Bochum. Farbenfrohes Kinder- und Jugendtheater ist noch bis Freitag in Bochum zu sehen. Zum Auftakt verblüfft eine Gruppe mit einer grandiosen Bühne.

Staunenswertes Theater für junge Menschen bietet das Festival „Westwind“, das noch bis 18. Juni in Bochum zu sehen ist. Zehn Theatergruppen aus ganz NRW zeigen auf Einladung des Jungen Schauspielhauses hier ihre neuen Produktionen und ringen nebenbei um Preisgelder von 1500 bis 10.000 Euro. Jedes Jahr wird das Festival von einem anderen NRW-Theater ausgerichtet, in Bochum hat es seit 1994 nicht mehr stattgefunden.

Damals hieß der Bochumer Intendant noch Frank-Patrick Steckel. Dem heutigen Theaterchef Johan Simons ist es inzwischen gelungen, die Kinder- und Jugendtheatersparte des Hauses komplett umzubauen und als „Theaterrevier“ in der Zeche Eins neu zu eröffnen.

„Gorilla Club“ spielt Open Air im Theaterrevier

Für kleine und große Liebhaber von deutschem Indie-Pop spielt die Band „Gorilla Club“ am Samstag, 18. Juni, um 15 Uhr auf dem Vorplatz des Theaterreviers (Prinz-Regent-Straße 50-60). Für Besucher ab vier Jahren werden Songs aus dem letzten Album „Ok cool“ geboten: „Progressive, unspießige, geile Musik für Kinder und die Leute um sie herum“, so die Band.

Karten: 9 Euro. Familientickets (für zwei Erwachsene und zwei Kinder): 20 Euro. Info: 0234 / 33 33 55 55.

Westwind-Festival bietet Theater für Kinder und Jugendliche in Bochum

Die Leitung obliegt mittlerweile den jugendlichen Teilnehmern selbst, die in einem Aufsichtsrat (der „Drama Control“) halbwegs eigenständig entscheiden können, was in ihrem Revier geschieht – ein theaterpädagogischer Ansatz, der von Bühnen in ganz Deutschland neugierig verfolgt wird.

Folglich liegt auch die Eröffnung des Westwind-Festivals ganz in Kinderhand: Die Drama Control hat die Bühne der Kammerspiele kurzerhand in eine Wohlfühloase mit Sofas und Sitzkissen verwandelt. Die offiziellen Festredner dürfen nur dann zur Laudatio antreten, wenn sie mit den Jugendlichen zuvor eine Runde „Wahrheit oder Pflicht“ gespielt haben, und das ist weitaus unterhaltsamer als jedes Grußwort es sein könnte.

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Oberbürgermeister spielt eine Runde „Mario Kart“

So spielt Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) eine Runde „Mario Kart“ und verliert das rasante Computerspiel, das auf einer Leinwand übertragen wird, nur ganz knapp gegen den jungen Kennet. NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) berichtet von ihrem schönsten Tag, und Johan Simons tritt sichtlich beflügelt zum TikTok-Tanz gegen die 18-jährige Alicia an.

Profi-Theater gibt es an diesem Abend auch – und das ist eine Wucht! Außerhalb des Wettbewerbs zeigt die niederländische Gruppe Het Houten Huis in den Kammerspielen ihre einstündige Performance „IK … EH IK“, die fast ohne Worte auskommt. Das Publikum im besten gefüllten Saal kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Wahrheit oder Pflicht? Auch Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (links) muss sich bei der Eröffnung des Theaterfestivals Westwind der selbstbewussten Drama Control des Jungen Schauspielhauses stellen.
Wahrheit oder Pflicht? Auch Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (links) muss sich bei der Eröffnung des Theaterfestivals Westwind der selbstbewussten Drama Control des Jungen Schauspielhauses stellen. © Junges Schauspielhaus Bochum | Miguel Castillo

Bühne dreht sich wie ein Hamsterrad

Auf der Bühne zu sehen ist die Wohnung eines einsamen Herrn, gezeigt wird sein eintöniger Alltag: Aufstehen, Zähneputzen, Frühstücken, zur Arbeit gehen und so weiter. Der Clou: Die Bühne verändert sich immer wieder, indem sie um die eigene Achse gedreht wird. Aus der Küche wird das Bad, der Arbeitsplatz und das Wohnzimmer mitsamt Aquarium. Je öfter sich die Bühne dreht, desto mehr scheint es, als laufe der Mann wie in einem Hamsterrad durch sein eigenes Leben.

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All dies ist verblüffend getrickst und bis zum kleinsten Handgriff exakt gearbeitet. Dass inmitten des fulminanten Bühnenzaubers im Grunde eine melancholische, fast traurige Geschichte erzählt wird, gerät dabei manchmal ein wenig ins Hintertreffen. Am Ende gibt’s stehende Ovationen!

In „Master of Desaster“ untersucht das Theater Marabu aus Bonn einen verdächtigen Schultornister, sehr zur Freude der kleinen und großen Zuschauer.
In „Master of Desaster“ untersucht das Theater Marabu aus Bonn einen verdächtigen Schultornister, sehr zur Freude der kleinen und großen Zuschauer. © Westwind-Festival | Katrin Schander

Open-Air-Theater mit unangenehmer Botschaft

Auf mehreren Bühnen in ganz Bochum läuft noch bis Freitag der Wettbewerb. So spielt etwa das Theater Marabu aus Bonn auf dem Vorplatz des Theaterreviers ihr Stück „Master of Desaster“ – und etwa 50 Kinder und viele Eltern sind mit Freude dabei.

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Gezeigt wird ein sechsköpfiges Aufräumkommando, das munter mit Blasmusik und Liedern den Müll wegschafft. Bis plötzlich ein herrenloser Schultornister auf dem Platz steht, der seltsam zittert. Was mag das sein? Eine Bombe? Die Truppe beschließt: Safety first! So putzmunter das Spiel ist, es stecken auch tiefere, unangenehme Wahrheiten drin, die von Sorgen und Ängsten in unsicheren Zeiten erzählen.

Das komplette Programm: westwind-festival.de