Bochum. Nach dem tätlichen Angriff auf einen Schiedsrichter in der Kreisliga B 2 in Stiepel schlagen die Emotionen hoch. Wohltuend sachlich bleibt Schiedsrichter-Chef Theo Mennecke - und plädiert für mehr Prävention.
Ihm ginge es schon besser. Bis auf ein paar Prellungen vom Aufprall habe er nichts davongetragen. „Trotzdem kommt es definitiv auch zu einer zivilrechtlichen Strafverfolgung.“
Wenn Theo Mennecke, der Schiedsrichter-Vorsitzende des Fußballkreises Bochum, zum tätlichen Angriff auf einen Schiedsrichter am Sonntag Stellung nimmt, bleibt er sachlich. Nach dem Abpfiff der Kreisliga-B-Partie zwischen BW Weitmar 09 II und FC Azadi (2:1) war es, wie berichtet, zum Eklat gekommen: Der 31-Jährige zeigte einem Spieler des FC Azadi getreu dem Regelwerk die Rote Karte, nachdem dieser ihn als „Hurensohn“ beleidigt haben soll. Platzverweis nach Spielende - offenbar zu viel für den 28 Jahre alten Spieler, der den Schiedsrichter tätlich angriff, zu Boden schickte, bespuckte. Die - für manche Beobachter in zu großer Stärke angerückte - Polizei, die den Täter stellte, erstattete Anzeige wegen einfacher Körperverletzung und Beleidigung.
Gewalt in der Kreisliga - ein Einzelfall? „Es gab fünf bis sechs Spielabbrüche in dieser Saison im Kreis Bochum“, sagt Mennecke, wobei meist Tumulte unter den Spielern die Ursache seien. Und: Erstmals in dieser Saison sei eine Person ernsthaft verletzt worden. Eine Parallele zur Entwicklung im Kreis Duisburg/Mülheim sieht er nicht. Hier war es in den vergangenen Wochen oft zu Spielabbrüchen gekommen, insgesamt zehn an zehn Spieltagen. Die Schiedsrichter einigten sich auf einen Boykott der „Randale“-Mannschaften, zogen diesen letztlich aber zurück und wollen nun andere Mittel ergreifen. Zwangsabstiege und Punktabzüge stehen zur Debatte.
Sicherheitsstandards "neu bedacht"
Im Kreis Bochum sei man trotz des jüngsten Vorfalls von diesen Gedankenspielen weit entfernt, sagt Mennecke. Nachdem im Januar 2009 der Schiedsrichter Boris Konrad bei den Hallenstadtmeisterschaften tätlich angegangen und die Endrunde daraufhin boykottiert worden war, habe man die Sicherheitsstandards „neu bedacht“, so Mennecke, und die nötigen Konsequenzen gezogen.
Es wurden Platzordner bestimmt, Coachingzonen gekennzeichnet und Workshops zur Gewaltprävention abgehalten - allerdings (bisher) nur für die Vereine der Kreisligen A. Ralf Dux erhielt den neu geschaffenen Posten des (Anti-)„Gewaltmanagers“ und zeigt sich regelmäßig auf den „Krisenherden“.
Das System scheint zumindest zarte Früchte zu tragen: Die Zahl der Verfahren in der Spruchkammer sei in den letzten Jahren „zwar nicht deutlich, aber leicht zurückgegangen“, sagt der stellvertretende Kreisvorsitzende Bernhard Böning. „Ich bin froh über die hohen Sicherheitsstandards in unserem Kreis. Dass einer ausrastet, kann man nie ganz ausschließen“, sagt der Kreisvorsitzende Ulrich Jeromin.
Monatelange Sperre droht
Eine von Theo Mennecke geforderte stärkere Sanktionierung der Übeltäter von Vereinsseite wurde vom FC Azadi bereits umgesetzt: „Wir wollen diesen Spieler nicht weiter dabei haben“, äußerte sich Farhad Banihashemi, Vorsitzender des FC Azadi, gegenüber „reviersport“ - unabhängig davon, dass der Täter vom Verband ohnehin vermutlich monatelang gesperrrt wird.
„Es ist zwar eine massive Forderung, die Spieler vom Vereinsbetrieb auszuschließen, auf der anderen Seite aber nur im Sinne des Sports“, fand Mennecke lobende Worte für die Sportliche Leitung des „Multi-Kulti“-Klubs FC Azadi aus der Hustadt, bei dem nach eigener Aussage überwiegend Studenten aus zehn verschiedenen Nationen spielen.
Mennecke rät dringend davor ab, „den Kübel Müll pauschal vor den ausländischen Klubs auszuschütten“, wie es dann häufig der Fall sei. Eklats wie am Wochenende würden fast genauso häufig mit Beteiligung deutscher Mannschaften passieren, versichert auch Bernhard Böning. „Wichtig ist es, den Hebel weiter anzusetzen, auf allen Ebenen nicht locker zu lassen“, so Böning. Das Durchführen von Workshops in der Gewaltprävention in den unteren Ligen etwa wäre eine sinnvolle Option.
Letztlich ist klar: Taten wie am Sonntag sind alles andere als motivierend für die Zunft. Und die Zahl der Schiedsrichter ist, wie berichtet, bereits auf knapp 300 im Kreis gesunken, so dass im Zweifel nicht mehr alle C-Liga-Spiele besetzt werden können. Mennecke sagt: „Wer mutig handelt im Sinne der Statuten und damit des Sports, hat es nicht verdient, einen auf die Mappe zu bekommen.“
Idee zur Deeskalation: Kein Platzverweis nach Spielende
Theo Mennecke hält das Verteilen von Roten Karten nach Spielende für eine in der Kreisliga „nicht praktikable Situation“. In der Bundesliga möge das klappen, so Mennecke, doch sollte diese Regel zum Schutz der Schiedsrichter für den Fußball auf Kreisebene überdacht werden. Die Rote Karte habe „Signalcharakter“ für den Spieler und würde die Situation „nicht entschärfen“.
Mennecke schlägt vor, Täter und Vergehen auf dem Spielbericht zu vermerken und dann nach den selben Maßstäben wie einen „Rotsünder“ zu bestrafen - ohne zuvor die Karte zu zeigen, um einer möglichen Eskalation vorzubeugen. Auch Bernhard Böning teilt diese Idee, gibt aber zu bedenken, dass es sich um „Satzungen der FIFA“ handle, die „wir nicht einfach so ändern können“.