Frankfurt. Der VfL Bochum befindet sich weiter im freien Fall. Nach Sicht unserer Redakteure müssen sich schnell vor allem sechs Dinge ändern.

Ein Spieler nach dem anderen ging mit gesenktem Kopf in die Kabine, Kapitän Anthony Losilla kullerten sogar vereinzelte Tränen die Wangen herunter, Trainer Markus Feldhoff saß nahezu desillusioniert auf dem Podium im Bauch des Deutsche-Bank-Parks. Der desolate Auftritt bei der 2:7-Klatsche des VfL Bochum bei Eintracht Frankfurt hatte eindeutig Spuren hinterlassen. Nach der neunten Niederlage im zehnten Pflichtspiel und nur einem Punkt aus neun Bundesliga-Partien ist der VfL für viele bereits abgestiegen. Welche wesentlichen Punkte einer langen Liste sich nach Sicht unserer Redakteure schleunigst ändern müssen.

Spieler des VfL Bochum müssen Selbstkritik üben und Verantwortung übernehmen

Die Alibis für die Mannschaft des VfL Bochum sind aufgebraucht: Trainer weg, Sportdirektor weg, System geändert. Und dennoch läuft es weiterhin nahezu dramatisch schlecht. Durch die derbe Pleite in Frankfurt hat der VfL sogar den Bundesliga-Negativrekord nach neun Spieltagen von Greuther Fürth übernommen. „Hinten können wir so nicht verteidigen. Das funktioniert so nicht in der Bundesliga“, sagte Stürmer Philipp Hofmann am Samstagabend und legte den Finger in die Wunde: „Uns fehlt Tempo, das ist Fakt, das sieht jeder Mensch. So kannst du nicht in ein Spiel gehen. Wenn man drei Meter weg ist vom Gegenspieler, funktioniert das nicht. Heute müssen sich alle hinterfragen, was wir wollen, wofür wir stehen.“

Der VfL Bochum ging in Frankfurt mit 2:7 unter.
Der VfL Bochum ging in Frankfurt mit 2:7 unter. © Getty Images | Alex Grimm

Es ist aber an den Spielern, diese Punkte umzusetzen. Feldhoff wirkte am Samstag schon nach zwei Spielen ratlos, der freigestellte Coach Peter Zeidler fand ebenfalls keine Lösung und in der Vorsaison schaffte es auch Thomas Letsch zum Ende nicht mehr, seine Spieler auf Topniveau zu bringen. „Klar ist, dass kein Spieler in der bestmöglichen Verfassung ist, um in der Bundesliga mitzuspielen“, analysierte Feldhoff nüchtern. Dafür sind die Spieler selbst verantwortlich. Dass Bierverbot oder gemeinsame Spaziergänge die Profis beschäftigten, spricht nicht gerade für ihre gesunde Berufsauffassung.

Der VfL Bochum braucht schleunigst sportliche Führung

Seit der Trennung von Kaderplaner und Sportdirektor Marc Lettau ist Ilja Kaenzig als alleiniger Geschäftsführer des VfL Bochum nicht nur qua seines Amtes für alles verantwortlich – er ist auch für vieles zuständig. Jetzt auch für den sportlichen Profibereich. Kaenzig ist enorm fleißig. Der 51-jährige Schweizer, seit 2018 beim VfL Bochum und seitdem die wichtigste Konstante für den Aufschwung in vielen Bereichen, insbesondere im wirtschaftlichen Bereich, hält die Mitarbeiter des Klubs zusammen auf allen Ebenen. Er müht sich um die Vereins-Einheit, dass alle gemeinsam anpacken.

Für die Öffentlichkeit ist er derzeit vor allem der Mann, der einen Trainer und einen Sportchef für den VfL Bochum sucht. Nebenbei muss er sich um die Profis, die (Interims-)Trainer, den Staff der Lizenzspielerabteilung kümmern. Unter anderem. Der VfL benötigt schleunigst mindestens einen Mann, der die Arbeit „am Platz“ und in der Kabine wieder federführend übernimmt – und zwar einen, der bei den Spielern sowohl Respekt genießt als auch Vertrauen gewinnt. Kaenzig allein, bei allem Bemühen, kann dies nicht leisten. Spieler und Trainer brauchen wieder einen konkreten Ansprechpartner, der die Führung übernimmt.

Der VfL Bochum braucht einen neuen Trainer mit voller Rückendeckung

Zeidler weg, Feldhoff bereits ohne Argumente. Der VfL Bochum braucht dringend einen neuen Trainer. Einer mit Durchsetzungsvermögen ist gesucht, einer, der durchgreift, taktisch flexibel ist und sich voll und ganz mit der Aufgabe identifiziert. Einer wie Friedhelm Funkel. Mehrfach hat der inzwischen 70-Jährige nachgewiesen, dass er schier aussichtslose Aufgaben meistern kann - zuletzt beim 1. FC Kaiserslautern, mit dem der Klassenerhalt gelang. Aber: Egal wer neuer Trainer wird, dieser braucht die volle Rückendeckung der Vereinsbosse bei all seinen Entscheidungen, beim kleinsten Gegenwind. Nur so spürt auch die Mannschaft, dass sie sich nichts mehr erlauben darf.

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Der Trainer des VfL Bochum muss personelle Konsequenzen ziehen

Philipp Hofmann brachte es nach der Pleite in Frankfurt auf den Punkt. „Aufgeben werden wir nicht, wir müssen etwas ändern und alles hinterfragen“, sagte der Stürmer des VfL. „Wir müssen die Leute zusammenbekommen, die mitziehen. So wie heute können wir uns nicht präsentieren.“ Es kam einem Ruf nach Konsequenzen für einzelne Spieler nah. Wer sich nicht voll und ganz mit dem VfL und dessen Werten identifiziert, der muss weichen.

Spieler, die halbherzig auftreten, sich nicht mit der nun sehr fordernden Aufgabe arrangieren können oder wollen, qualitativ nicht zuträglich sind, haben in der Mannschaft derzeit nicht viel verloren. Aliou Baldé hatte Feldhoff unter der Woche bereits kritisiert, weil dieser sich nicht an taktische Vorgaben halten würde. Weitere personelle Konsequenzen dürfen nicht mehr ausgeschlossen bleiben.

Der VfL Bochum braucht endlich defensive Kompaktheit

Fünf Gegentore gegen formstarke Bayern trotz einer defensiven Ausrichtung, die konnte man als Bochumer noch gut verdauen. Sieben Nackenschläge in Frankfurt sind ein Offenbarungseid. Bereits zuvor, noch unter Trainer Peter Zeidler, gab es jeweils drei Einschläge gegen die schwächeren Gegner TSG Hoffenheim und den VfL Wolfsburg. Beide hätten deutlich häufiger treffen können, ja müssen. Aber auch so sind 29 Gegentore Ligaspitze. Aufsteiger St. Pauli hat erst elf Tore kassiert.

In der Innenverteidigung fehlt es komplett an Tempo, wenn Erhan Masovic und Ivan Ordets gemeinsam spielen wie in Frankfurt. Die Außenverteidiger müssen sich vor allem auf ihre Defensivarbeit konzentrieren, statt hoch anzulaufen, das Mittelfeld kompakt formatiert sein. Es mag mutlos aussehen – alles andere aber führt ins Verderben. Wie in Frankfurt.

Wieder jubelten die Frankfurt: Die Bochumer fanden über weite Strecken kaum Zugriff.
Wieder jubelten die Frankfurt: Die Bochumer fanden über weite Strecken kaum Zugriff. © AFP | KIRILL KUDRYAVTSEV

Alle beim VfL Bochum müssen an einem Strang ziehen

Hans-Peter Villis, der langjährige Vorstandsvorsitzende, lässt seine Ämter ruhen. Es gab – schon über Monate - Differenzen im Präsidium. Ex-Trainer Peter Zeidler wurde früh intern, nicht nur vom Team, angezählt. Andere hielten zu ihm. Am Ende wurde er freigestellt. Auch Sportdirektor Marc Lettau musste gehen. „Der Trainerwechsel, der Sportdirektorenwechsel, der Präsident ist nicht mehr da – das macht schon etwas mit einem“, meinte Holtmann.

Innerhalb der Mannschaft gibt es sprachliche Barrieren, Grüppchenbildung. Sicher: Die pure Harmonie in einem Profiteam, in einem Klub gibt es nicht. Beim VfL Bochum aber bröckelte der für einen Abstiegskandidaten wichtige Zusammenhalt zuletzt in einem bedenklich rasanten Tempo – und noch dazu teils öffentlich. Will der Klub noch eine Chance haben, muss er in der Krise mehr denn je zusammenstehen. Mannschaft, Bosse, Mitarbeiter, dazu Sponsoren und vor allem die Fans, bisher tadellos unterstützend, müssen wieder zueinander finden, wenn es darauf ankommt. So wie es in den entscheidenden Wochen des Abstiegskampfes in den beiden Vorjahren gelang.