Duisburg/Düsseldorf. Ein Rückblick auf die Duisburg-Düsseldorfer Derbygeschichte – und darauf, wie beide Klubs 1992 unerwünscht Einzigartiges schafften.

Der Unterschied hätte nicht größer sein können. Bis 1991 ermittelte Götz George in der Rolle des rüden Proll-Kommissars Horst Schimanski am WDR-Tatort in Duisburg. Im Jahr darauf schickten die Verantwortlichen des Senders den Düsseldorfer Ermittler Bernd Flemming an den Start, der ganz gesittet Morde in der Kunstakademie aufklärte. Der Gegensatz steht sinnbildlich für die beiden Nachbarstädte am Rhein: hier die noble Kulturhochburg samt Landesregierung, dort das in der öffentlichen Wahrnehmung dauerverschmutzte Opfer des Strukturwandels. Es wundert nicht, dass in den knapp 60 Jahren, in denen sich die beiden größten Fußballvereine am Ort auf Profiniveau begegnet sind, keine engen Freundschaftsbande entstanden sind. Ein Rückblick auf die Duelle zwischen dem MSV und der Fortuna vor dem Gastspiel der Düsseldorfer Zweitvertretung am Freitagabend in der Schauinsland-Reisen-Arena.

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Meidericher gegen Flingerner – das gab es natürlich schon einige Zeit, bevor die Bundesliga 1963 ihren Spielbetrieb aufnahm. In den 1920er-Jahren begegneten sich beide Klubs noch mehr oder weniger auf Augenhöhe, beispielsweise in der Saison 1928/29, als ihnen als Zweiter (MSV) und Dritter (Fortuna) der Westdeutschen Meisterschaft der Einzug in die Endrunde um die „Deutsche“ gelang, wo sie aber jeweils im Achtelfinale scheiterten. Im folgenden Jahrzehnt ging die Schere jedoch auseinander: Die Düsseldorfer wurden 1933 zum ersten und einzigen Mal in ihrer Geschichte Deutscher Meister, während der MSV nach der Einführung der Gauligen fortan nur noch unterklassig spielte.

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Nach Kriegsende trafen sich beide Vereine in der erstklassigen Oberliga West wieder, wo der MSV ab 1951 mit einem Jahr Unterbrechung dauerhaft kickte. Die Fortuna konnte an ihre vorherigen Erfolge nicht anknüpfen, musste 1960 sogar noch einmal in die Zweitklassigkeit absteigen und sammelte in der sogenannten Zwölfjahreswertung, die für die Zusammensetzung der 1963 geschaffenen Bundesliga große Bedeutung hatte, nicht genügend Punkte, um aufgenommen zu werden – im Gegensatz zum MSV, der etwas überraschend zum Gründungsmitglied wurde. Anschließend benötigte „F95“ drei Anläufe, um endlich dort zu landen, wo der Verein sich zu Hause fühlte: in der obersten deutschen Spielklasse.

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Das erste Duell der Nachbarn auf Bundesliganiveau endete schiedlich-friedlich 1:1. Vor 20.000 Zuschauern im Wedaustadion schoss Jupp Hellingrath die Gäste in Führung, doch Djordje Pavlic schaffte in der 81. Minute noch den Ausgleich. Das Rückspiel wurde für die von Hermann Eppenhoff trainierten zum Triumph: Durch einen 5:1-Sieg, zu dem unter anderem Werner „Eia“ Krämer einen lupenreinen Hattrick beisteuerte, verurteilte man die Fortuna drei Runden vor Saisonende praktisch zum sofortigen Wiederabstieg. Vier weitere Jahre sollte es dauern, ehe sich die Düsseldorfer dann doch in der Bundesliga etablieren konnten.

MSV-Legende Ronnie Worm (hier im Jahr 2010) beendete mit einem lupenreinen Hattrick die schwarze MSV-Serie gegen die Fortuna.
MSV-Legende Ronnie Worm (hier im Jahr 2010) beendete mit einem lupenreinen Hattrick die schwarze MSV-Serie gegen die Fortuna. © FFS | Friedhelm Geinowski

In den 1970er-Jahren entwickelte sich die Fortuna dann zu einer Art Angstgegner für den MSV. In den ersten neun Duellen nach dem Düsseldorfer Wiederaufstieg zwischen August 1971 und August 1975 sprang kein einziger Sieg heraus. Diese schwarze Serie endete erst am Abend des 16. Januar 1976 vor 22.000 Zuschauenden im Rheinstadion – und wieder hatte ein lupenreiner Hattrick entscheidenden Charakter. Nach torloser erster Hälfte schoss Ronnie Worm mit seinem Dreierpack zwischen der 57. und 71. Minute praktisch im Alleingang den späteren 3:1-Erfolg heraus.

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Der Ehrlichkeit halber sei angemerkt, dass solche vergleichsweise spektakulären Partien nicht unbedingt die Regel waren, wenn die rheinischen Nachbarn sich trafen. Allein fünf Begegnungen in den 1970er-Jahren endeten mit torlosen Unentschieden. Noch eine statistische Besonderheit: Abgesehen vom erwähnten 5:1-Sieg des MSV fielen bei Ligaspielen zwischen beiden Klubs niemals mehr als vier Tore.

Das bislang letzte Duell im Profibereich am 11. März 2018: Takashi Usami (rechts) machte mit dem 2:0 den Deckel auf die Partie, die Fortuna-Fans hinter dem Tor von Mark Flekken durften mit dem Feiern beginnen. Am Freitagabend wird die Gästekurve der Arena deutlich leerer sein.
Das bislang letzte Duell im Profibereich am 11. März 2018: Takashi Usami (rechts) machte mit dem 2:0 den Deckel auf die Partie, die Fortuna-Fans hinter dem Tor von Mark Flekken durften mit dem Feiern beginnen. Am Freitagabend wird die Gästekurve der Arena deutlich leerer sein. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Im Mai 1982 war dann erst einmal für längere Zeit Schluss mit Nachbarschaftsduellen. Der MSV musste erstmals den Weg in die 2. Bundesliga antreten. Zum Abschied gab es am letzten Spieltag der Saison 1981/82 wenigstens noch einen 2:1-Sieg gegen den Rivalen von der südlichen Stadtgrenze. Als dann auch die Fortuna 1987 mal wieder runter musste, wurde es nichts mit einem Wiedersehen, denn da spielte der MSV bereits drittklassig. Erst 1991, nach der Rückkehr des MSV ins Oberhaus, stand mal wieder die Partie gegen die Fortuna auf dem Spielplan. 1:1 trennte man sich zunächst im Rheinstadion, 2:2 dann im Wedaustadion. Am Ende der Spielzeit erlebten beide Klubs Historisches. Der MSV musste auf Platz 19 absteigen, die Fortuna auf Platz 20. Die sportlich vollzogene Wiedervereinigung machte eine Aufstockung der Bundesliga für ein Jahr notwendig; diese Ränge dürften aller Voraussicht nach nie wieder dort ausgespielt werden.

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Die folgende Saison bedeutete also: Zweitklassigkeit. Dort hatte der MSV im ersten Aufeinandertreffen die Nase vorn und siegte daheim mit 3:1. Der gebürtige Düsseldorfer Michael Preetz, heute Geschäftsführer der Zebras, eröffnete gegen seinen Heimatverein den Torreigen. Auf Erstliganiveau hatten es Weiß-Blau und Rot-Weiß danach nur noch in der Saison 1996/97 miteinander zu tun, ehe die Fortuna das erlebte, was der MSV aktuell nachvollziehen kann: den sportlichen Absturz bis hinunter in die Viertklassigkeit. 2002/03 gab es dann das, was an diesem Freitag in umgekehrter Form Premiere feiert: „F95“ musste in der Oberliga Nordrhein gegen die Zweitvertretung der Zebras antreten. Letztere verbuchten mit einem 3:0-Heimsieg und einem 2:2 auswärts sogar die bessere Bilanz, stiegen aber am Ende trotzdem ab. Die Fortuna enttäuschte aber als Tabellenachter ebenso und schaffte erst in der Folgesaison die Rückkehr in die Drittklassigkeit.

Zwei Trainer, die sich in beiden Vereinen auskannten: Peter Neururer (links) und Norbert Meier beim Gastspiel der Fortuna im Jahr 2009.
Zwei Trainer, die sich in beiden Vereinen auskannten: Peter Neururer (links) und Norbert Meier beim Gastspiel der Fortuna im Jahr 2009. © FFS | Friedhelm Geinowski

Zwölf Jahre zogen insgesamt ins Land, ehe es 2009 wieder um Zweitliga-Punkte zwischen dem MSV und der Fortuna ging. Peter Neururer, der bei beiden Vereinen auf der Trainerbank saß, durfte mit dem 3:0-Sieg eines der wenigen Highlights seiner Duisburger Zeit feiern. Neunmal hatten es die beiden Klubs danach noch auf Profi-Niveau miteinander zu tun, stets in der 2. Bundesliga. Das letzte Duell stieg am 11. März 2018 und hatte wegweisenden Charakter. Der MSV, im Vorjahr unter Ilia Gruev gerade wieder nach oben gerutscht und nun als Vierter mit dem Relegationsplatz in Sichtweite, empfing den auf Platz eins stehenden Nachbarn und musste sich letztlich mit 1:2 geschlagen geben. In kurzer Zeit zerschlugen sich alle leisen Hoffnungen; die Zebras wurden zwischenzeitlich sogar bis auf Platz zwölf durchgereicht und verabschiedete sich im Folgejahr bis auf weiteres aus der DFL, während die Fortuna den Wiederaufstieg ins Oberhaus schaffte.

Da ging‘s dann auch mal hoch her: 2010 fühlten sich die MSV-Fans von den Sitzplätzen in der Düsseldorfer Arena gestört.
Da ging‘s dann auch mal hoch her: 2010 fühlten sich die MSV-Fans von den Sitzplätzen in der Düsseldorfer Arena gestört. © FFS | Uwe Schaffmeister

Heute trennen beide Vereine zwei Klassen, und wie oben erwähnt, wird es nun das erste Mal sein, dass der MSV mit seiner ersten Mannschaft auf den U-23-Unterbau des Nachbarn trifft. Ungeachtet der geringen Sympathien, die die Fanlager füreinander empfinden, würde ein Wiedersehen auf Augenhöhe zweifellos beiden Seiten große Freude bereiten.

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