Gelsenkirchen. Beim Streitthema „Bezahlkarte für Schutzsuchende“ wählt Gelsenkirchen keinen individuellen Weg. Was die Verwaltung plant.

Es ist eine Diskussion, die schon seit der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes 1993 immer wieder aufgekommen ist: Sollten Schutzsuchende in Deutschland eher Bargeld oder Sachleistungen bekommen? Im Grunde scheint diese Frage mit der geplanten Bezahlkarte, die in der zweiten Jahreshälfte in ganz Deutschland kommen soll, abgehakt. Doch der Teufel steckt im Detail. Denn die Einführung der Bezahlkarte ist den Städten freigestellt – zumindest in NRW.

Bezahlkarte: Gelsenkirchen macht keinen Alleingang, wartet auf endgültige Einheitslösung

Die Gelsenkirchener Bündnisgrünen hatten für die Sitzung des Ausschusses für Soziales und Arbeit (ASA) einen Fragenkatalog zur Bezahlkarte eingereicht. Denn die NRW-Staatskanzlei hatte zuletzt überraschend bekannt gegeben, dass das Land keine Übernahme der Kosten plane, die den Kommunen mit der Einführung der Bezahlkarte entstünden. Der Opposition ging es darum, abzuklären, wie sich Gelsenkirchen positioniert, und wie die Verwaltung die Ausgestaltung der Kartenoptionen vorstellt.

Hamburg und Hannover haben die Bezahlkarte bereits, Duisburg hat sich jüngst gegen eine Einführung im Alleingang ausgesprochen. In Thüringen haben bereits elf von 22 Landkreisen die Bezahlkarte eingeführt, Bayern startet mit Modellregionen im März.

Und Gelsenkirchen? Folgt „der Empfehlung des Deutschen Städtetages“, abzuwarten, „bis eine endgültige bundeseinheitliche Regelung getroffen wird“, wie Sozialdezernentin Andrea Henze erklärte. Anfang März wollen dazu die Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer neuen Bund-Länder-Runde zur Flüchtlingspolitik zusammenkommen.

Städtetag-Vertreter im Gelsenkirchener Sozialausschuss warnt vor vorschnellen „Insellösungen“

Bestärkt in ihrer abwartenden Haltung hat die Stadt der Vortrag von Stefan Hahn im Hans-Sachs-Haus. Er ist Leiter des Dezernats Arbeit, Jugend, Gesundheit und Soziales beim Deutschen Städtetag, also ganz nach dran an den Gesprächen auf Regierungsebene. Er warnte vor vorschnellen „Insellösungen“ mit Blick auf den weggefallenen „Anschlusszwang“ für Kommunen und skizzierte zugleich die Schwierigkeiten, die mit der Einführung der Bezahlkarte verbunden seien. „Je nach politischer Couleur gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, was die Karte können und welchen Rechtsrahmen sie abdecken soll“, berichtete Hahn dem Gremium.

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Grundsätzlich sollen bundesweit die maximal 410 Euro pro Monat nach dem Asylbewerberleistungsgesetz weitgehend nicht mehr in bar ausgezahlt werden, sondern auf eine guthaben-basierte Karte mit Debit-Funktion übertragen werden. Uneinigkeit herrsche aber beispielsweise in der Frage, wie viel Bargeld mit der Karte abgehoben werden soll oder welchen Personenkreis ihre Nutzung umfasse. Hahn geht mit einer Einführung der Bezahlkarte in der Fläche daher „nicht mehr in 2024“ aus. Frühestens im dritten Quartal 2024 sei mit dem Zuschlag für einen Kartenanbieter zu rechnen.

Mit der Karte soll unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper oder Familien und Freunde im Ausland überweisen. Auch soll der bürokratische Aufwand vermindert werden. Sozialdezernentin Andrea Henze konnte „keine seriösen Aussagen zum Kosten- und Personalaufwand treffen“. Ihr zufolge ist ein Team von acht Vollzeitkräften bei der Stadt mit den Zuwendungen für Schutzsuchende eingebunden.