Bochum. Das wegen eines Formfehlers gestoppte Bürgerbegehren „Radentscheid Bochum“ soll bald wieder starten. Unterschriftenlisten werden neu gedruckt.
Kaum hatte das Bürgerbegehren „Radentscheid Bochum“ Fahrt aufgenommen, musste es auch schon wieder eine Vollbremsung machen. Ein Formfehler zwang die ehrenamtlichen Initiatoren, die Unterschriftenaktion für mehr und bessere Radwege zu stoppen. In ein bis zwei Wochen soll es aber weiter gehen, so dass jede Radfahrerin und jeder Radfahrer wieder seine Stimme abgeben kann. Auf neuen Unterschriftenlisten.
„Wir werden die Liste etwas anpassen“, sagt einer der drei Vertretungsberechtigten des Radentscheides, Benedikt Edeler, auf WAZ-Anfrage. Er war am Donnerstag zusammen mit drei Kolleginnen und Kollegen des Bürgerbegehrens im Rathaus und traf dort auf sechs Mitarbeiter der Stadt, darunter Baurat Markus Bradtke, um das Formfehler-Problem zu besprechen.
Stadt Bochum schätzt Gesamtkosten auf 427,5 Millionen Euro
Die Stadt hatte, wie es die Gemeindeordnung vorschreibt, die Kosten geschätzt, die mit den Zielsetzungen des Radentscheides auf die Steuerzahler zukommen.
„Die Schätzung weist voraussichtliche Gesamtkosten für neun Jahre in Höhe von rund 427,5 Millionen Euro aus, von denen geschätzt rund 267,5 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt, rund 65 Millionen Euro aus Projektfördermitteln des Bundes und des Landes, rund 18 Millionen Euro aus der KAG Förderung des Landes (Kommunales Abgaben Gesetz) und rund 77 Millionen Euro aus Anliegerbeiträgen der Bürgerinnen und Bürger finanziert werden müssten“, teilt die Stadt mit.
Stadt und Rad-Initiative wollen Rechtssicherheit
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Die jährliche Belastung für die Bürgerinnen und Bürger betrage somit rund 38,3 Millionen Euro und nicht wie von der Initiative auf ihren Unterschriftenlisten dargestellt 16,63 Millionen Euro. Die Kostenschätzung der Verwaltung müsse aber nach den gesetzlichen Vorschriften bei der Sammlung der Unterschriften von den Vertreterinnen und Vertretern des Bürgerbegehrens „unverändert und vollständig“ übernommen werden. „Dabei geht es um Rechtssicherheit sowohl für die Initiatoren als auch für die Bürgerinnen und Bürger, um Transparenz sowie die Möglichkeit, sich ein ausgewogenes Urteil zu bilden“, so die Stadt.
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Die Initiative Radentscheid reagierte und stellte die volle Kostenschätzung der Stadt auf ihre Internetseite.
„Radentscheid Bochum“: „Ist blöd gelaufen“
„Ist natürlich blöd gelaufen“, sagt Edeler vom Radentscheid. Die Unterschriftenlisten werden korrigiert, neu gedruckt und an den rund 100 Ausgabestellen neu verteilt. Darauf sollen die Kosten dann „etwas ausführlicher“ dargestellt werden, damit wir auf der sicheren Seite sind“. Die bisher abgegebenen Unterschriften – rund 1000 – müssten „wohl noch einmal geleistet werden“. Am 26. Juni hatte die Unterschriftenaktion begonnen, am 4. Juli wurde sie unterbrochen.
Krisenstimmung gibt es bei der Initiative aber nicht. „Wir sind in der Sache relativ gelassen und nehmen die Pause in Kauf. Die Stimmung ist auf unserer Seite und die Argumente sind es auch.“ Man habe im Gespräch mit der Stadt „einen guten Kompromiss gefunden“. Wie der genau aussieht, wird auf dem noch unbekannten Text der Unterschriftenlisten stehen.
FDP Bochum schlägt eine unabhängige Kostenschätzung vor
Stadt beseitigt in Kürze 16 Fahrrad-Problemstellen
Die Stadt Bochum wird noch in diesem Jahr 16 kleinere, meist bauliche Mängel beseitigen, die auf einer „Mängelkarte“ der Bochumer Radinitiative „Radwende“ stehen.
Es geht zum Beispiel um weitere Anlehnbügel etwa am Stadtpark, am Alten Bahnhof Langendreer oder in der Innenstadt, um die Beseitigung von Wurzelschäden auf der Springorumtrasse, um eine Komfortsteigerung am Knoten Alte Wittener Straße / Wittener Straße sowie eine Umgestaltung der Kreuzung Lothringentrasse/Werrastraße. Hier werden die Sichtbeziehungen verbessert und der Autoverkehr zugunsten des Radverkehrs verlangsamt.
Dafür stellt die Stadt zusätzlich zu anderen Planungen knapp 70.000 Euro bereit.
Angesichts der enormen Unterschiede der von der Stadt und der Rad-Initiative kommunizierten Kosten schlägt die Bochumer FDP vor, die Schätzung von neutraler Stelle überprüfen zu lassen, „um sowohl den Bürgern als auch der Politik eine objektive Bewertungsgrundlage zu bieten“, wie Léon Beck, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion, sagt. Hierfür würde sich etwa die Wuppertaler Radverkehrsprofessorin Heather Kaths eignen. Sie verfüge über die „nötige Expertise und eine objektiv wissenschaftliche Sichtweise“.
Mit der Unterschrift stimmen Teilnehmer u.a. für ein durchgängiges Radnetz für den Alltagsverkehr, mehr Sicherheit, bessere Kreuzungen, mehr Radschulwege, sichere Radstellplätze und eine generell offensivere Förderung des Radverkehrs. Mindestens 12.000 Unterschriften müssen her, um das Projekt umzusetzen. Am Ende entscheidet der Rat.