Bochum. Zwischen Bermudadreieck und Zentrum von Bochum soll ein Neubau entstehen. Lange wurde geplant, jetzt ist eine Entscheidung gefallen.
Husemann-Karree, Haus des Wissens, Sparkassen-Neubau und Cityturm. Die Innenstadt von Bochum bekommt an vielen Ecken ein neues Gesicht. Auch an einer weiteren markanten Stelle – am Übergang von der City zum Bermudadreieck – ist der Wandel eingeleitet. Aber das dort geplante Millionen-Bauprojekt ist geplatzt.
Investor verabschiedet sich vom ehrgeizigen Bauprojekt
„Wir haben bis zuletzt gekämpft, aber uns nun schweren Herzens von dem Projekt verabschiedet“, sagt Dr. Bodo Brandts. Der Mediziner und seine Familie hatten 2019 erst eines und später ein zweites Grundstück im Dreieck Südring/Luisenstraße/Hellweg gekauft und dort den Bau eines sechsgeschossigen Gebäudes für Einzelhandel, Büros und Wohnungen geplant. Auf mehr als 10.000 Quadratmeter Nutzfläche sollten u.a. ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) sowie ein Referenzzentrum für Aus- und Weiterbildung entstehen. Darüber hinaus sollte die Verwaltung eines in Hessen ansässigen Unternehmens einziehen: Die LBF Technik GmbH aus Lauterbach, geleitet von Bodo Brandts Bruder Dirk Brandts, bedient mit ihren Blechprodukten u. a. Konzerne aus den Bereich Maschinenbau und Chemie. Von einer Investition in Höhe von etwa zehn Millionen Euro war da Rede.
Vier Jahre nach Vorstellung der ersten Pläne kommt nun das Aus. „Der intensive Austausch mit Investoren hat ergeben, dass sich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen kein wirtschaftlich tragbares Konzept darstellen lässt“, so Dr. Brandts. Die Baukosten hätten sich mittlerweile beinahe verdoppelt. Daraus resultierende Kaltmieten von 25 Euro je Quadratmeter seien fern jeder Realität. Zum Vergleich: Mieten für moderne Büroflächen in bester Bochumer Lage, und eine solche ist der Südring, liegen derzeit zwischen 16 und 17 Euro je Quadratmeter.
Investor Brandts gibt das Neubauprojekt in Bochum auf
„Keiner unserer Gesprächspartner und professionellen Berater rechnet damit, dass sich die Rahmenbedingungen in absehbarer Zeit ändern“, so der Investor. Deshalb haben sich er und seine Familie schweren Herzens dazu entschlossen, die Pläne für einen Neubau an dieser Stelle aufzugeben. Dies habe er auch der Stadt mitgeteilt. Grundsätzlich würden sie aber an ihren Überlegungen festhalten. Brandts: „Wir werden jetzt erst einmal die Entwicklung in den nächsten ein, zwei Jahren beobachten.“
.Es ist nicht das erste große Bauprojekt in Bochum, das der Marktentwicklung zum Opfer gefallen ist. Vor einigen Monaten hat die Industrie- und Handelskammer Mittleres Gebiet ihre Pläne aufgegeben, den Standort am Ostring zu verlassen und im Westpark neu zu bauen. Die Begründung: zu teuer.
Grundstück geht zurück an die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bochum
Mit der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (WEG) wird Brandts nun Gespräche über eine Rückgabe des vorderen Grundstücks führen, auf dem ein Pavillon steht, in dem bis 2018 der Apple-Händler Gravis eine Filiale betrieben hat. Dies hatte der Mediziner einst von der WEG mit der Maßgabe erworben, innerhalb einer bestimmten Frist sein Neubauprojekt umzusetzen. Später hatte er dann auch noch das daneben liegende Grundstück samt Immobilie erworben. „Das war noch vor Corona.“ Die Mieter dort — u.a. eine Gastronomin, ein Friseur und eine Fahrschule — mussten ausziehen. Mieteinnahmen gibt es daher schon seit geraumer Zeit nicht.
Nun ist ein Schlussstrich gezogen und damit eine der letzten lukrativen Entwicklungsflächen in der Innenstadt von Bochum plötzlich wieder zu haben. Wie lange dieser Schwebezustand herrschen wird, ist ungewiss. Der WEG jedenfalls ist daran gelegen, möglichst schnell eine Lösung zu finden.
Gespräche mit Investoren im neuen Jahr
„Wir werden Anfang des nächsten Jahres Gespräche mit möglichen Investoren und Nutzern aufnehmen“, sagt WEG-Geschäftsführer Rouven Beeck. Trotz des aktuell schwierigen Marktumfelds mit stark steigenden Baupreisen und Zinsen ist er durchaus zuversichtlich: „Es besteht bei Investoren weiter ein großes Interesse an Bochum.“ Auch die Rückabwicklung des Grundstückskaufs müsse erledigt werden. Abzuwarten bleibe, ob es am Ende zu einer gemeinsamen Vermarktung und Nutzung beider Grundstücke kommt oder ob es separate Lösungen geben wird.
Ein Bebauungsplan existiert für das betreffende Areal nicht. Projekte müssen sich an der Bebauung in der Umgebung orientieren. Daher kommen Büros, Gastro-Betriebe, Einzelhandel und möglicherweise auch Wohnungen in Frage. „Unser Ziel ist es, dort etwas Vernünftiges hinzubekommen“, sagt Rouven Beeck. Dies solle aber auch mit einer gewissen Geschwindigkeit erfolgen, damit die Immobilien „nicht noch drei Jahre leer stehen.“
Quadratmeterpreis liegt bei mindestens 1400 Euro
Investoren müssen sich auf einen ansehnlichen Kaufpreis einstellen. Denn: Der Bodenrichtwert an der Stelle liegt bei 1400 Euro je Quadratmeter. Der Marktpreis dürfte darüber liegen und wird voraussichtlich auch nicht durch die Tatsache geschmälert, dass noch darauf stehende Gebäude abgerissen werden müssen. Zu attraktiv ist die Lage innerhalb des Cityrings – nur wenige Hundert Meter entfernt vom Hauptbahnhof, dem Bermudadreieck und auf absehbare Zeit – auch dem Citytower, in dem u. a. ein Hotel betrieben werden wird.