Gladbeck / Ruhrgebiet. Gladbecks Corona-Inzidenz über 90, reihenweise Absagen. Viele Städte sind Risikogebiet – ein Kreis hat den Spiel- und Trainingsbetrieb gestoppt.
Die Handball-Mannschaften aus Gladbeck waren am Wochenende geschlossen nicht am Ball: Der VfL Gladbeck fuhr nicht zum Oberliga-Auswärtsspiel nach Harsewinkel, der TV Gladbeck einigte sich mit Gegner Hüls auf eine Verlegung, ebenso der VfL Gladbeck II mit Rauxel-Schwerin. Auch die Landesliga-Frauen des VfL pausierten, weil Gegner Soester TV nicht ins Risikogebiet Gladbeck reisen wollte.
- Keine Quarantäne, aber kein Risiko: Der VfL Gladbeck fährt nicht nach Harsewinkel
- Die aktuelle Corona-Lage: Der Status als Risikogebiet wirft viele Fragen auf
Womöglich nur ein Vorgeschmack auf die kommenden Wochen? Der Sportbetrieb steht wieder auf der Kippe. Die Frage: Wie kann – oder besser, wie darf – ein Spielbetrieb mitten in einer Pandemie aussehen?
Update: Am 16. Oktober gab der HK Industrie bekannt, eine erneute Aussetzung des Spielbetriebs zu prüfen (alle Infos lesen Sie hier).
Mit dem Kreis Unna hat die erste Kommune in der Region wieder ein Kontaktsport-Verbot verhängt, der 7-Tage-Inzidenzwert war in der vergangenen Woche stark gestiegen, betrug am Sonntag 53,2. Vergleichszahlen: Herne – 86,3. Essen – 57,3. Kreis Recklinghausen – 56,8. Die Stadt Gladbeck gab den Wert zuletzt mit 91 an, für Maßnahmen relevant ist allerdings die Zahl für den gesamten Kreis.
Corona: Die Vereine tragen viel Verantwortung
Der Sport-Lockdown in Unna führte zu kuriosen Situationen: Das Handball-Verbandsliga-Spiel HVE Villigst gegen Teutonia Riemke zum Beispiel fand am Samstagabend noch vor Zuschauern statt. Wäre es für Sonntag angesetzt gewesen, hätte es abgesagt werden müssen – die entsprechende Verfügung trat nämlich erst in der Nacht zu Sonntag in Kraft.
Gleichzeitig wurde Fußballmannschaften aus dem Kreis Unna, die am Sonntag keine Heimspiele bestreiten dürfen, vom Verband aus ein Heimrechttausch angeboten – zu Auswärtsspielen in Iserlohn oder Dortmund zu fahren sei ja erlaubt. Auffällig ist, wie viel Verantwortung auf den Vereinen liegt.
Der VfL Gladbeck hatte vorsorglich das Training der ersten Mannschaft eingestellt, nachdem ein Spieler des letzten Gegners positiv getestet wurde und auch Symptome zeigte. Trotz des direkten Kontakts auf dem Feld gab es aber keine Quarantäne-Anordnung oder ähnliches, geschweige denn Tests.
Positiver Test beim VfL Gladbeck II wird Freitagabend bekannt
Die zweite Mannschaft des VfL erhielt am Freitagabend die Nachricht, dass ein Spieler positiv getestet wurde.
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Der Spieler hatte wegen Erkältungssymptomen zuletzt mit dem Training ausgesetzt, trotzdem: „Ein Restrisiko bleibt, wir wissen nicht, wann der Spieler womöglich schon ansteckend war“, sagt Trainer Martin Blißenbach. Nach Rücksprache mit Gegner und Staffelleiter wurde das Spiel verschoben – der positive Test allein ist laut den Durchführungsbestimmungen des Verbands noch kein Grund dafür. „Wir gehen aber auch ohne Anordnung mit Vernunft vorweg“, sagt Blißenbach.
Gladbeck ist Risikogebiet – Gäste wollen nicht anreisen
Bei der Frauenmannschaft des VfL bat Gegner Soester TV um eine Verlegung mit Blick auf die Lage in Gladbeck. „Wir haben natürlich zugestimmt“, sagt VfL-Abteilungsleiter Tim Deffte und findet: „Der Handball zeigt viel Vernunft.“
Beim TV Gladbeck gab es auch kein konkretes Risiko – die Absage war eine Vorsichtsmaßnahme. „Der Trainer aus Hüls hatte genauso Bedenken wie unser Trainer“, erklärt Abteilungsleiter Patrick Schmidt, „gemeinsam haben sie entschieden, das Spiel lieber zu verlegen. Es wäre in dieser Situation nicht verantwortungsvoll, zu spielen.“
Spielabsage ohne konkretes Risiko – aber aus allgemeiner Vorsicht
Viele Leute seien in Quarantäne, könnten nicht zur Arbeit: „Wir wollen nicht, dass ein Spieler Ärger im Job bekommt, weil er wegen des Handballs in Quarantäne ist. Die Konsequenz wäre dann womöglich am Ende, dass Arbeitgeber ihren Angestellten sagen, dass sie nicht mehr Handball spielen sollen.“
Ein grundsätzlicher Stopp des Spielbetriebs steht aber im Kreis Recklinghausen nicht bevor. Im Moment seien nur sehr wenige Fälle auf den Sport zurückzuführen. In der Vorschlagsliste zu konkreten Maßnahmen steht deshalb auch nichts zur Einstellung des Spielbetriebs – wohl aber der dringende Appell, besonders im Bereich der Umkleiden auf die Einhaltung der Hygieneregeln zu achten.
Ansteckungsrisiko ist auf dem Feld nicht so groß wie in den Kabinen
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Svenja Küchmeister von der Kreispressestelle Recklinghausen erklärt: „Wir gehen aktuell davon aus, dass nicht so sehr das Spielfeld entscheidend ist, sondern vor allem die Situation zum Beispiel in den Umkleiden, die meist eng und schwer zu lüften sind.“ Wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden, würde das auch eine Maskenpflicht auf Sportanlagen für alle Zuschauerinnen und Zuschauer bedeuten. Eine Entscheidung dazu fällt am Anfang der Woche.
Darauf können sich Vereine also einstellen, unbedingt sollten sie die im Laufe der Zeit an vielen Orten etwas in Vergessenheit geratenen Hygienekonzepte wieder stärker beachten – die Entscheidung im Kreis Unna wird auch damit begründet, dass das Coronavirus gerade in Fußballmannschaften stark übertragen wird.
Es stellt sich die Frage, wie sinnvoll räumlich beschränkte Maßnahmen sind
Auch für die Stadt Herne, ebenfalls eine Kommune mit sehr hoher Fallzahl, ist ein Sportverbot vorerst kein Thema – allerdings wurde die maximale Zuschauerzahl bei Sportveranstaltungen auf 200 begrenzt (was in Gladbeck aktuell freilich keine Auswirkungen haben würde).
Grundsätzlich stellt sich ja auch gerade im Ruhrgebiet die Frage, inwiefern auf einzelne Städte und Kreise beschränkte Maßnahmen zielführend sind – es geht ja um die Kontaktzahl der Personen und nicht um Orte. Fußballer und Handballer spielen selbstverständlich auch für Vereine aus anderen Städten und Kreisen. Möglicherweise gibt es Maßnahmen mit mehr Augenmaß als einen grundsätzlichen Spielstopp zu verhängen.
Es wird überall (außer im Kreis Unna) damit vorerst bei Einzel-Entscheidungen auf Initiative der Vereine bleiben, zusätzlich natürlich zu Spielabsagen bei konkreten Corona-(Verdachts-)Fällen, aus diesem Grund wurden zum Beispiel die Fußballspiele des SV Zweckel und FSM Gladbeck abgesagt.
Die Herbstferien erleichtern die Lage vor allem für die Handballer
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Ein für den Sportbetrieb etwas glücklicher Zufall ist, dass die aktuelle Verschärfung der Situation mit dem Beginn der Herbstferien zusammenfällt. Der SV Zweckel zum Beispiel hat den Jugend-Trainingsbetrieb in dieser Zeit komplett eingestellt, Spiele finden ja sowieso nicht statt. Auch Handballspiele sind in dieser Zeit nicht angesetzt –das spielte auch für den TV Gladbeck eine Rolle.
„Wir haben jetzt eh vier Wochen Pause und damit genug Zeit, erst die weitere Entwicklung der Lage zu beobachten – und dann das Spiel nachzuholen“, erklärt Patrick Schmidt. Das nächste Spiel des TV ist erst an Allerheiligen in Scherlebeck angesetzt. „So richtig los geht die Saison erst in vier Wochen“, sagt Schmidt. „Wenn überhaupt.“
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