Bochum. Die Bezahlkarte soll Missbrauch von Asylbewerberleistungen eindämmen. In Bochum stimmt der Rat über die Karteneinführung ab. Es hagelt Kritik.
Bundesweit soll eine Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt werden; u.a. um den Missbrauch von Asylbewerberleistungen einzudämmen. In NRW könnte es darauf hinauslaufen, dass jede Kommune selbst entscheidet, ob sie bei der Versorgung von Asylbewerbern die Karten nutzen will. Zahlreiche Hilfsorganisationen und Ehrenamtliche in Bochum sprechen sich strikt dagegen aus.
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Insgesamt 33 Organisationen, Wohlfahrtsverbände und Initiativen haben einen entsprechenden offenen Brief an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), Sozialdezernentin Britta Anger und an alle Mitglieder des Rats unterzeichnet. Es sei eine „Fehlannahme“, heißt es darin, dass die Bezahlkarte zu weniger Verwaltungsaufwand in den Kommunen führe. Das Gegenteil sei der Fall. Falsch sei auch die Annahme, die Karte sei das richtige Instrument, um vermeintliche Fehlanreize für Asylsuchende zu minimieren. Die Migrationsforschung habe bewiesen, dass Flüchtlinge nicht aus ökonomischen Gründen ihre Heimat verlassen.
Kritik an der Bezahlkarte: Sie macht Migranten zu Menschen zweiter Klasse
„Insgesamt würde die Bezahlkarte die gesellschaftliche Teilhabe und damit die Integration geflüchteter Menschen in Bochum erheblich einschränken und somit konträr zum Ziel der Bochum Strategie stehen, ein Leben ohne Diskriminierungen für alle Menschen zu ermöglichen“, heißt es in dem offenen Brief. Geflüchteten würde im Alltag vermittelt, „nur Menschen zweiter Klasse zu sein“. Die Mitglieder des Rats sollten sich daher gegen eine Bezahlkarte aussprechen und sich auf Landesebene gegen eine NRW-weite, verpflichtende Einführung einsetzen, so die Forderung.
Die Liste der Unterzeichner des Briefs reicht vom Initiativkreis Flüchtlingsarbeit über Caritas und Verdi bis zur Seebrücke Bochum.
FDP fordert zügige Einführung der Bezahlkarte
Hintergrund für das Schreiben ist, so Carla Scheytt vom Initiativkreis Flüchtlingsarbeit, ein Antrag, über den in der nächsten Sitzung des Rats am Donnerstag, 14. März, entschieden werden soll. Die FDP-Fraktion spricht sich darin für eine zügige Einführung der Bezahlkarte für Asylleistungen aus.
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„Die Vorteile einer Bezahlkarte sind vielfältig“, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Luisa-Maximiliane Pischel. „Wir verringern den Verwaltungsaufwand erheblich, da die Menschen nicht mehr persönlich bei der Stadt erscheinen müssen, um ihre Geldleistungen abzuholen. Zudem kann mit diesem einfachen, transparenten System ein Missbrauch der Geldleistungen verhindert werden. Einen Abbau der Bürokratie sowie eine Vereinfachung zu erreichen, wäre ein starkes Signal. Auch in Bochum sollen wir Problemlöser und nicht Verhinderer sein.“
Einige Revier-Städte zeigen sich kritisch
Kritiker sehen das anders. Und verweisen darauf, dass andere Städte, so wie etwa Dortmund, sich kritisch mit der Einführung der Bezahlkarte auseinandersetzen. In Duisburg hatte sich der Stadtrat bereits dagegen ausgesprochen. Allerdings nicht, weil er deren Einführung ablehnt, sondern weil er auf eine einheitliche Regelung in NRW pocht. Die Fraktion Frieden, Arbeit und soziale Gerechtigkeit stellt derweil den Antrag, zunächst „eine realistische Einschätzung“ zum Personalaufwand und zu den Kosten für die Einführung der Bezahlkarte vorzulegen.
Stadtverwaltung Bochum wartet noch ab
Abwartend, aber nicht grundsätzlich ablehnend hat sich bislang die Stadtverwaltung Bochum geäußert. Sie verfolge die Entwicklungen intensiv durch Teilnahmen an Sitzungen des Städtetags, heißt es in einer Mitteilung. Außerdem sei sie im Austausch mit Kommunen, die die Bezahlkarte bereits eingeführt haben. Der Städtetag NRW habe „eine landeseinheitliche Einführung als zielführend“ bezeichnet.
Aus Sicht der Bochumer Stadtverwaltung kann die Einführung hilfreich sein, „wenn sichergestellt ist, dass die Bezahlkarte bundesweit gilt und Kleinbeträge an Nutzer in vielen Geschäften ausgezahlt werden können“. Sie begrüße die Bezahlkarte insofern, „als dass dadurch die Diskussion über die Ausgabe von Sachleistungen abgelöst wurde“. Eine regelmäßige Versorgung mit Lebensmitteln, Kleidung und anderen Artikeln des täglichen Bedarfs würde die Verwaltung an eine Belastungsgrenze führen.