Witten. Beim Qualifikationturnier in Baku setzt sich die vierfache DM-Gewinnerin in drei Kämpfen gegen starke Rivalinnen durch. Was jetzt auf sie wartet.
Aller guten Dinge sind drei - das gilt nun wohl auch für den Deutschen Ringer-Bund (DRB), was die Startplätze für die anstehenden Olympischen Spiele 2024 in Paris betrifft. Nachdem bereits Luisa Niemesch (Weingarten) und Jello Krahmer (Schorndorf) die Qualifikation für die Sommerspiele geschafft hatten, löste jetzt auch die Baden-Württembergerin Sandra Paruszewski, die in der kommenden Oberliga-Saison wieder bei der Sport-Union Annen eingeplant ist, ihr Ticket für die französische Hauptstadt.
„Noch ist das alles ein bisschen surreal für mich. Aber die Olympischen Spiele waren immer mein größtes Ziel“, sagte die 30-jährige Freiburgerin, die nach dem Qualifikationsturnier im aserbaidschanischen Baku wieder ein wenig Zeit zur Erholung in der Heimat verbringen konnte. Körperlich habe sich Paruszewski, die sich im Herbst einer Knie-Operation hatte unterziehen müssen, schon wieder richtig gut gefühlt, war ebenso wie in Sachen mentale Verfassung bei 100 Prozent.
Viermalige Deutsche Meisterin Paruszewski hat Losglück in Baku
„Als ich die Auslosung für Baku gesehen habe, dachte ich mir: Das sieht eigentlich recht gut aus“, war der Ringerin sogar das Losglück ein wenig hold. Auch wenn es bei diesem vorletzten europäischen Quali-Turnier keine wirklich schwachen Gegnerinnen gab. „Ich kannte meine Kontrahentinnen aber schon von vorherigen Wettkämpfen“, so Paruszewski. So ging es für sie in der Klasse bis 57 Kilogramm zunächst gegen die Rumänin Kateryna Zhydachevska. Zweimal stand sie ihr bereits gegenüber, zuletzt bei der EM 2022, wo die viermalige Deutsche Meisterin Bronze gewann. Nach dem 5:3-Erfolg folgte dann das Duell mit der Bulgarin Ewelina Nikolova, Olympia-Dritte von Tokio. Ein Doppelbeinangriff brachte den entscheidenden Vorteil - mit 3:2 siegte die DRB-Athletin. Dabei hatte sie das zuvor einige Duell mit der Osteuropäerin 2014 haushoch verloren.
Im alles entscheidenden Halbfinale - die jeweiligen Finalistinnen bekamen die Fahrkarte nach Paris - gab es dann ein Wiedersehen mit der Türkin Elvira Kamaloglu, gegen die Paruszewski kurz zuvor erst bei einem Turnier in deren Heimat gewonnen hatte. „Dadurch war das schon mit ein wenig Druck für mich verbunden“, so Paruszewski. Lange Zeit war es ein offener Vergleich, die 30-Jährige lag sogar mit 1:2 hinten. Doch dann landete die Württembergerin mit einer Schleudertechnik eine hohe Wertung, drückte ihre Gegnerin kurz darauf auf die Schultern. Kein Wunder, dass es danach kein Halten mehr gab. Paruszewski feierte ausgelassen, wurde geherzt von Bundestrainer Patrick Loes.
„An diesem Tag“, so die Ringerin, „hat irgendwie einfach alles gepasst für mich.“ Nach all den Entbehrungen der jüngeren Vergangenheit, der Leidenszeit durch die Knieverletzung, verbunden mit einer quälend langen Reha-Phase (u. a. am Olympiastützpunkt in Heidelberg) hatte Sandra Paruszewski nun ihr großes Karriereziel erreicht und könnte ihren bislang zwei EM-Bronzemedaillen nun noch einen weitaus wertigeren Erfolg hinzufügen.
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Kein Gedanke jetzt mehr an die verpasste Gelegenheit, sich schon bei der WM für Paris zu qualifizieren. Dort nämlich geschah das Unglück, Paruszewski zog sich einen Meniskusschaden samt Außenbandriss im Knie zu. Doch stets mit Olympia vor Augen kämpfte sich die junge Frau zurück und freut sich nun unbändig aufs Turnier in Frankreich im Sommer. „Ich glaube, dass es mit einem guten Los auch da möglich ist, weiter vorne mitzuringen“, sagt Sandra Paruszewski.
Weitere Qualifikations-Chance wartet auf DRB-Asse in Istanbul
Einstweilen stehen nun allerdings diverse Lehrgänge mit der Nationalmannschaft auf dem Programm - der nächste wartet bereits in Saarbrücken. „Der ist dann vor allem für die Aktiven gedacht, die sich noch weitere Olympia-Tickets erhoffen“, so die 30-Jährige, deren Stammverein der AV Sulgen ist. Ihre DRB-Kaderkolleginnen Anastasia Blayvas (50 kg) und Annika Wendle (53 kg) waren in Baku als Halbfinalisten schon kurz davor, auch ihren Traum wahrzumachen. In Istanbul gibt es dann beim Weltturnier im Mai eine weitere, dann aber letzte Chance, auf den Zug nach Paris aufzuspringen. „Es kommen dann sicher noch weitere Kadermaßnahmen und ein paar Wettkämpfe auf mich zu“, so die Ringerin.
An eine mögliche Teilnahme an der Oberliga-Saison ab dem Spätsommer bei der SU Annen, bei der Trainer Thorsten Busch seine Top-Athletin natürlich als wichtige Punktegarantin unheimlich gerne dabei hätte, denkt Sandra Paruszewski verständlicherweise derzeit noch gar nicht. Sie lässt nun erstmal Olympia auf sich zukommen. Da die Ringerinnen und Ringer dort immer erst in der zweiten Wettkampf-Woche - nach den Judoka - dabei sind, wird sie zwar die Eröffnungsfeier verpassen. „Dafür sind wir dann aber sicher bei der Schlussfeier dabei“ - ein ebenso spektakuläres Erlebnis, das beileibe nicht vielen vergönnt ist.
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