Bochum. Nach der Unterbringung von Flüchtlingen in seinem Haus beklagt ein Hausverwalter den Zustand. Das wirft er der Mieterin Stadt Bochum vor.

In diesen Tagen geben viele Hauseigentümer Geflüchteten Wohnraum – und auch die Stadt Bochum mietet zur Unterbringung von Flüchtlingen Wohnungen an. So tat sie es auch 2015 und schloss einen Mietvertrag über 16 sanierte Wohnungen an der Voedestraße in Wattenscheid. Diese sollen nun dem Eigentümer zurückgegeben werden – in einem Zustand, den dieser sich nicht gefallen lassen will.

Flüchtlingswohnungen demoliert: Vermieter und Stadt Bochum streiten sich

Baujahr 1912, ausladende Erker, Stuck an den Decken und 1032 Quadratmeter Wohnfläche: Auf den Fotos kurz nach der Sanierung 2015 machen die Wohnungen mit Altbau-Charme an Voedestraße 8 bis 10 einen guten Eindruck. Zu jener Zeit sucht die Stadt dringend Unterkünfte für Geflüchtete – und wird sich mit Hauseigentümer Peta Goman einig.

Die Vorgeschichte des Hauses

Bereits seit 2012 kauft und verkauft die ZWEI G Handelsgesellschaft mbH – aktuell geführt von Peta GomanImmobilien und Grundstücke im Ruhrgebiet.

2014 erwarb Peta Goman das einhundert Jahre alte Haus an der Voedestraße 8-10 in Wattenscheid. Während der Sanierung klagte Hausverwalter Richard Hatting gegenüber der WAZ: „Die Denkmalbehörde der Stadt Bochum legt uns mit ihren Auflagen Steine in den Weg.“

Nach Ende der Sanierung schloss er mit der Stadt einen Mietvertrag. Ab November 2015 wohnten Geflüchtete in dem denkmalgeschützten Haus.

Bei der ersten Übergabe der Wohnungen mit Hausverwalter Richard Hatting merkt die Stadt zwar noch einige Mängel an. Nach einer Nachbesserung durch den Vermieter werden die 16 Wohnungen aber mängelfrei übergeben und die ersten Geflüchteten ziehen ein.

Wegen „falscher Nutzung durch die Bewohner“ und aufgrund der hohen Fluktuation – so der Verwalter – seien dann in den folgenden sieben Jahren immer wieder Schäden in den Wohnungen aufgetreten. Diese seien von den Bewohnern jedoch nicht zeitnah weitergegeben worden, was den Zustand noch verschlimmert habe. Hatting berichtet von Überschwemmungen in Badezimmern, eingetretenen Wohnungs- und Hoftüren, eingeschlagenen Fenstern und aufgequollenen Böden.

Hausverwalter nennt das Angebot der Zentralen Dienste eine „Frechheit“

„Durch verschiedene Unzulänglichkeiten in Sachen Reparatur oder Erreichbarkeit mit dem Eigentümer“, wollte die Stadt nun in diesem Frühjahr den Mietvertrag nicht verlängern, erklärt er. Allerdings wolle man bei den Zentralen Diensten der Stadt die Wohnungen im jetzigen Zustand belassen, noch drei Monatsmieten übernehmen und ihm für jede der Wohnungen eine pauschale Entschädigung von 500 Euro anbieten. Für den Hausverwalter inakzeptabel. „Die Stadt besitzt die Frechheit, die Zeit, die man benötigen würde für die Sanierung, als Entgegenkommen darzustellen“, so Hatting.

Das Foto zeigt die Front des denkmalgeschützten Hauses  an der Voedestraße in Bochum-Wattenscheid kurz nach der Sanierung im Herbst 2015.
Das Foto zeigt die Front des denkmalgeschützten Hauses an der Voedestraße in Bochum-Wattenscheid kurz nach der Sanierung im Herbst 2015. © Richard Hatting

Vermieter und Stadt seien sich auch bei der Kündigungsfrist uneins, ob diese wie bei Wohnraum drei Monate oder wie bei Gewerbeflächen sechs Monate betrage. „Wenn das der Umgang mit vermietungswilligen Eigentümern ist, kann ich nur jedem davon abraten“, empört sich Hatting. Unter diesen Umständen habe er die Rückübergabe der Wohnungen abgelehnt.

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Zum konkreten Konflikt mit dem Vermieter sagt ein Stadtsprecher nur so viel: „Wir sind mit der Gebäudeverhandlung in laufenden Verhandlungen.“ Der Konflikt wirft die Frage auf, welche Erfahrungen andere Bochumer Vermieter mit der Stadt als Mieterin machen.

Verwalter Richard Hatting ärgert sich auch über die Hinterlassenschaften im Hinterhof. Ausgebaute Badewannen seien, sagt er, durch die Geflüchteten als Blumenkübel verwendet und zurückgelassen worden.
Verwalter Richard Hatting ärgert sich auch über die Hinterlassenschaften im Hinterhof. Ausgebaute Badewannen seien, sagt er, durch die Geflüchteten als Blumenkübel verwendet und zurückgelassen worden. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Wohngenossenschaft: „Vermieten grundsätzlich nicht an institutionelle Mieter“

„Wir vermieten grundsätzlich nicht an institutionelle Mieter“, sagt Oliver Krudewig, Vorstand der Baugenossenschaft Bochum eG. Aus guten Gründen, wie er aus dreißigjähriger Erfahrung in der Wohnungswirtschaft in verschiedenen Städten wisse. Mit der Stadt Bochum habe er keinen konkreten Fall erlebt, doch grundsätzlich berge die Vermietung an Zwischeninstitutionen ein hohes Konfliktpotenzial.

„Es gibt immer die Schwierigkeit, wenn Bewohner nicht direkt in der Haftung stehen. Sie gehen mit der Mietsache dann ganz anders um“, so Krudewig. „Wir haben immer gern direkt eine Person, der wir vis-à-vis ins Auge schauen und mit der wir den Vertrag schließen können“, betont der Vorstand der Baugenossenschaft.

Verwalter Richard Hatting lehnt die Rückgabe der Wohnungen ab.
Verwalter Richard Hatting lehnt die Rückgabe der Wohnungen ab. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Nach ihren Erfahrungen mit der Mieterin Stadt Bochum befragt, betont eine Vonovia-Sprecherin das gute Verhältnis zur Stadt. Probleme mit Schäden in den Wohnungen seien ihr nicht bekannt. Die Rückgabe von Wohnungen erfolge so, wie auch bei einem normalen Mietverhältnis mit Privatleuten. Ähnliches berichtet ein VBW-Sprecher. Keiner der internen Verantwortlichen könne von negativen Erfahrungen bei der Rückgabe von Stadtwohnungen berichten. Die Kommunikation mit der Stadt sei „immer schnell und zielführend“ gewesen. Die Kündigungsfrist habe dabei drei Monate betragen.

„Haus + Grundeigentümer Bochum“ nennt keine Konflikte mit der Stadt

„Bei uns würden genau solche Konfliktfälle auflaufen“, sagt Stephanie Vornholz von „Haus + Grundeigentümer Bochum“. Der Verein überblicke aber in erster Linie Fälle, in denen Wohneigentümer direkt an Geflüchtete vermieten – da seien keine Konflikte aufgetreten. Von negativen Erfahrungen mit der Stadt als Mieterin habe die Geschäftsführerin nichts gehört, relativiert aber: „Möglicherweise wissen wir auch nicht von Konfliktfällen bei der Rückübergabe, weil die Mietverhältnisse noch nicht beendet sind.“

Auf eventuelle Konflikte mit Wohnungsvermietern in der Vergangenheit angesprochen, betont die Stadt: „Es konnte immer eine für beide Seiten akzeptable Einigung erzielt werden.“ Und weiter: „Etwaige Schäden an Wohnungen, die durch die Nutzung der Geflüchteten entstehen, behebt die Stadt Bochum – entweder erfolgt die Beauftragung direkt durch die Stadt oder durch Vermieterinnen oder Vermieter, welche dann wiederum mit der Stadt Bochum abrechnen bzw. sich einigen.“ Diese Kosten würden, wenn möglich, über den Kommunalen Schadenausgleich abgewickelt, „sodass die Stadt Bochum sie nicht in voller Höhe tragen muss“.

So sieht der Hinterhof der Voedestraße 8 bis 10 in Wattenscheid aktuell aus.
So sieht der Hinterhof der Voedestraße 8 bis 10 in Wattenscheid aktuell aus. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer