Mülheim. Der Trainings- und Spielbetrieb nimmt langsam wieder Fahrt auf. Immer im Hinterkopf: Die Angst vor Verletzungen wegen zu hoher Belastung.
Die Tennisspieler haben bereits Mitte Juni den Spielbetrieb wieder aufgenommen, die Fußballer haben vor knapp einer Woche nachgezogen und die ersten Testspiele bestritten.
Anfang September soll es wieder um Punkte gehen, dann wollen auch die Hockeyteams und die Handballer wieder dabei sein. Über allem schwebt aber die Frage: Wie verkraften die Sportler die lange Pause? Steigt das Verletzungsrisiko nach dem Kaltstart?
Tennismannschaft gehen Spieler aus
Die Herren 40 des TC Raadt konnten am dritten Spieltag in der Tennis-Niederrheinliga zum Auswärtsduell beim ETB Schwarz-Weiß Essen nicht antreten – ihnen war verletzungsbedingt das Personal ausgegangen. Die Partie wurde mittlerweile mit 0:9 gewertet, dass die Verletzungen mit der sportfreien Zeit zuvor zusammenhängen, glaubt Kapitän Andreas Kraemer indes nicht. „Ich kann diese Vermutung nicht bestätigen. Einige unserer Spieler waren schon in der Vergangenheit häufiger mal verletzt, andere waren topfit, haben sich halt nun etwas eingefangen. Das ist aber eher eine Verkettung unglücklicher Umstände. In den Vorjahren stand uns ein größerer Kader zur Verfügung. Da sind die Ausfälle nicht so aufgefallen.“
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Viele Tennisspieler haben die Zeit, die sie nicht auf dem Platz verbracht haben, sogar sinnvoll genutzt. Das gilt auch für Andreas Kraemer: „Ich war so fit wie selten zuvor, weil ich an jedem zweiten Tag joggen war. Mein Ausfall hatte einen anderen Grund.“
Der Vorteil der Tennisvereine: Viele öffneten bereits am 7. Mai die Pforten, seitdem durfte gespielt werden. Die Vorbereitungszeit bis zum ersten Medenspiel im Juni war also lang genug.
Mini-Kader macht Probleme
Eine lange Vorbereitungszeit vor dem ersten Pflichtspiel der kommenden Saison haben auch die Fußballer. Das Problem ist aber, dass derzeit nur 15 Spieler im Kader stehen dürfen – mehr als vier Auswechslungen pro Partie sind in den Testspielen also nicht möglich.
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Das sah man den Spielern von Rot-Weiß Mülheim nach dem ersten Testspiel gegen Schwarz-Weiß Alstaden auch an. Die, die durchspielen mussten, waren platt. Im zweiten Test einigten sich die Rot-Weißen mit Gegner Fortuna Bottrop darauf, dass die vier ausgewechselten Spieler auch noch einmal eingewechselt werden durften. So konnte vier weiteren Spielern am Ende eine Pause verordnet werden.
„Ich denke, dass es Sinn macht, dass man zu dem Zeitpunkt noch nicht 90 Minuten durchspielen muss. Normalerweise lässt du 22 Leute spielen“, meinte Trainer Kim Rolinger. Auch Speldorfs Trainer Dirk Roenz hält diese Lösung für sinnvoll, solange weiterhin nur 15 Spieler eingesetzt werden dürfen. „Sonst hat man ja ganz schnell Zerrungen oder Muskelfaserrisse“, so der VfB-Coach. Nicht zuletzt deshalb bestreiten die Rot-Weißen etwa mehrere Testspiele, damit der Trainer durchrotieren kann.
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Trainingsstart nach DHB-Plan
Einen weiteren Schritt in Richtung Normalität konnten die Handballer verzeichnen. Dadurch, dass nun mit 30 Sportlern in der Halle trainiert werden darf, kann die Vorbereitung richtig anlaufen. Die Vereine halten sich aber noch bedeckt.
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Verbandsligist HSV Dümpten hat sich größtenteils an das DHB-Konzept „Return-to-Play“ gehalten und dieses für den Aufbau seiner Trainingseinheiten zugrunde gelegt. So gelte es etwa, die Sportler sukzessive wieder an die spezifische mechanische Belastung des Handballsports zu gewöhnen, bei Wurfbewegungen etwa oder den schnellen Richtungswechseln. Konkret bedeutet das: pro Trainingseinheit eine deutlich reduzierte Anzahl an Sprints, Abstopp- und Antrittsbewegungen sowie Richtungswechseln und Sprüngen. Auch für die Gewöhnung der oberen Extremitäten sowie der Schultern sollte die Zahl der Pässe und Würfe zu Beginn minimiert werden. Eins-gegen-Eins-Situationen stellen für die Sportler die höchsten Belastungen dar und seien erst im fortgeschrittenen Trainingsverlauf zu implementieren.
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„Wir haben es speziell bei den Torwürfen langsam angehen lassen“, erklärt HSV-Trainer René Bülten. Deswegen habe er zunächst das Torwarttraining in den Mittelpunkt gestellt: „Dabei ist es nicht notwendig mit 100 Prozent auf das Tor zu werfen.“
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Styrum bestreitet das erste Testspiel
Das Konzept des DHB ist auch den anderen Mülheimer Vereinen bekannt, eins zu eins umsetzen ließe es sich aber an vielen Stellen nicht. Dafür reiche auch die begrenzte Trainingszeit nicht aus. „Wir haben aber bisweilen versucht, Eins-gegen-Eins-Situationen im Training zu vermeiden“, erklärt Bernd Reimers, Trainer der DJK Styrum 06. Stattdessen standen Kräftigungsübungen insbesondere für den Rumpf auf dem Plan. Ganz bei Null anfangen könne er dabei aber nicht. „Eine gewisse Athletik und Fitness muss jeder mitbringen“, so der Coach des Verbandsligaaufsteigers. Für die Styrumer steht das erste Testspiel schon am Sonntag an. Dann geht es zum TV Rhede.
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Der VfR Saarn will sich damit noch etwas länger Zeit lassen. „Wir wollten das Risiko nicht eingehen und haben Vorbereitungsspiele erst im August geplant“, erklärt Trainer Carsten Quass. Bis dahin will sich der Landesligist erstmal „auf sich konzentrieren“.
Aufgalopp für den deutschen Meister vom Uhlenhorst
Noch eine Spur professioneller läuft es beim Hockey-Bundesligisten HTC Uhlenhorst ab. Die Herren um das neuformierte Trainerteam Thilo Stralkowski und Johannes Schmitz haben sich in der vergangenen Woche zum ersten Aufgalopp getroffen. Noch bis zum 25. Juli steht Athletiktraining auf dem Programm, nach einer zehntägigen Pause geht es dann in die intensive Saisonvorbereitung.
Mit dem Ziel, zum anvisierten Neustart Anfang September in bester Verfassung zu sein. So richtig pausiert haben die Uhlenhorster aber nicht. Gerade die Kaderathleten – und davon gibt es beim deutschen Meister zahlreiche – durften bereits vor längerer Zeit wieder zum Schläger greifen. Mit individuellen Fitnessplänen haben sich sowohl der Herren-, als auch der Damenkader fitgehalten.
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Damenteam trainiert derzeit auf freiwilliger Basis
„Wir haben uns mit den Athletiktrainern abgestimmt und sind zumindest vorsichtig gestartet. Die Jungs sind fit, Spielfitness ist aber natürlich noch nicht vorhanden“, sagt Thilo Stralkowski. Damentrainer Daniel Kamphaus betont: „Die Mädels können zwei Mal in der Woche freiwillig zum Training kommen. Wir wollten nach der Zwangspause keine allzulange Sommerpause, aber auch keine zu lange Vorbereitung.“ Deshalb beginnt die heiße Phase erst am 28. Juli – und soll dann pünktlich zum Saisonstart abgeschlossen sein.
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Ob die Spielzeit wirklich am 5. und 6. September beginnt hängt davon ab, ob zuvor in allen Bundesländern unter gleichen Bedingungen trainiert werden durfte.
Spieler konnten durch die Pause regenerieren
„Insgesamt glaube ich, dass die lange Pause auch einmal ganz gut tat. So konnten sich die Körper der Spieler erholen. Die Jungs haben schon sehr viele Spiele in den vergangenen Jahren gemacht“, sieht Thilo Stralkowski auch eine Chance für die Athleten. Ab dem 6. August bitten er und Johannes Schmitz die Mannschaft zum Auftakt in die finale Saisonvorbereitung. „Die ist dann mit viereinhalb Wochen genauso lang wie eine normale Vorbereitung“, sagt Stralkowski. Auch Testspiele sind geplant.
So sucht jeder Verein nach einem Weg, das Verletzungsrisiko zu minimieren, um nach der langen Pause nicht kalt erwischt zu werden und fit in die Saison 2020/21 starten zu können. Denn ein Neustart mit Nebenwirkungen ist das, was sich Breiten- und Leistungssportler am wenigsten wünschen.