Mainz. Der VfL Bochum steht nach dem enttäuschenden 0:2 in Mainz vor einem weiteren Schlüsselspiel, am Mittwoch kommt St. Pauli. Dieter Hecking übt viel Kritik - und bleibt ruhig.

Dieter Hecking hat die Gabe, seine Kritik klar und deutlich zu äußern, ohne dabei auch nur im Ansatz seine Ruhe zu verlieren, seine positive Ausstrahlung. Selbst nach herben Rückschlägen wie dem 0:2 beim FSV Mainz.

Weniger das erwartbare Ergebnis bei den formstarken Gastgebern, die auch schon Dortmund, Bayern, Frankfurt das Fürchten lehrten zuletzt, sorgte für Ernüchterung beim VfL. Sondern die Art und Weise nach dem spielerisch Hoffnung machenden 2:0 gegen Heidenheim vor Weihnachten, dem ersten Saisonsieg.

Bochum fand nie in die Partie, kaum ein Pass kam an. Mainz reichte eine maximal durchschnittliche Leistung. Der VfL gab nur einen einzigen Torschuss ab – und steht als Tabellenschlusslicht mehr denn je mit dem Rücken zur Wand, steht vor einem weiteren gerne so genannten „Schlüsselspiel“ gegen den FC St. Pauli am kommenden Mittwoch im Ruhrstadion (18.30 Uhr). Heimspiel, Abstiegskonkurrent.

„Das ist ein normales Bundesligaspiel, das man gewinnen kann. Wir hätten auch heute gewinnen müssen. Wir können das Spiel jetzt ganz hoch hängen. Dann sind wir alle wahnsinnig enttäuscht, wenn wir nur 1:0 gewinnen“, sagte Hecking nach der Pressekonferenz gegenüber dieser Redaktion in den Katakomben der Mewa-Arena, schmunzelte kurz und schob dann mit dem nötigen Ernst in der Stimme nach. „Es ist doch klar, dass der Fokus jetzt auf dem Spiel liegt und wir es gewinnen sollten in unserer Situation.“

Mainz verteidigt kompakt und stark gegen fehlerhaften VfL

Es ist auch klar, dass eine enorme Leistungssteigerung her muss, auch wenn Hecking zu Recht betonte, dass Mainz hervorragend verteidigte, dem VfL „die Luft zum Atmen“ nahm, Bochum „nicht ins letzte Drittel“ ließ. Weil Mainz präsenter, giftiger, geschickter, viel kompakter war - und Bochum viel vermissen ließ.

In einem Spiel, das vor allem in der ersten Halbzeit von Hektik, Zusammenstößen in der Luft, Fouls am Boden geprägt und von Verletzungspausen ständig unterbrochen war, „haben wir nie mal zur Ruhe gefunden“, so Hecking. „Es war null Rhythmus im Spiel.“ Der VfL gab nur einen Torschuss ab, den Robin Zentner parieren musste - in der 70. Minute durch den gerade eingewechselten Myron Boadu.

Hecking übt Kritik: „Einfachste Bälle nicht an Mann gebracht“

„Wir haben einfachste Bälle nicht von Mann zu Mann gebracht, über sieben oder acht Meter, das kann ich schonmal erwarten. Wir hatten nie mal Ballpassagen über sieben, acht Stationen. Wenn man von hinten heraus schon nicht ins zweite Drittel kommt, wie soll es dann ins dritte gehen?“, monierte Hecking.

Nicht nur die Offensive mit den in Mainz abgemeldeten Philipp Hofmann und Moritz Broschinski sorgte für die in der gesamten Saison ja schon so oft gezeigte Komplett-Harmlosigkeit. „Wenn wir mal den Ball gewonnen haben, ging der sofort wieder weg“, übte der eingewechselte Gerrit Holtmann Selbstkritik.

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Dieter Hecking sah in Mainz einen schwachen VfL Bochum. © Patrick Scheiber/Jan Huebner | Patrick Scheiber

Mainz ist wacher, präsenter, giftiger als Bochum

Erschreckend für den VfL: Mainz war auch wacher bei den zweiten Bällen, als Bochum das Pressing zunehmend mit dem alten Stilmittel der langen Bälle umgehen wollte. Mit ihrer Intensität gegen den Ball, ihrem klugen Verschieben und der deutlich höheren spielerischen Qualität zeigten die Champions-League-Anwärter den VfL-Profis die Grenzen auf, ohne sie an die Wand zu spielen.

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Einen wie Jonathan Burkardt hätten sie gerne in Bochum, der Doppelpacker drückte die Mainzer Dominanz im Stile eines Torjägers mit zumindest zwei Treffern aus. Bei beiden Toren verhielt sich der VfL abstiegsreif.

Beim 0:1 hob Bernardo das Abseits auf, auch Ordets nahm Hecking „mit ins Boot, weil er rausläuft und Burkardt vielleicht nicht wahrgenommen hat“, so der Trainer. Ein langer Ball von Caci genügte damit, Mainz in Front zu bringen. Fortan zeigte der in der zerfahrenen Partie bis dahin ebenfalls kaum auffällige Gastgeber auch spielerisch immer mehr seine Überlegenheit. Nach dem 0:2 schien sich der VfL frühzeitig aufgegeben zu haben.

Holtmann kritisiert Verhalten vor dem 0:2

Das fiel in Unterzahl, weil Ordets nicht weiterspielen konnte, es aber noch keine Pause zum Wechseln gab - Masovic stand gemeinsam mit Boadu (für Broschinski) längst bereit. Auch hier verhielt sich der VfL taktisch äußerst unklug. „Da hätten wir uns hinter die Linie zurückziehen, nur den Männern folgen müssen“, meinte Holtmann.

Die frühen Verletzungen von Oermann und Ordets waren ein weiterer Knackpunkt. Ordets hatte sich nach wenigen Minuten nach einem Zusammenprall mit dem Mainzer Moritz Jenz an der Augenbraue verletzt. Er wurde getackert, konnte zunächst mit Verband weitermachen, köpfte unentwegt weiter. Kurz vor dem 0:2 „hat er nochmal einen Ball auf die Wunde abbekommen, die Blutung war dann nicht mehr zu stillen. Die Wunde ist jetzt genäht worden“, erklärte Trainer Hecking. Ob Ordets am Mittwoch spielen könne, sei noch offen.

Tim Oermann: Schwindelgefühle nach Kopftreffer von Ordets

Auch bei Tim Oermann müsse man das noch abwarten. Der rechte Verteidiger der Dreierkette hatte im Zweikampfgetümmel ausgerechnet von Ordets einen Schlag am Kopf kassiert, spielte kurz weiter. Hecking sprach von aufkommenden Schwindelgefühlen bei Oermann, er nahm ihn runter, Jakov Medic kam. Aktuell sehe es nicht nach einer Gehirnerschütterung aus, „aber wir müssen abwarten, wie er sich fühlt, wenn er zur Ruhe gekommen ist“, so der Trainer. Immerhin: Offensivmann Koji Miyoshi kann nach seiner Rotsperre wieder auflaufen.

Nach Heidenheims Sieg ist der FCH als Sechzehnter dem VfL sieben Punkte enteilt. Das Urteil des DFB-Sportgerichts, das Bochum zwei weitere Punkte bescheren würde, ist noch nicht rechtskräftig. Union Berlin legt Berufung ein. Der FC St. Pauli liegt daher zunächst weiterhin stolze acht Punkte vor Bochum - der Sechs-Punkte-VfL steht einmal mehr unter größtmöglichem Zugzwang am kommenden Mittwoch.

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