Bochum. Einige Ukrainer haben in Bochum ein neues Zuhause gefunden. Doch reicht der Platz dort aus? Auf das Jobcenter kommen neue Herausforderungen zu.

Ganz präsent stehen die Ehrenamtlichen in der Vorhalle des Bochumer Hauptbahnhofs. Sie tragen blaue Jacken und stehen vor einem Tisch, den eine ukrainische Flagge schmückt. In der Hand halten sie ein Schild mit eben dieser, auf ihm steht: „Hilfe für Flüchtlinge“ – in ukrainischer und englischer Sprache. Auch fast drei Monate nach Beginn des Krieges haben die Ehrenamtlichen der Bahnhofsmission, allerhand zutun.

Flüchtlinge aus der Ukraine: Bahnhofsmission hat nach wie vor, viel zutun

Von 8 bis 20 Uhr sind sie dort vor Ort, von Montag bis Samstag, am Sonntag bis 16 Uhr. „Es kommen nach wie vor viele Menschen zu uns“, beschreibt Daria Sengüner, sie leitet die Bahnhofsmission. „Die Welle an Menschen, die es vor ein paar Wochen gab, gibt es nicht mehr in dieser Form. Jetzt sind es diejenigen, die sich zum Beispiel registrieren wollen, schon allein, weil die Landeserstaufnahmestelle hier in Bochum ist“, erklärt Sengüner. Meist ist der Hauptbahnhof der Ort, an dem die Menschen ankommen. Die Ehrenamtlichen der Bahnhofsmission dienen als Lotsen, sie begleiten die Menschen.

Bochum- Große Wohnungen für Ukraine-Flüchtlinge gesucht„Seit einigen Wochen kommen weniger Menschen, immer zwischen fünf und 20 an einem Tag“, beschreibt Thomas Sprenger, Sprecher der Stadt, die aktuelle Situation. Doch wie viele Menschen seit Beginn des Krieges in Bochum untergekommen sind – das kann niemand sagen.

„Seit Anfang März wurden 2721 Flüchtlinge registriert“, so Sprenger auf Anfrage der WAZ mit. Das heißt allerdings nicht, dass das auch der Zahl der Ukrainerinnen und Ukrainer entspricht, die nun in Bochum leben. Einige von ihnen könnten längst in eine andere Stadt gezogen – oder zurück in die Heimat gekehrt sein.

Kapazitäten der Stadt Bochum sind derzeit ausreichend

Hinzu kommt: Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine benötigen vorübergehend keinen Aufenthaltstitel. „Diese Regelung ist zunächst bis zum 31. August befristet“, so das Bundesinnenministerium. Nicht wenige Flüchtlinge sind schätzungsweise privat untergekommen, bei Menschen, die sich gemeldet haben, bei Familie oder Bekannten. Diese Zahlen werden nicht erhoben.

Bahnhofsmission sucht dringend Ehrenamtliche

„Wir würden uns riesig freuen, wenn sich Menschen melden, die uns dabei helfen, die Menschen zu begleiten und in Bochum willkommen zu heißen“, sagt Daria Sengüner, Leiterin der Bahnhofsmission. Derzeit gebe es zwischen 20 und 30 Ehrenamtlern, aufgrund von Urlaubszeiten oder auch Krankheit würden weitere Ehrenamtliche der Bahnhofsmission helfen. Mitbringen sollte man Mitgefühl, Empathie und Interesse für die Menschen, die sich an die Bahnhofsmission wenden. Eine Schicht geht vier Stunden, man ist niemals allein vor Ort. Wer Interesse hat, kann sich entweder telefonisch unter 0234 661 47 melden oder bei der Bahnhofsmission im Bochumer Hauptbahnhof vorbeischauen.

Außerdem gibt es Unterkünfte, die die Stadt Bochum vermittelt: Hotels, Wohnungen und die Flüchtlingseinrichtung an der Unterstraße in Langendreer. „Im Moment ist es so, dass wir etwa 500 Plätze belegt haben“, so Sprenger am Montag. Etwa 260 seien noch frei. Der Stadtsprecher betont allerdings, dass es sich um tagesaktuelle Zahlen handelt. Derzeit seien die Kapazitäten ausreichend – doch das könne sich jederzeit ändern, auch abhängig von der Lage in der Ukraine. „Wir bereiten uns weiter vor“, sagt Sprenger.

Jobcenter Bochum rechnet mit spürbarem Andrang

Das macht derzeit auch das Jobcenter in Bochum. Ab dem 1. Juni erhalten Flüchtlinge Geld nicht mehr über das Asylbewerberleistungsgesetz – wenn der Bundesrat dem am Freitag, 20. Mai, zustimmt. „Natürlich rechnen wir mit einem größeren Andrang“, beschreibt Sprecher Johannes Rohleder. Stand Januar betreue das Jobcenter derzeit 41.000 Menschen in Bochum, die in 20.500 Haushalten leben.

„In unseren internen Schätzungen gehen wir davon aus, dass etwa 2600 Menschen bei uns einen Antrag stellen, das werden circa 1100 Bedarfsgemeinschaften sein“, so Rohleder. Eine spürbare Menge – doch man sei vorbereitet. Erste Signale, dass künftig das Jobcenter zuständig ist, habe man schon Anfang April erhalten.

Keine Verzögerungen bei anderen Jobcenter-Kunden

Seit Ende April informiert das Jobcenter Flüchtlinge darüber, dass sie einen Antrag auf Leistung ab dem 1. Juni stellen können – auch mit Hilfe von Ehrenamtlichen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind. Gemeinsam mit der Stadt Bochum wurde den gemeldeten Ukrainerinnen und Ukrainern ein Kurzfragebogen zugeschickt.

445 der sogenannten Bedarfsgemeinschaften, in denen Menschen aus der Ukraine leben, hat das Jobcenter bisher erfasst. Zu Verzögerungen bei anderen Jobcenter-Kunden komme es aber keinesfalls, beruhigt der Sprecher: „Das wäre fatal. Jeder, der einen Anspruch hat, bekommt sein Geld natürlich rechtzeitig“, sagt Rohleder.