Bottrop. Die Stadt Bottrop wollte die Blumenhändler vom Wochenmarkt ab sofort verbannen. Der Protest war groß. Am Dienstag kam nun doch das Umdenken.
Ab sofort dürfen auf den Bottroper Wochenmärkten nur noch Lebensmittel verkauft werden. Das hat der Fachbereich Recht und Ordnung mit Verweis auf die Bundesnotbremse verfügt. Das heißt: Textilien- und Haushaltswarenstände dürfen nicht mehr aufgebaut werden. Und ausgerechnet in der Woche vor Muttertag dürfen Blumenhändler auf den Märkten nicht mehr verkaufen. Blumenläden und Gartenmärkte dagegen dürfen geöffnet bleiben. „Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz“, sagt die Münchener Rechtsanwältin Patricia Lotz und kündigt eine Klage an.
+++ Update: Stadt Bottrop lenkt ein: Mittwoch doch Blumen auf dem Markt +++
Patricia Lotz’ Eltern betreiben eine Gärtnerei in Schermbeck und zählten schon im vergangenen Frühjahr zu den Corona-Verlierern. Kräuter und Gemüsepflanzen durften sie verkaufen, Topfpflanzen nicht. Zwar gab das Land bald eine Ausnahmegenehmigung für Zierpflanzen.
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Dennoch musste Familie Lotz damals einen großen Teil ihrer Waren vernichten, erinnert sich Patricia Lotz: An ihrer Gärtnerei haben sie keinen Blumenverkauf, und auf die Wochenmärkte in Bottrop und Dorsten durften sie erst wieder, nachdem die Bürger schon ihren Bedarf aus den Gartencentern geholt hatten. Genau das droht sich jetzt zu wiederholen. Nicht nur, dass Sonntag Muttertag ist: Nach dem viel zu kalten April starten jetzt die Hobbygärtner in die Balkon- und Gartensaison. Und wieder sind die Blumenhändler auf den Wochenmärkten nicht dabei.
Stadt Bottrop: „Wir haben keinen Spielraum“
Paragraf 28b der Bundesnotbremse zählt auf, welche Händler öffnen dürfen, und nennt dabei Blumenfachgeschäfte und Gartenmärkte. Von Wochenmärkten ist nicht die Rede. Bundes- und Landesgesundheitsministerium haben sich dennoch festgelegt: Auf Wochenmärkten dürften nur noch Lebensmittel verkauft werden.
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„Vor diesem Hintergrund haben wir überhaupt keinen Spielraum“, sagt Stadt-Sprecher Ulrich Schulze. „Die Inzidenz liegt über 100, also greift die Bundesnotbremse. Und die Ansage aus Berlin und Düsseldorf ist eindeutig: Nur noch Lebensmittel auf den Wochenmärkten.“ Also habe der Fachbereich Recht und Ordnung am Freitag eine entsprechende Verfügung herausgegeben und das den Markthändlern auch mitgeteilt. Keine Nutzpflanzen, keine Zierpflanzen, keine Gemüsejungpflanzen. Aber Gemüse sind doch Lebensmittel? Ja, aber Jungpflanzen seien „nicht verzehrfertig“.
Auslegung des Gesetzes zum Nachteil der Gärtnereien auf dem Bottroper Markt
„Letztendlich ist dies eine Auslegung des Gesetzestextes zum Nachteil der Gärtnereien, die ausschließlich auf Wochenmärkten vertreiben“, sagt Patricia Lotz und spricht von einer Ungleichbehandlung, die weder nachvollziehbar noch berechtigt sei. „Es ist nicht ersichtlich, welche höhere Ansteckungsgefahr bei dem Verkauf von Zier- und Nutzpflanzen unter freien Himmel besteht im Vergleich zu teils sehr kleinen Blumenfachgeschäften und den Gartencentern, die häufig Baumärkten angeschlossen sind.“
Am Ende werde es auf einen Prozess herauslaufen, sagt die Anwältin. Dann ist der Schaden aber schon angerichtet. Die Schnittblumenhändler haben schon eingekauft für den Absatzturbo Muttertag und bleiben jetzt ebenso auf ihrer Ware sitzen wie die Gärtnerei Lotz, die seit Wochen ihre Jungpflanzen im beheizten Treibhaus aufgepäppelt haben, damit sie zum Start in den Wonnemonat reif für Balkon und Garten sind.
Muttertagsgeschäft auf dem Markt ist nicht mehr zu retten
Selbst ein sofortiges Sinken der Inzidenz kann den Markthändlern das Geschäft mit den Muttertagsblumen nicht mehr retten. Für Lockerungen der Bundesnotbremse gelten nämlich schärfere Regeln als beim Anziehen.
So heißt es im Infektionsschutzgesetz: „Unterschreitet (...) in einer an fünf aufeinander folgenden Werktagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100, so treten an dem übernächsten Tag die Maßnahmen außer Kraft.“ Eine Lockerung braucht also sieben Tage Vorlauf.