Bochum. Nach einer turbulenten Woche hinter den Kulissen des VfL Bochum geht die Mannschaft gegen den FC Bayern im Ruhrstadion mit 0:5 unter.

Die Bayern jubeln, die Bochumer sind enttäuscht: Der VfL kassierte am Sonntag eine Klatsche gegen den Rekordmeister.
Die Bayern jubeln, die Bochumer sind enttäuscht: Der VfL kassierte am Sonntag eine Klatsche gegen den Rekordmeister. © FUNKE Foto Services | Udo Kreikenbohm

Während die Fans des VfL Bochum in der Ostkurve davon sangen, dass ihr Verein niemals untergehen würde, war die derbe 0:5-Klatsche ihre Mannschaft gegen den FC Bayern München die Krönung einer chaotischen Woche. Und dennoch machte es den Anschein, dass die Spieler mehr zu leisten imstande sind, als sie in den bisherigen sieben Bundesliga-Spielen zeigten. Die Situation im Tabellenkeller allerdings verschärft sich weiter drastisch.

Die vergangenen Tage hätten schon kaum turbulenter sein können. Nachdem Trainer Peter Zeidler und Sportdirektor Marc Lettau freigestellt wurden, führten die Querelen im Aufsichtsrat und Präsidium in einer Sitzung am Mittwoch sogar zum zwischenzeitlichen Rückzug vom langjährigen Präsidenten Hans-Peter Villis, der anders als von Vereinsseite kommuniziert, nicht rein aus gesundheitlichen Gründen geschah. Eine Tatsache, auf die die Ultras vor dem Spiel mit einer klaren Botschaft in Richtung Vereinsführung reagierten. „Wer eigene Interessen über die des Vereins stellt, wird von uns mit aller Macht bekämpft“, stand auf einem Plakat, das als Warnung zu verstehen war.

VfL Bochum: Feldhoff ändert viel gegenüber Zeidler

Immerhin die Personalie Villis, der am Sonntag in der Loge saß, habe die Mannschaft nicht groß beschäftigt, sagte Interimstrainer Markus Feldhoff vor der Partie. „Es ist die Gelegenheit für einen Neustart“, sagte er. Zumindest personell und taktisch war einiges neu. Anders als unter Zeidler setzte das neue Trainer-Duo auf eine Dreier- respektive Fünferkette und gleich drei defensive Mittelfeldspieler. Defensiv kompakt stehen und wie in der vergangenen Saison mit langen Bällen agieren - das war zunächst der Plan.

Maximilian Wittek im Zweikampf mit dem Torschützen zum 1:0, Michael Olise.
Maximilian Wittek im Zweikampf mit dem Torschützen zum 1:0, Michael Olise. © AFP | Ina Fassbender

Dieser wäre beinahe in der Anfangsphase auch aufgegangen. Die Bochumer hatten die Geschwindigkeitsdefizite der Bayern-Abwehr offenbar unter der Woche bei deren Champions-League-Pleite beim FC Barcelona genau unter die Lupe genommen. In der achten Minute etwa schickte Erhan Masovic den schnellen Stürmer Moritz Broschinski ins Laufduell mit Minjae Kim. Dieser lief dem Südkoreaner zunächst weg, legte den Ball sogar an Manuel Neuer vorbei - wurde dann aber in letzter Sekunde doch noch von Kim abgelaufen, der den Ball von der Linie kratzte. Broschinski war es auch, der mit einem Distanzschuss in der 23. Minute gefährlich wurde.

Mit diesen einfachen Stilmitteln wollte der VfL Bochum als Bollwerk unangenehm sein für den Rekordmeister, der zwei der letzten drei Auswärtsspiele an der Castroper Straße zuvor verlor. Doch mit Fouls vor dem eigenen Strafraum und einer strittigen Entscheidung des Schiedsrichters Florian Exner machte sich der VfL schon in der ersten Halbzeit eine durchaus engagiertere Leistung als in den vergangenen Wochen früh kaputt.

VfL Bochum: Zwei Freistöße führen zu Gegentreffern

In der 16. Minute brachte Neuzugang Michael Olise den Rekordmeister per direkt verwandelten Freistoß mit 1:0 in Führung. Im Vorfeld hatte Ivan Ordets Bayerns Stürmer Harry Kane ungeschickt gehalten, Kapitän Losilla lief ihn um. Obwohl Konrad Laimer zum Abschluss kam und so den Vorteil auch ausführte, entschied Exner auf Freistoß. Einige Zweikampf-Situationen entschied er zu Lasten der Bochumer.

Harry Kane erzielt das zwischenzeitliche 3:0 für den FC Bayern.
Harry Kane erzielt das zwischenzeitliche 3:0 für den FC Bayern. © dpa | David Inderlied

Zehn Minuten später war es erneut Losilla, der mit einem unnötigen Foul an der Strafraumkante an Olise für einen Freistoß des Rekordmeisters sorgte. Diesen spitzelte Joshua Kimmich aufs kurze Eck, wo Jamal Musiala Ibrahima Sissoko weglief, Patrick Drewes nicht konsequent genug rauskam und der Nationalspieler mit dem Kopf zum 2:0 traf. Weitere Angriffe spielte der FC Bayern dann schlampig aus. Beispiel? In der 40. Minute verlor Erhan Masovic im Mittelfeld den Ball gegen Musiala, der denn selbst antrieb und im Strafraum den Ball von Kingsley Coman zurückbekam, akrobatisch aber das Tor verfehlte.

VfL Bochum: Kaenzig spricht schon vom Überleben

Immerhin: Der VfL gab sich nicht auf, brachte Leidenschaft aufs Feld. Cristian Gamboa brachte nach seiner Einwechslung zur Pause Schwung. Die Fans spürten das, unterstützten ihr Team. Doch die Tore erzielten die Bayern. Musiala konnte im Mittelfeld befreit aufspielen, sah Kane, der mit einem satten Schuss das 3:0 besorgte (57.). Leroy Sané (66.) und Kingsley Coman (71.) erhöhten mit schönen Treffern. Für die einzigen VfL-Jubelstürme sorgten nur ein Schuss eines jungen VfL-Fans in einem Spiel in der Halbzeit und die Einwechslung des Ex-Bochumers Leon Goretzka.

Die Abstiegsangst in Bochum wird so immer größer, ein neuer Trainer ist weiterhin gesucht. „Der Trainer muss mehr aus dem Kader herausholen, als er hergibt. Sonst bleiben wir nicht drin. Es muss der Reiz da sein, in diesem Umfeld eine Mission Impossible zu starten“, sagte VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig schon vor der Partie bei DAZN und beschwor bereits das Narrativ des Wunders: „Für den VfL Bochum geht es jetzt ums Überleben.“

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