Bottrop-Kirchhellen. Das Emschersystem als große Kloake – nur im Oberlauf der Boye in Kirchhellen konnte die Emschergroppe das überleben. Jetzt wächst ihr Lebensraum.

Das letzte Abwasserpumpwerk geht Ende der Woche in Oberhausen in Betrieb. Damit ist der letzte große Schritt getan hin zu einer Emscher, frei von Abwasser. Auch die Renaturierung der Nebenflüsse schreitet voran. Damit wächst auch der Lebensraum der Emschergroppe noch einmal.

Diese Art – eine Unterart der Rheingroppe – unterscheidet sich genetisch von ihren Verwandten und kommt ursprünglich wohl nur in der Boye vor. Abgeschottet vom genetischen Austausch mit den Artgenossen außerhalb dieses kleinen Refugiums konnte sich dort eine neue Unterart bilden. „Forscher gehen davon aus, dass Groppen im Oberlauf der Boye überlebt haben. Dort blieb der Bach auf einem kurzen Stück von den Einleitungen verschont“, sagt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft.

Lebensraum der Emschergroppe reicht längst über Kirchhellen hinaus

Inzwischen hat sich der Lebensraum der Emschergroppe stark vergrößert. Im Zuge der Renaturierung wurde der Kirchhellener „Urbürger“ seit 2011 auch in anderen Gewässern ausgesetzt. „Alle Wiederansiedlungen verliefen erfolgreich. Das ist ein Ergebnis, auf das wir mit Recht stolz sein können. Mit dem Emscher-Umbau schenken wir den einst geschundenen Bächen dieser Region neues Leben, und die Natur nimmt dieses Leben an“, sagt Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.

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Erfolgskontrollen der Emschergenossenschaft im Jahr 2013 förderten am Ostbach in Herne sowie am Läppkes Mühlenbach an der Stadtgrenze Oberhausen und Essen ebenfalls positive Ergebnisse zu Tage. Bereits in der ersten Laichzeit (März bis April) nach dem Umsetzen hatten sich die Tiere fortgepflanzt. Auch in den Gewässern Landwehrbach, Roßbach, und Hörder Bach konnte im Rahmen der Erfolgskontrolle die Vermehrung der Groppen nachgewiesen werden, heißt es seitens der Emschergenossenschaft.

Emschergroppe wurde inzwischen bereits im Oberlauf der Emscher nachgewiesen

Ja selbst in der Emscher – genauer in dessen Oberlauf in Dortmund – wurden die Groppen inzwischen nachgewiesen. Bereits im Juni 2015 wurden diese „echten“ Emschergroppen entdeckt – erwachsene Tiere ebenso wie Jungtiere. Die Hoffnung ist groß, dass sich die Fische im renaturierten Emschersystem weiter ausbreiten. Wenn man so will, hat also ein Teil der erneuten Besiedlung der Flüsse und Bäche ihren Ausgangspunkt in Kirchhellen. Zum internationalen Tag des Fisches am kommenden Sonntag also eine gute Nachricht.

Wobei: Die Emschergroppe ist selbstverständlich nicht das einzige Tier, das den renaturierten Emscherraum mit all seien Nebenflüssen neu für sich entdeckt hat – ob jetzt im Wasser oder im Uferbereich. „Der Emscher-Umbau mit der Revitalisierung eines ganzen Flusssystems ist der größte Beitrag zur Steigerung der Artenvielfalt in der Region“, sagt Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.

Zahl der wirbellosen Flussbewohner hat sich seit 1990 verdreifacht

Muscheln, Schnecken, Feuersalamander, Kreuzkröten und viele andere Tiere wie die Gebirgsstelze und der Eisvogel sind in den vergangenen Jahren an die Emscher und ihre Nebenläufe zurückgekehrt, berichtet die Emschergenossenschaft. Die Zahl der wirbellosen Flussbewohner habe sich seit 1990 verdreifacht, heißt es in einer Veröffentlichung der Genossenschaft zum Tag der Artenvielfalt im vergangenen Jahr. „Wasserwirtschaft ist ein wichtiger Faktor beim Erhalt der Artenvielfalt. Wir leisten mit unseren Maßnahmen einen aktiven Beitrag zur Biodiversität in unserer Region“, sagt Paetzel.

Letzter Schritt zur abwasserfreien Emscher

Am Freitag, 20. August, geht das neue Pumpwerk der Emscher in Oberhausen in Betrieb. Zu den prominenten Gästen bei der Eröffnung gehört auch NRW-Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet. Das Pumpwerk ist – wie auch das Pumpwerk in Bottrop – eines der Herzstücke des neuen unterirdischen Abwasserkanals Emscher. Hier wird das Abwasser hochgepumpt, damit der Kanal dann weiter Gefälle zur Mündung nach Dinslaken aufweist.

Ohne die Pumpwerke zwischendurch wäre das Gefälle von Dortmund bis Dinslaken nicht zu bewältigen gewesen. Theoretisch wäre der Abwasserkanal dann weiter unter dem Klärwerk Emschermündung und der Mündung in den Rhein ausgekommen. Bis Ende des Jahres soll der Kanal vollständig in Betrieb sein und kein Abwasser mehr in die Emscher und ihre Nebenflüsse eingeleitet werden.