Bochum. Über seine vielen Erlebnisse in Afrika hat Reinhard Micheel aus Altenbochum ein launiges Buch geschrieben: „Was will denn der Muzungu hier?“
Ab dieser Woche ist er wieder unterwegs: Erst nach Ghana, dann weiter in den Südsudan. Einige Flugstunden und endlose Kilometer auf staubigen Pisten liegen vor ihm. „Die Fliegerei geht schnell vorbei. Was wirklich anstrengend ist, das sind die vielen Stunden über holprige Straßen im Bus“, sagt Reinhard Micheel, langjähriger Geschäftsführer der Hilfsorganisation Canchanabury in Bochum.
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Bochumer zieht es seit vielen Jahren nach Afrika
Und doch zieht es ihn immer wieder zurück nach Afrika – einen Kontinent, den er in den vergangenen Jahren als Entwicklungshelfer so oft bereist hat wie wohl nur wenige neben ihm. Über seine zahlreichen Abenteuer von Uganda bis Togo hat der 69-Jährige jetzt ein unterhaltsames Buch geschrieben, das bestens für jeden geeignet ist, den im nasskalten Bochumer Januar das Fernweh packt: „Was will denn der Muzungu hier?“ heißt es.
Hilfsorganisation wurde 1961 gegründet
Das Buch „Was will denn der Muzungu hier?“ von Reinhard Micheel ist bei Epubli erschienen und unter anderem in der Buchhandlung Janssen erhältlich (300 Seiten, 19,99 Euro). Als E-Book kostet es 7,99 Euro. Info: reinhard@micheel-bochum.de
Die Hilfsorganisation Canchanabury wurde 1961 in Bochum gegründet, benannt wurde sie nach einer Stadt in Thailand. Der erste Vorsitzende war Hans Reinhardt. 26 Jahre lang leitete Reinhard Micheel den Verein als Geschäftsführer.
Als „Muzungu“ bezeichnet man auf Suaheli einen Wanderer mit weißer Haut. „So riefen mir bei meiner ersten Afrikareise die Kinder hinterher“, erzählt er. Seit 43 Jahren ist Reinhard Micheel in Afrika nun schon als „Muzungu“ bekannt. Seine erste Reise unternahm er 1979 mit zwei Freunden in einem VW-Bus: drei Wochen quer durch die Sahara. „Dabei zählt die Sahara gar nicht zu Afrika, das fängt erst dahinter an.“ 1980 zog es ihn nach Ruanda – und seither ist es um ihn geschehen.
Launige Live-Berichte entstanden direkt vor Ort
Woher seine Liebe zu Afrika rührt, da braucht der alteingesessene Altenbochumer nicht lange zu überlegen: „Es sind die Menschen und ihr grenzenloser Optimismus“, sagt er. „Selbst wenn es denen noch so beschissen geht, sind sie immer gut drauf. Und sie lassen sich nicht unterkriegen.“
Die launigen Erzählungen seiner Afrika-Reisen zwischen 2012 und 2018 sind als Live-Berichte verfasst. Das heißt: Geschrieben hat er sie wie eine Art Tagebuch direkt vor Ort, mal abends im Hotel, mal mit der Taschenlampe unterwegs im Camp. „Ich habe immer eine Kladde dabei, in die ich alles mit der Hand schreibe“, erzählt er. „Je nach Netzzugang habe ich es dann später abgetippt und an meine Freunde und die Unterstützer unserer Aktion Canchanabury als Mail in die Heimat geschickt.“
Unterhaltsame Ruhrgebietssprache
Die Reaktionen auf seine Berichte waren so positiv, dass sich Micheel dazu entschloss, sie etwas gekürzt und gebündelt als Buch zu veröffentlichen: „Das sind keine tiefgründigen Reflexionen über Entwicklungshilfe, sondern ganz persönliche Schilderungen meiner Erlebnisse“, sagt er.
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In einer unterhaltsamen Ruhrgebietssprache nimmt Micheel seine Leser mit in eine Welt, in der Freud‘ und Leid oft nah beieinander liegen. Brenzlige Situationen gab es während des Bürgerkriegs im Sudan, einige Luftangriffe erlebte er hautnah mit. „Wir waren immer im Konvoi unterwegs, allein wäre das viel zu gefährlich gewesen“, erzählt er. „Die Autos haben wir vorher mit Lehm beschmiert, damit sie aus der Luft nicht so gut zu sehen sind.“
Unerwartete Ehre bei einer Zeremonie in Togo
Lustiger wurde es in einem kleinen Dorf in Togo: Dort errichtete die Aktion Canchanabury unter Mithilfe der Bochumer Stadtwerke 2011 eine Krankenstation und eine Wasserpumpe. Als Micheel zwei Jahre später dorthin zurückkehrte, begrüßten ihn die Menschen überschwänglich: „Der Ältestenrat entschied dann, mich zum Häuptling des Dorfes zu küren“, erinnert er sich schmunzelnd. „Mit wurde feierlich ein Gewand umgelegt. Die Krone habe ich noch zu Hause.“
Seither nennt man ihn dort ehrfürchtig „Togbe“, also Häuptling. Der verdiente Lohn: „Vier Hektar Land und zwei Frauen stehen mir noch zu.“