Frankfurt. Die Stimmung zwischen Fans und Mannschaft beim VfL Bochum kippt. Gerrit Holtmann erklärt sein Gespräch mit Fans schon in der Pause: „sauberer Austausch“.

Sie hielten erst ihre Schals hoch, schwenkten sie gemeinsam, als wollten sie zeigen: Wir sind Bochumer. Ihr gerade nicht. Etliche Fans skandierten dann „Wir ham die Schnauze voll“ – und zwar bereits nach 39 Minuten. 0:4 stand es da, welch ein Debakel. Nach dem Abpfiff, nach dem 2:7 des VfL bei Eintracht Frankfurt, mussten sich die Spieler des hoffnungslos unterlegenen Schlusslichts der Bundesliga einiges anhören.

Lange hielt die Einheit zwischen Fans und Team, auch in dieser Saison – zumindest im Stadion, bei der Unterstützung der eigenen Mannschaft. In Hoffenheim vor zwei Wochen gab es zwar ersten lauteren Protest, als der VfL eine unterirdische erste Halbzeit hingelegt hatte. Gegen den FC Bayern in der Woche darauf fiel die Unterstützung lange nicht so laut aus wie in besseren Zeiten. Nach der Partie gegen den Rekordmeister (0:5), dem ersten Spiel nach der Trennung von Trainer Peter Zeidler unter Interimstrainer Markus Feldhoff, gab es aber noch aufmunternden Applaus.

Ultras des VfL Bochum verlassen den Fanblock frühzeitig

Und Hoffnung, trotz aller Querelen und Pleiten. Rund 4000 Bochumer machten den Gäste-Block in Frankfurt trotz des Katastrophenstarts voll, sehnten die Wende herbei. Und wurden erneut bitter enttäuscht. Sie sahen ein Debakel. 2:7. Bochum ist jetzt der Klub mit dem schlechtesten Saisonstart nach neun Partien in der Bundesliga-Geschichte.

Eintracht Frankfurt - VfL Bochum
Spieler und Fans des VfL Bochum nach dem Debakel in Frankfurt. © DPA Images | Thomas Frey

Während die euphorisierten Adler-Fans eine Eintracht-Frankfurt-Version des Schneewalzers anstimmten, standen Kapitän Anthony Losilla, sein Stellvertreter Philipp Hofmann, Gerrit Holtmann, Ersatztorwart Timo Horn, Cristian Gamboa und einige weitere Profis – teils mit deutlich mehr Abstand – vor der VfL-Kurve. Wütend waren die Anhänger nach dem Schlusspfiff, natürlich waren sie das. Die Ultras - und einige andere Fans auch - hatten den Block da allerdings bereits verlassen. Auch eine klare Form des Protests.

VfL Bochums Hofmann: „Wir mussten uns einiges anhören“

„Wir mussten uns einiges anhören, was normal ist. So ein Spiel haben die Fans nicht verdient, heute müssen wir uns alle hinterfragen. Wir wurden aber nicht komplett durchbeleidigt“, erklärte Stürmer Hofmann hinterher in der Interviewzone des Deutsche-Bank-Parks. „Es gab auch viele aufmunternde Worte“, sagte Hofmann und erklärte dies auf Nachfrage: „Sie haben gesagt, dass wir weiterkämpfen sollen. Das müssen wir auch, wir können ja jetzt nicht aufhören.“

Gerrit Holtmann hatte bereits in der Pause für eine bemerkenswerte, wenn nicht sogar einmalige Szene gesorgt. Der frühere Flügelstürmer, der nach Maximilian Witteks Auswechslung als Linksverteidiger aushalf, ging schon nach dem Pfiff zur Pause zu den Anhängern in die Kurve - und erst nach einigen Minuten des Austauschs in die Kabine.

Holtmann sucht Gespräch in der Pause! „Pfiffe haben mich angespornt“

„Ich habe mit den Fans den Austausch gesucht, warum sie in der Situation schon in der Pause gegen uns sind und wir nicht zusammenhalten“, erklärte der 29-Jährige hinterher auf Nachfrage der Journalisten. „Die Pfiffe haben mich dazu angespornt. Ich finde, es gehört sich nicht in der Halbzeit. Ich bin hingegangen und habe gesagt, dass wir nicht mutig sind, dass es aber nichts bringt, seinen Unmut so zu äußern.“

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Holtmann stand seinen Mann, suchte die Unterstützung der Fans, warb um die überall zurzeit so vermisste Einheit. Die Leistung des Teams in Frankfurt wollte er damit keinesfalls schönreden. „Ich kann den Unmut der Fans nachvollziehen nach einer Leistung, die keine war“, sagte er klipp und klar.

In Frankfurt, in der Pause beim Stand von 1:4, „hatte ich dann einen sauberen Austausch mit dem Chef. Der ist sehr offen, hat gesagt, wir sollen uns für den Verein zerreißen. Jetzt muss jeder seinen Mann stehen.“ Viel geholfen hat es auf dem Platz letztlich nichts, Bochum kassierte nach dem zarten Hoffnungsschimmer zum 2:4 drei weitere Gegentore.

Holtmann war auch schon selbst im Fan-Block bei Spielen des VfL Bochum

Holtmann, einer der wenigen verbliebenen bzw. nach Leihen zurückgekehrten Aufstiegshelden des VfL, war schon immer sehr fannah in Bochum unterwegs, hat ein hohes Standing bei den Anhängern des VfL. Er ist einer der wenigen Fußballprofis, die die Basis noch verstehen, ihr zuhören, mit ihr diskutiert. Mehr noch sogar. „Ich habe in diesem Jahr viel mitgemacht“, erzählte Holtmann, der ja im Sommer eigentlich sportlich aussortiert war, der oft nicht zum Spieltagskader zählte wie etwa beim Heimspiel gegen Wolfsburg am 5. Oktober. Holtmann: „Ich war im Q-Block der Fans, ich bin auch mal eine Meile mitgegangen beim Fanmarsch vor dem Spiel gegen Wolfsburg.“

Jetzt ist er wieder auf dem Platz gefragt - und als Vermittler zwischen Team und Fans. Die Stimmung beim VfL Bochum ist im Keller.

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