die Einrichtung des FGZ samt Stelle hofft er auf diese Koordination, innovative Impulse sowie den Ausbau der Strukturen und neue Motivation von Eltern.

Bottroper Schulleiter: „Das kriegen die Lehrkräfte nicht mehr alleine hin“

Baier kann sich feste Sprechzeiten vorstellen, dazu ein Portal/ einen Aushang, auf dem Angebote und Möglichkeiten veröffentlicht werden. Über das FGZ könnten, sollten weitergehende Beratungen notwendig sein, die direkte Verknüpfung zu den spezialisierten Anbietern (wie Schulberatungsstelle, SkF, Awo, Caritas) in der Stadt erfolgen. Denkbar ist auch, dass diese mit Sprechstunden oder Elternabenden zu verschiedenen Themen in die Schule kommen.

Baier: „Das sind Arbeiten, die die Lehrkräfte an der Schillerschule schon immer gemacht haben, die aber immer mehr ausdifferenziert werden. Das kriegen wir nicht mehr alleine hin.“ Mit dem FGZ könnten bisherige Bemühungen in einem multiprofessionellen Team auf eine neue Stufe gehoben werden, um Kindern und Eltern alle Möglichkeiten zu bieten. Denn: „Ohne Eltern funktioniert Grundschule bei uns nicht.“

Eine konkrete Idee ist, die von der FDP angeregten Fortbildungsangebote für Eltern zum Umgang mit der IT-Ausstattung der Kinder (Stichwort Lernen auf Distanz), die als Pilotprojekt zusammen mit der VHS an der Rheinbabenschule starten, über die FGZ auszurollen.

Kosten: insgesamt knapp 107.000 Euro

Das Schulministerium NRW fördert unter bestimmten Bedingungen (Migrationsanteil und Sozialindex an den Schulen) die Einrichtung von Familiengrundschulzentren (FGZ) mindestens in diesem Jahr; eine weitere Förderrichtlinie für die folgenden Jahre ist aber laut Stadt geplant.

Im Auftaktjahr dürfen pro Kommune maximal vier FGZ an den Start gehen; in Bottrop hätte es noch zwei weitere Interessenten gegeben (Fürstenberg- und Droste-Hülshoff-Schule). Diese sollen nach der Pilotphase bevorzugt zum Zuge kommen.

Die Landesförderung für 2021 beträgt für Personal- und Sachkosten gut 85.300 Euro, die Stadt Bottrop beteiligt sich mit einem Eigenanteil von 20 Prozent, das entspricht rund 21.300 Euro.