Bottrop. Wer geimpft oder genesen ist, darf ohne Test einkaufen und zum Friseur. Das sagt der Handel zu der neuen Regel und so viele Bottroper profitieren

Wer vollständig geimpft ist oder aber eine Corona-Infektion überstanden hat, der darf in NRW nun einkaufen oder zum Friseur gehen, ohne vorher einen negativen Corona-Test vorlegen zu müssen. Das Land hat eine entsprechende Verordnung erlassen, seit Montag ist sie in Kraft. Das bedeutet aber auch, dass Handel und Dienstleister bei den Kontrollen teils umdenken müssen.

Trotzdem: Für den Einzelhandelsverband sei diese Gleichstellung von Geimpften, Genesenen und Getesteten ein ganz wichtiger Schritt, sagt Markus Richter, Geschäftsführer des Handelsverbands NRW, Westfalen-West. In dessen Beritt trifft die Regelung erst einmal nur auf Bottrop zu. Denn in Gladbeck und Gelsenkirchen liegt die Wocheninzidenz über 150. In dem Fall kann man lediglich am Laden vorher bestellte Dinge abholen.

Auch interessant

Shoppen mit Test – davon profitieren vor allem hochwertige Anbieter

Was man beim Handelsverband beobachtet hat: „Die Resonanz darauf, nach einem Test ,Click and Meet’ in Anspruch zu nehmen, ist zweigeteilt. Vor allem Anbieter hochwertiger Waren profitierten, da sind die Kunden eher bereit, sich vor dem Einkauf testen zu lassen.“ Möbelhändler oder Juweliere würden beispielsweise eher damit klar kommen als Modeanbieter. In dem Bereich sei die Bereitschaft für einen vorherigen Test eher gering.

Dass der Aufwand aktuell für den Handel bei der Kontrolle noch etwas größer sei, sei allen bewusst, sagt Richter. Doch zunächst einmal sei die Zahl derjenigen, die tatsächlich nach diesen Regeln einkaufen dürfen, noch verhältnismäßig gering. Tatsächlich weist die Statistik laut der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe 9148 Zweitimpfungen für Bottrop aus, die mindestens 14 Tage zurückliegen. Denn nur dann gilt der Impfausweis quasi als Eintrittskarte für Handel und Dienstleistungen. In der Zahl sind auch 1244 Krankenhaus-Mitarbeiter enthalten, die in einer der Bottroper Kliniken geimpft wurden, ja aber nicht zwangsläufig auch in der Stadt wohnen und einkaufen.

Bottroper Einzelhändler müssen die neuen Regeln kontrollieren

Der Einzelhändler muss dann nicht nur kontrollieren, ob die vollständige Impfung tatsächlich schon 14 Tage zurück liegt, sondern auch darauf achten, mit welchem Impfstoff der Kunde immunisiert wurde. So reicht ja bei dem Präparat von Johnson und Johnson eine Impfung, alle anderen müssen zweimal verabreicht werden, erst dann gilt man als vollständig geimpft.

Auch interessant

Ebenfalls wichtig: Die Regel gilt nur für in der EU zugelassene Impfstoffe. Für den ungewöhnlichen Fall, dass jemand eine Immunisierung mit dem russischen Stoff Sputnik V vorweisen könnte, gilt: Wegen der fehlenden EU-Zulassung muss hier ein negativer Coronatest vorgelegt werden, nicht älter als 24 Stunden – wie bei allen nicht Geimpften und nicht Genesenen auch.

Handelsverband geht davon aus, dass sich Kontrollen einspielen werden

Denn: Auch wer als Genesen gilt, darf ohne Test einkaufen oder zum Friseur gehen. Nachweisen kann er das mit einem positiven PCR- oder gleichwertigen Test, der älter sein muss als 28 Tage. Dann gilt man als genesen und nicht mehr ansteckend. Weitere Bedingung: Der Test darf nicht älter als sechs Monate sein. Schaut man nun in die Zahlen des Landeszentrums Gesundheit, dann erfüllen – Stand Montag – gut 3500 Bottroper diese Voraussetzung.

Doch die Zahl derjenigen, die vollständig geimpft oder genesen seien, werde ja immer weiter steigen, so Richter. Derzeit sei es vielleicht noch eher die Ausnahme – und mit Blick auf die Altersgruppe, die durchgeimpft ist, seien es vielleicht auch nicht gerade diejenigen, die jetzt die Läden stürmen. Doch es werde besser. Und bis dahin hätten sich auch die entsprechenden Kontrollen eingespielt, so Richters Überzeugung.

Bottroper Friseurmeisterin begrüßt die neuen Lockerungen

Friseurmeisterin Heike Ingendoh begrüßt die neuen Lockerungen ebenfalls. Gerade für die ältere Kundschaft sei es zuletzt oft ein Problem gewesen, vor dem Friseurbesuch noch den geforderten Corona-Test zu machen – und zu organisieren. „Teilweise habe ich für ältere Kunden über mein Handy probiert, Termine zum Testen zu machen“, erzählt das Vorstandsmitglied der Friseur-Innung Emscher-Lippe-West. Erstaunlicherweise hätten allerdings auch ein paar jüngere Kunden gesagt: Wenn jetzt zum Friseurteam ein negatives Testergebnis vorgelegt werden muss, komme ich erst einmal nicht. Die Menschen seien so genervt von der ganzen Corona-Situation, dass sie erst einmal blockieren, glaubt Ingendoh. „Sie haben das Gefühl, es kommt immer noch eine Schippe drauf.“ Die Friseurin hofft aber auf einen Gewöhnungseffekt, was die neuen Regeln angeht.

Auch interessant

Dass vollständig Geimpfte zu ihrem vorher ausgemachten Termin nur noch ihren Impfpass vorlegen müssen, sei nun eben vor allem für die älteren Stammkundinnen von Vorteil. „Bei meinen Kunden haben bestimmt 95 Prozent der über 80-Jährigen schon die zweite Impfung erhalten, und die über 70-Jährigen sind auch bald durch.“ Dazu kommen jüngere Menschen mit Berufen aus dem medizinischen oder sozialen Bereich, die bereits immunisiert wurden.

Händler müssen sich auf verantwortungsvolles Handeln der Kunden verlassen

Die Kontrolle der verschiedenen Papiere hält Ingendoh nicht für viel aufwändiger als den aktuell notwendigen sorgfältigen Blick aufs Testergebnis. Ohne entsprechende Papiere werde indes niemand hineingelassen. „Bei Stammkunden, die jede Woche kommen, wird aber eine einmalige Kontrolle reichen. Sie müssen nicht jedes Mal ihren Impfausweis mitbringen.“

Ein Problem sieht die Bottroperin allerdings schon: „Wenn einer mit einem gefälschten Teil ankommt, kann ich das nicht kontrollieren.“ Sie verlasse sich da aber auf das verantwortungsvolle Handeln ihrer Stammkunden.

Stadt Bottrop muss Einhaltung der Regeln überwachen

Die Einhaltung der neuen Regeln muss die Stadt überwachen, und da in erster Linie der Kommunale Ordnungsdienst. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhielten nun die entsprechende Einweisung, sagt der Sprecher des Krisenstabs, Ulrich Schulze. Bei entsprechenden Kontrollen stehe nun auch zunächst die entsprechende Aufklärung im Vordergrund, nicht sofort die Sanktion.

Regelung an Schulen

Auch Schülerinnen und Schüler, die eine Corona-Infektion überstanden haben, müssen sich nicht länger morgens einem der verpflichtenden Tests unterziehen. Auch sie können mit einem PCR- oder gleichwertigen Test, der älter als 28 Tage und jünger als sechs Monate ist, nachweisen, dass sie die Infektion überstanden haben.

Die Schülerinnen und Schüler sind in dem Fall mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, die getestet sind, gleichgestellt. Gleiches gilt für Lehrerinnen und Lehrer, die genesen oder komplett geimpft sind. Das geht aus der aktuellen Coronabetreuungsverordnung des Landes hervor, die seit dem 3. Mai gilt.

An den Schulen jedoch war diese Information bis zum frühen Nachmittag von offizieller Seite noch gar nicht angekommen. Markus Reuter, Schulleiter der Willy-Brandt-Gesamtschule, erfuhr durch die Lokalredaktion von den Änderungen der Verordnung. Die Tests liefen an seiner Schule inzwischen routiniert ab. Nun Schüler, die eine Immunisierung durchlaufen haben, dort wieder herauszunehmen, sei „ein gewisser Aufwand“.

Gleichzeitig weist Reuter darauf hin, dass Lehrerinnen und Lehrer an weiterführenden Schulen – anders als an Grund- oder Förderschulen – noch nicht geimpft würden.