Bochum. . Nach einer rätselhaften Brandserie in einem Mehrfamilienhaus in Bochum-Hamme steht seit Mittwoch eine 47-jährige Bewohnerin vor Gericht. Sieben Mal hatte es in nur wenigen Wochen in dem Haus gebrannt. Ihr drohen eine lange Gefängnisstrafe und auch die Einweisung in eine forensische Psychiatrie.

Wochenlang hatte im Mai und Juni eine Brandserie die Bewohner eines Mehrfamilienhauses an der Reichsstraße und auch die Feuerwehr in Atem gehalten. Dafür verantwortlich soll eine 47-jährige Bewohnerin des Hauses sein. Seit Mittwoch steht sie vor dem Landgericht. Dort macht sie aber vom Schweigerecht Gebrauch.

Die Brandserie im Stadtteil Hamme war ebenso rätselhaft wie lebensgefährlich. Sieben Mal hatte es zwischen dem 11. Mai und dem 8. Juni in dem Mehrfamilienhaus in unterschiedlichem Ausmaß gebrannt: dreimal im Keller, zweimal in der Wohnung des Sohnes (26) der Angeklagten, einmal im Hausflur (Mülltonnen) und einmal auf dem Dachboden. Der schwerste Brand war der letzte: Dort war an jenem Freitagnachmittag ein Laken im Wohn-Schlafzimmer des zu dieser Zeit abwesenden Sohnes in einem Obergeschoss in Brand geraten: Die ganze Wohnung wurde zerstört, wegen der enormen Hitze platzte sogar eine Fensterscheibe. „Eigentlich“, hatte ein Feuerwehrsprecher damals nach Brand Nr. 6 gesagt, „könnten wir den Hydranten und unsere Schläuche gleich vor Ort lassen.“ Er sollte Recht behalten.

Angst unter den Bewohnern

Sechs Verletzte gab es bei der Brandserie. „Richtig Angst“ hatte damals auch die jetzt Angeklagte, eine arbeitslose, mit ihren zwei Katzen allein lebende geschiedene Frau. „Ich suche mir eine neue Wohnung“, sagte sie der WAZ nach einem der Brände. „Das muss jemand sein, der einen Schlüssel hat. Unser Keller ist schließlich immer abgeschlossen.“ Noch nach dem letzten Brand, als die Feuerwehr noch im Einsatz war, meinte sie zur WAZ: „Ich zieh’ aus.“ Wenige Stunden später wurde sie festgenommen.

Die Angeklagte neben ihrem Verteidiger Egbert Schenkel beim Prozessauftakt.
Die Angeklagte neben ihrem Verteidiger Egbert Schenkel beim Prozessauftakt. © WAZ FotoPool

Nach dem sechsten Brand hatte die Kripo heimlich Kameras in dem Haus installiert. Diese schauten sich die Beamten nach Brand Nr. 7 sofort an. „Aufgrund der Kamera-Auswertungen kann es niemand anders gewesen sein“, sagte ein Polizeisprecher nachher. Die Frau sitzt seitdem in U-Haft.

Verteidiger hat „erhebliche Zweifel“ an der Verwertbarkeit des Teilgeständnisses

In der Anklage von Staatsanwalt Dieter Justinsky stehen jetzt nur zwei der sieben Brände, die besonders gefährlichen in den Wohnung des Sohnes und auf dem Dachboden. „In beiden Fällen ist die Angeklagte davon ausgegangen, dass die Brände auf wesentliche Gebäudeteile übergreifen können“, heißt es.

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Bei der Vernehmung und der Haftrichterin hatte die 47-Jährige ein Teilgeständnis abgelegt. Das soll nach Ansicht ihres Verteidigers Egbert Schenkel jetzt aber nicht verwertbar sein, wie er zum Prozessauftakt vor der 1. Strafkammer sagte. Er habe „erhebliche Zweifel“, ob seine Mandantin richtig belehrt worden sei und ob sie die Belehrung und auch die Tragweite ihrer Angaben richtig verstanden habe. Das Gericht wird später darüber entscheiden.

Schweigen zum Prozessauftakt

Zum Prozessauftakt schwieg die Angeklagte. Wohl sagte aber ihre Betreuerin (44) aus; sie kümmert sich um finanzielle und organisatorische Belange wie etwa das Arbeitslosengeld und die GEZ-Befreiung. Als sie in der WAZ von der Festnahme der Angeklagten erfahren habe, sei sie „aus allen Wolken gefallen“. Sie sei stets „freundlich, kooperativ und unproblematisch“ gewesen. In der U-Haft hatte sie die Beschuldigte, die Medikamente gegen Depressionen nahm, auch noch einmal besucht. Dort habe diese erklärt, dass sie bei der Haftrichterin nur gestanden habe, „damit man sie in Ruhe lässt“. „Ich habe es nicht gemacht“, zitierte die Zeugin die Angeklagte.

Ihr droht eine mehrjährige Haftstrafe und/oder eine Einweisung in eine forensische Psychiatrie. Mehrere Gutachter begleiten die Hauptverhandlung.

Zwischenzeitlich war damals auch ihr Sohn als Verdächtiger festgenommen worden. Der WAZ sagte die Frau nachher aber, dass er „es wirklich nicht gewesen“ sei. Der Prozess wird fortgesetzt.