Gladbeck. Über sechs Monate war VfL Gladbecks Björn Sankalla raus. Nun verrät er, wie schwer die Zeit war und wie im Team das Angel-Fieber ausgebrochen ist.

Nein, bei 100 Prozent ist Björn Sankalla (27) noch nicht wieder. Den Saisonstart mit dem VfL Gladbeck hat sich der Handballer in der Oberliga aber nicht nehmen lassen. Im Interview spricht er über die Verletzung, verrät Alltags-Tipps und spricht über die Dinge, die das Team noch besser machen muss.

Björn Sankalla, beim Start der Handball-Oberliga am vergangenen Wochenende, absolvierten Sie ihr erstes Spiel nach über sechsmonatiger Verletzungspause. Wie kam es überhaupt zu der langwierigen Blessur?

Ich hatte seit Mitte Februar wegen einer Schulterverletzung ausgesetzt. In der Zeit, in der ich den praktischen Teil meiner Ausbildung beim VfL Gladbeck absolvierte, konnte ich mich ausreichend bewegen. Seitdem ich aber einen neuen Job habe und mehr am Schreibtisch sitze, bekam ich immer mehr Probleme, wodurch ich mir eine Sehne in der Schulter gereizt habe. Das Problem beim Handball ist, dass die Muskulatur über der Schulter relativ stark ist. Und wenn man den Arm ständig über dem Kopf hat, kommt so eine Reizung zustande. Wobei die sicher nicht von heute auf morgen kommt, sondern über drei, vier, fünf Monate. Irgendwann war es dann sehr akut.

Am Anfang stand sogar eine Operation im Raum.

Ja, ich habe mir zwei Meinungen eingeholt. Aber eine OP an der Schulter ist schwer, da man circa 40 Prozent der Kraft verlieren und acht bis zwölf Monate ausfallen würde. Die OP war für mich deshalb die letzte Option, auch weil ich die Schmerzen nicht im Alltag, sondern nur beim Werfen habe.

Dennoch waren Sie lange raus. Wie schwer waren die vergangenen Monate und wie haben Sie es geschafft, pünktlich zum Start der Liga fit zu sein?

Beim Vorbereitungsstart im Juli konnte ich ans Werfen noch gar nicht denken. Da war auch der Gedanke, ob der Körper quasi durch ist nach 20 Jahren Sport. Aber die Ärzte sagten, es sei nicht so dramatisch und in der Vorbereitung habe ich dann intensives Krafttraining gemacht. Da hat man von Woche zu Woche eine Entwicklung gesehen und das hat mich auch bei der Stange gehalten, wenn ich eigentlich keine Lust auf Fitness- und Krafttraining hatte. Ich hatte immer das Ziel vor Augen, Anfang Oktober wieder im Ligabetrieb dabei zu sein.

Neben Ihnen ist auch Resid Derivesic nach seinem Kreuzbandriss zurück. Das Team füllt sich zum genau richtigen Zeitpunkt.

Genau, wobei man dazu sagen muss, dass wir auch noch drei Verletzte haben. Aber wir haben einen breiten Kader, sodass sich jeder auch die Zeit nehmen kann, sich zu erholen. Denn bei einer Langzeitverletzung ist auch immer viel Kopfsache dabei. Selbst bei Max Krönung, der sich vor drei Jahren das Kreuzband gerissen hat, sieht man noch, an welchem Bein das war. Sowas bleibt hängen.

Quer in der Luft liegt VfL Gladbecks Björn Sankalla am liebsten. Denn dann klingelt es meistens im Kasten der Gegner.
Quer in der Luft liegt VfL Gladbecks Björn Sankalla am liebsten. Denn dann klingelt es meistens im Kasten der Gegner. © WAZ | Andreas Hofmann

Sind Sie denn nun zu 100 Prozent fit?

Nein, eine volle Trainingseinheit schaffe ich noch nicht schmerzfrei. Aber dafür mache ich auch Dinge im Alltag. Zum Beispiel versuche ich mich nicht auf den Tisch zu stützen oder vermeide, den Arm beim Autofahren auf der Mittellehne abzulegen.

Nach dem Spiel gegen Eintracht Hagen II lobte Sie Trainer Sven Deffte, sagte aber auch, dass es noch etwas mehr Treffer sein könnten. Stimmen Sie da zu?

Auf jeden Fall. Handball ist ein Routinesport. Manche Übungen, manche Wackler müssen 100 Mal gemacht werden. Wenn da etwas die Routine fehlt, merkt man das am Wochenende schon. Und ich wurde in der Vorbereitung einerseits noch etwas geschont und habe mich andererseits auch selbst ab und an zurückgehalten. Da fehlt auf jeden Fall noch das Zielwasser oder die Abgezocktheit.

Die fehlte gegen Hagen auch am Ende der Partie, als es unnötigerweise noch einmal richtig knapp wurde.

Man darf nicht vergessen, dass wir eine sehr junge Mannschaft haben. Max Krönung war mit Jahrgang 1990 der älteste Spieler bei uns. Alle anderen waren im Schnitt unter 24. Da hat sich das junge Alter in den letzten Minuten gezeigt. Wir möchten natürlich oben angreifen, denken aber von Spiel zu Spiel und wollen Konstanz reinbringen.

VfL Gladbeck wählte Björn Sankalla zum Sportler des Jahres

Konstanz haben auch Sie in ihre Karriere gebracht und sind nun schon lange beim VfL. 2018 wurden Sie zum Sportler des Jahres im Klub gewählt. Zudem haben Sie ihre Ausbildung hier absolviert. Ist der Klub mehr als nur ein Verein für Sie?

Definitiv. Als ich in der Jugend bei der HSG Vest-Recklinghausen gespielt habe, habe ich mitbekommen, das ein Spieler des VfL Gladbeck seine Karriere beendet hatte und da habe ich mich einfach mal vorgestellt. Der VfL war nicht abgeneigt und so konnte ich mich als 18-Jähriger schon bei den Senioren behaupten. Damals hat Tim Deffte noch im Tor gespielt und Sven Deffte in der Abwehr. Und mit der Zeit ist immer mehr dazugekommen. Wir sind wirklich eine Gemeinschaft und gehen nicht nur zum Handball spielen zum Training, sondern weil die Mitspieler Kumpel sind und man da gerne seine Zeit verbringt. Es sind wirklich Freunde geworden.

Neben dem Handball scheint die Mannschaft noch ein weiteres Hobby zu teilen.

(lacht). Ja, Max Krönung, Florian Bach und Dustin Dalian hatten im Februar, als es mit Corona losging, viel Zeit und haben einen Angelschein gemacht. Das waren sechs Termine, immer Sonntagabends. Da muss man etwas Fischkunde lernen und so weiter. So konnten sie im Sommer draußen sitzen, etwas mit Freunden machen und trotzdem den Abstand einhalten. Dadurch ist dieser positive Angelvirus ins Team gekommen, sodass auch Felix Brockmann, Fynn Blißenbach und einige Weitere nun dabei sind, einen Angelschein zu machen. Daran sieht man, dass wir Freunde sind, die auch in der Freizeit etwas zusammen machen. Ich meine, Gladbeck ist ja auch schon ein Dorf. Da kennt jeder jeden, da ist der Zusammenhalt auch noch anders.

Das klingt ja schon fast romantisch. Wo kann das noch hinführen?

Bei mir persönlich führt das auf jeden Fall dazu, dass ich am liebsten noch Handball spielen möchte, bis ich 40 bin. Ich kann mir ein Leben ohne Handball nicht vorstellen. Auch in dem Vereinsleben gehe ich voll auf. Wenn ich das nicht habe, fehlt mir etwas. Das habe ich in der Coronaphase und während der Verletzung auch gemerkt. Ich brauche die Geselligkeit, ein Einzelsport wie Schwimmen oder Leichtathletik wäre nichts für mich. So lange ich aufrecht gehen kann, mache ich weiter. Und wenn ich nicht mehr werfen kann, dann wechsel ich halt in die Abwehr.

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