Bochum. In bester Innenstadtlage in Bochum ist ein sechsgeschossiger Bürokomplex geplant. Dafür müssen Bestandsgebäude weichen -- und zuvor deren Mieter.
Es ist ein buchstäblich ein riesiges Projekt. In einer der besten Innenstadtlagen von Bochum, am Südring kaum einen Steinwurf vom Hauptbahnhof entfernt, soll ein Bürogebäude mit einer Verkehrsfläche von etwa 10.000 Quadratmeter entstehen. Die Investitionssumme: etwa zehn Millionen Euro. Bevor aber neu gebaut werden kann, müssen die Bestandsgebäude weichen. Und das könnte noch dauern.
Denn nicht alle Mieter sind glücklich über ihre Kündigung. Absender ist die Immobilienverwaltung des neuen Eigentümers, des Bochumer Mediziners Prof. Bodo Brandts. "Erst hieß es, er wolle das Gespräch mit den Mietern suchen", erinnert sich Julia Gagg, Inhaberin des Möbel- und Desingladens Riccio im Innenhof eines der beiden markanten Gebäude zwischen Südring und Hellweg. "Dann kam plötzlich die schriftliche Kündigung zum September. Dabei läuft unser Mietvertrag noch bis 2021."
Angebot: Keine Miete bis September
Auch einer ihrer Nachbarn ist nicht glücklich über den drohenden Auszug. Kazem Komijani hat vor vier Jahren seinen Laden aufgebaut, hat Geld in die Innenausstattung gesteckt und soll jetzt -- trotz eines mit dem Vorbesitzer geschlossenen, unbefristeten Mietvertrags weichen. "Das ist nicht menschlich", klagt der 59-Jährige. Wie das Riccio und wohl auch einige andere Läden liegt ihm das Angebot vor, bis zum September miet- und nebenkostenfrei noch in seinem Laden zu bleiben. "Aber wo soll ich dann hin?", fragt der Friseur. Gerne würde er in dem Umgebung einen kleinen Laden mieten. Aber den muss er erst mal finden. Und bezahlen können.
Genau das ist wohl eines der Hauptprobleme. Die bisherige Mieter in dem zweistöckigen Gebäude, das bis vor kurzem einer Bochumer Familie gehörte, "war nicht sehr hoch", so Julia Gagg. Dafür sei in der Umgebung nicht annähernd etwas zu finden. "Wir haben allen Mietern Alternativen vorgeschlagen", sagt Rouven Beeck, Geschäftsführer der Bochum Wirtschaftsentwicklung, die selbst einen Teil des Komplexes, den früheren Gravis-Pavillon, an Prof. Brandts verkauft hat. "Aber wir können nur das vermitteln was der Markt hergibt."
Einige Mieter sind bereits ausgezogen
Einige Ladeninhaber sind schon raus. So etwa ein Laden für Babyausstattung. Und auch das koreanische Lokal "Kimbap Spot" ist weg und wird demnächst am Ostring 22 öffnen. "Leider müssen die kleinen Dinge für die großen weichen", hat offenbar Inhaberin Kyung Ah Meiers auf das Ladenfenster geschrieben.
So leicht will sich Julia Gagg aber nicht geschlagen geben. Sie ärgert sich nicht nur darüber, dass sie trotz eines gültigen Mietvertrags vorzeitig ausziehen soll, und über die Schwierigkeiten, ein neues Ladenlokal zu finden. Auch die Art und Weise der Kommunikation sei "ärgerlich".
Eigentümer versucht die Wogen zu glätten
Der neue Eigentümer versucht derweil die Wogen zu glätten. "Wir setzen niemanden unter Druck", sagt Bodo Brandts. "Wir bemühen uns um eine Lösung mit den Mietern, das versteht sich von selbst." Gleichwohl bestätigt er die Kündigungen. "Wir wollen zügig vorankommen."
Geplant sei es, im Herbst zunächst mit dem Abriss des Pavillons an der Grundstücksspitze zu beginnen -- auch deshalb, um Platz für den weiteren Abbruch zu haben. Derzeit laufen dafür die Vorbereitungen. Während der Boden unter dem Pavillon bereits analysiert ist, dort stand früher eine Tankstelle und liegen noch Tanks im Erdreich, soll nun die Bodenbeschaffenheit unter dem Nachbargebäude untersucht werden. "Es gibt das Gerücht, das dort tief unten noch eine Bombe liegen könnte", sagt der Mediziner.
Luftbildaufnahmen sollen Aufschluss geben
Tatsächlich hat das zuständige Architekturbüro einen Antrag auf Einsichtnahme der Luftbildaufnahmen gestellt. "Wir haben den Hinweis von den Stadtwerken erhalten, dass es im Bereich Hellweg Blindgänger geben könnte", so Architektin Urte Meermann. Dies und etliche weitere Fragen müssten nun geklärt werden. Für den Pavillon-Abriss würden derweil Gespräche mit möglichen Auftragnehmern geführt. Vier bis sechs Wochen werde nach ihrer Einschätzung der Abriss des Pavillons dauern, "sollten keine unvorhergesehenen Dinge dazwischenkommen."
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