Bochum. In Abstiegsnot begann das Jahr, mit Aufstiegshoffnung endet es. Bochums Trainer Reis bilanziert und blickt auf den Pokalhit. Soares angeschlagen.

Mit breiter Brust reist der VfL Bochum nach dem 3:0-Heimsieg gegen Heidenheim am Mittwoch (20.30 Uhr) zum Pokalspiel nach Mainz. „Natürlich sind wir Außenseiter“, sagte Trainer Thomas Reis am Samstag im Gespräch mit dieser Redaktion. „Aber wir hoffen, dass die Partie nach 90 Minuten zu unseren Gunsten entschieden sein wird.“

Für die 2. Liga konnte der Coach bereits Bilanz ziehen für die laufende Saison bis zur Mini-Weihnachtspause, für dieses Jahr. Und sie fällt überaus positiv aus: Der VfL ist nach dem 13. und letzten Spieltag in diesem Kalenderjahr vorerst Tabellenzweiter und mindestens Tabellenvierter. Fürth (am Samstag in Braunschweig) und der Hamburger SV (am Montag in Karlsruhe) können noch vorbeiziehen.

49 Punkte: VfL Bochum stellt wohl das beste Zweitliga-Team in diesem Jahr

Und: Saisonübergreifend stellt der VfL voraussichtlich das beste Zweitliga-Team 2020. Auch wenn die Auf- und Absteiger dabei aus der Wertung fallen, sagt das schon viel aus. Reis meint: „Ich denke, dass wir in der Meisterschaft fußballerisch und von der Zahl der Punkte her eine gute Entwicklung genommen haben.“

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Beides trifft zu. In Zahlen: 49 Punkte holte der VfL in 29 Partien, Tordifferenz: 45:31 (+14). Der SV Darmstadt 98 kam vor der Partie gegen Würzburg auf 46 Punkte und 51:41 Tore (+10), der Hamburger SV vor dem Spiel beim KSC auf 46 Punkte und 51:43 Tore (+8).

Vertragsverlängerung mit Thomas Reis: Das sagt Präsident Hans-Peter Villis

Zahlen, die auch für eine Vertragsverlängerung mit Thomas Reis sprechen, die eigentlich nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Hans-Peter Villis, Bochums Vorstandsvorsitzender, erklärte vor dem Anpfiff bei Sky, dass die Gespräche Anfang kommenden Jahres beginnen sollen. Priorität Nummer eins hätten derzeit die vielen Spiele. Aber er sei sich sicher, „dass wir letztlich eine positive Lösung finden“. Alles andere wäre auch ein seltsames, nicht nachvollziehbares Signal.

Spielerisch hat der VfL Bochum eine gute Entwicklung genommen

Denn auch spielerisch hat der VfL vor allem nach dem Re-Start eher zwei als einen Schritt nach vorne gemacht. Zunächst hat er sich defensiv stabilisiert, zu mehr Kompaktheit gefunden und sich zugleich offensiv effektiver gezeigt. In der neuen Saison überzeugte Bochum vor allem seit der letzten Länderspielpause. Sechs Mal in Folge hat Reis nun auf das gleiche Offensivquartett mit Simon Zoller, Robert Zulj, den beiden Sieben-Tore-Männern, sowie Gerrit Holtmann und Danny Blum gesetzt.

Die beeindruckende Bilanz der letzten drei Heimspiele hauchte Stadionsprecher Ansgar Borgmann am Freitagabend noch einmal durchs leider leere Ruhrstadion: 5:0 (gegen Düsseldorf), 3:0 (gegen Paderborn) und nun 3:0 (gegen Heidenheim). Neun Punkte, 11:0 Tore in Serie. Wären Fans im Stadion gewesen, sie wären ausgeflippt.

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Gamboa und Zoller sind (auch) virtuell zwei Publikumslieblinge

Sie würden vor allem wohl zwei Spieler ohne Ende feiern : Cristian Gamboa, diesen sympathischen Kämpfer vor dem Herrn, und Simon Zoller, für den das Gleiche gilt und der sich mittlerweile auch mit Treffern und Torvorlagen belohnt. So dürfen die Anhänger nur in sozialen Netzwerken „ausrasten“. Einer schrieb, dass er hoffe, dass die Beule im Pfosten wieder repariert werden könne. Zoller war ja mit letztem Einsatz in den Ball geflogen, hatte ihn über die Linie gehechtet und war vor den Pfosten geknallt. Nach kurzer Behandlung spielte er weiter und war nach der Partie bestens gelaunt. „Es war nichts Wildes“, sagte er bei „Sky“ und scherzte: „Ich wollte gucken, dass ich drei Tage freibekomme vor dem Pokal-Spiel.“

Im Pokal in Mainz: Tesche kehrt in die sonst wohl unveränderte Startelf zurück

In diesem wird er wieder von Anfang an gefordert sein, ebenso wie Robert Tesche. Der Routinier wird in die Startelf für den noch zu nervösen, zu fehlerhaften, aber ja auch noch jungen Erhan Masovic (22) zurückkehren in einer ansonsten unveränderten Formation, sofern nichts dazwischen kommt. Auch mit Danilo Soares rechnet Trainer Reis: Der Linksverteidiger musste am Freitag mit einer Prellung angeschlagen das Feld verlassen, soll aber am Montag wieder mit der Mannschaft trainieren.

Moritz Römling feiert seinen ersten Einsatz unter Trainer Reis

Für ihn kam Moritz Römling, und seine Einwechslung zeigte eine weitere gute Entwicklung, die der VfL genommen hat: Der 19-Jährige bildete mit Armel Bella-Kotchap (19), dem nach seinem rabenschwarzen Hannover-Tag wieder ganz starken Maxim Leitsch (22) sowie „Papa“ Gamboa (31) eine größtenteils sehr junge Viererkette, immerhin rund 15 Minuten lang gegen einen in der zweiten Halbzeit erstarkten Gegner, den Vorjahresdritten, der zuvor sechs Mal in Folge nicht verloren hatte.

„Das ist natürlich ein überragendes Gefühl, mal wieder reingekommen zu sein“, sagte Römling. Erstmals war der 19-Jährige überhaupt im Kader in dieser Saison, erstmals überhaupt kam er in den rund 16 Monaten unter Trainer Reis dann auch gleich zu einem Einsatz. Und der Coach, der ihm durchaus noch eine Menge zutraut in Zukunft, auch wenn er aktuell an einen Danilo Soares noch bei weitem nicht heranreichen kann, war zufrieden: „Er hat das ordentlich gemacht.“ Sollte Soares, der bei vier Gelben Karten steht, mal ausfallen, dürfte das Talent sogar von Beginn an eine Chance erhalten. Dann müsste Reis Maxim Leitsch nicht aus dem Zentrum abziehen.

In Mainz darf sich der VfL Bochum nicht so viele Fehler leisten

Thomas Reis, Trainer des VfL Bochum, mit seinem Spielgestalter Robert Zulj bei der Partie gegen Heidenheim.
Thomas Reis, Trainer des VfL Bochum, mit seinem Spielgestalter Robert Zulj bei der Partie gegen Heidenheim. © WAZ FotoPool | Udo Kreikenbohm

Im Pokalspiel am Mittwoch (20.30 Uhr) aber wird, sofern gesund, natürlich Soares beginnen. Klar ist: Die Unkonzentriertheiten, die Fehler, die sich der VfL bei dem verdienten, aber zu hoch ausgefallenen Sieg gegen Heidenheim gönnte, dürfen Bochum beim Bundesligisten nicht so oft passieren. „Mainz hat die Qualität, die Fehler, die von Heidenheim nicht ausgenutzt wurden, zu bestrafen“, mahnt Reis.

Er war stolz auf die „sehr gute Reaktion“ seiner Mannschaft nach dem Hannover-Spiel, sah einen verdienten Erfolg, vergaß aber auch nicht das „nötige Quäntchen Glück“ nach der Pause (zweimal Latte) zu erwähnen. In Mainz kann Bochum also für ein i-Tüpfelchen eines gelungenen Jahres sorgen, das in der 2. Liga mit purer Abstiegsangst begann und mit großen Aufstiegshoffnungen endet. Reis sagt: „Wir werden versuchen, uns ein schönes Weihnachtsgeschenk zu machen. Dafür müssen wir 90 Minuten hellwach und konzentriert sein.“

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